Duvnjak führt Kroatien ins Finale

Nach 80 Spielminuten, in denen er fast durchgehend auf dem Feld wirbelte, den Angriff dirigierte, acht Tore warf und in der Abwehr die entscheidenden Bälle klaute, bekreuzigte sich Domagoj Duvnjak, dann setzten die Beine des THW-Rückraumspielers neue Energie frei und er sprang wie elektrisiert mit seinen Teamkollegen über das Feld. Ursprünglich sollte die Tele2-Arena die Festung werden, die der schwedischen Handball-Nationalmannschaft eine Neuauflage ihres letzten EM-Märchens aus dem Jahr 2002 ermöglicht. Gestern jedoch war das zur Handballhalle umfunktionierte Fußballstadion fest in kroatischer Hand. Und auch wenn die Lieder, Pfiffe und Rufe der Kroaten wie eine seltsame Geräusch-Masse unters Hallendach waberten und sich dort verflüchtigten – ab der 60. Minute der stets engen Partie (höchste Führung 15:12/36. für Kroatien) verdiente auch die ungewohnte Handball-Kulisse die Bezeichnung „Hexenkessel“. Duvnjak versus Sagosen: Denn was auf dem Feld zwischen den beiden Titelanwärtern passierte, hatte die Handball-Welt noch nicht gesehen. Sander Sagosen, der norwegische Superstar, im direkten Duell mit seinem zukünftigen Kieler Vereinskollegen Duvnjak. Ein Youngster mit Riesenzukunft gegen den Regisseur, der sich bei diesem Turnier vielleicht in der besten Form seines Lebens präsentiert. Egal ob in der berüchtigten 5:1-Abwehr mit Duvnjak an der Spitze oder der 6:0-Formation, die kroatische Deckung stand phasenweise wie eine Mauer. Eine, die verhinderte, dass Norwegen sein temporeiches Gegenstoß-Spiel aufziehen konnte. Nicht ein Konter-Treffer gelang der Mannschaft von Trainer Christian Berge in den ersten 30 Minuten. Umso mehr Last ruhte auf den Schultern von Sagosen. Und er hielt dem Druck stand, war mit 10/3 Treffern bester Schütze der Partie. Sego wird zum Helden: Doch was Sagosen, Duvnjak und ihre Nebenleute in einer nicht immer hochklassigen, dafür aber stets spannenden Begegnung, aufs Feld zauberten – alles verdichtete sich in den letzten Minuten: Magnus Jøndal, der die Norweger in die Verlängerung warf. Duvnjak, der per Siebenmeter die zweite Verlängerung erzwang. Marin Sego und Matej Asanin im kroatischen und Torbjørn Bergerud im norwegischen Tor, die alle Paraden verbuchten, die das Potenzial hatten, spielentscheidend zu sein. Am Ende war es Sego, der einen Wurf von Gøran Johannessen hielt und den Ball nach vorne und irgendwie zu Zeljko Musa am Kreis beförderte. Eine Drehung, ein Treffer – Kroatien im Jubelrausch. Medaille für Trainer Cervar: „Unglaublich, mehr Worte fallen mit nicht ein“, grinste Kreisläufer Ilija Brozovic, und Igor Vori, Teammanager der Kroaten, überschlug sich angesichts von Duvnjaks Leistung. „Animal!“, war der erste Ausdruck, der ihm einfiel. „Ich habe keine Ahnung, was der Junge in seinem Kopf hat, so ein Spiel abzuliefern.“ Und Duvnjak selbst? Dachte an andere, nämlich Trainer Lino Cervar (69). „Es ist seine letzte EM. Wir wollten ihm eine Medaille schenken.“ Dieses Ziel ist nun erreicht. Gegner im Finale am Sonntag (16.30 Uhr) ist Spanien, das sich im zweiten Halbfinale mit 34:32 (20:15) gegen Slowenien durchsetzte. Mehr zur Handball-EM lesen Sie hier.

Handball-EM - Duvnjak führt Kroatien ins Finale