Stimmung und Abstimmung auf gutem Weg

Vor dem zweiten Nachbarschafts-Duell zwischen der deutschen und der österreichischen Handball-Nationalmannschaft, das gleichzeitig Generalprobe für die WM in Ägypten (13.-31. Januar) ist, ist das neu zusammengesetzte DHB-Team offenbar auch abseits des Feldes auf bestem Wege, sich zu finden. Davon ist zumindest Julius Kühn überzeugt. Der 27-Jährige Rückraum-Shooter, beim Sieg in Graz ein Aktivposten im überraschend souveränen Angriff des DHB-Teams, berichtete am Donnerstag nach der Ankunft am deutschen Vorbereitungsort in Neuss von einem geselligen Abend nach Teil eins der WM-Generalprobe in Österreich: „Wir sind nach dem Essen noch ein bisschen länger zusammen sitzengeblieben und haben das Länderspieldebüt von Sebastian Firnhaber ein bisschen gefeiert.“ Der Kreisläufer vom HC Erlangen ist einer der Spieler, die Bundestrainer Alfred Gislason nach zahlreichen verletzungs- oder privat bedingten Absagen von Stammkräften in den Kader berief. „Alle verstehen sich untereinander sehr gut. Egal auf welchem Platz man beim Essen sitzt – man findet immer einen guten Gesprächspartner. Und noch haben wir uns auch immer etwas zu erzählen“, so Kühn lachend. Abwehr bleibt größte Sorge: Weil unter anderem der etatmäßige Innenblock mit den THW-Kiel-Profis Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek absagte, liegt die größte Abwehr-Last nun auf den Schultern des Flensburgers Johannes Golla – und eben denen von Ex-Zebra Firnhaber, der in seiner Kieler Zeit (2016-2018) als „Azubi“ von Gislason beim THW auch von Pekeler und Wiencek lernte. Die Abwehr bleibt allerdings das Sorgenkind vor dem WM-Start. Kühn, dem auf der Halbposition gegen Österreich nicht immer die richtige Abstimmung mit dem Mittelblock gelang, nennt diesen Mannschaftsteil „unser ehemaliges Prunkstück“. Dennoch ist er optimistisch, dass die nötige Steigerung rechtzeitig zum Turnierstart machbar ist. „Das war unser erstes Spiel. Dafür sah das schon ganz gut aus“, befand er und erklärte: „Die Laufwege stimmen, die Abstimmung ist auch da. Letztendlich fehlte immer mal wieder ein letzter Schritt, man greift vorbei, anstatt den Ball abzufangen. Wenn wir noch ein bisschen cleverer spielen, kann das funktionieren.“ Wie wichtig die Abwehr für den WM-Verlauf wird, unterstrich der Profi von der MT Melsungen: „Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Meisterschaften – daran sollten wir uns halten. Die Abwehr kann zur Not auch mal eine schwache Angriffsleistung kompensieren.“ Österreich kein Top-Gradmesser: Bis Sonntag hat Bundestrainer Alfred Gislason nun Zeit, seine Erkenntnisse aus der ersten der beiden Österreich-Partien zu Trainings-Impulsen umzumünzen. DHB-Sportvorstand Axel Kromer zeigte sich gestern „froh, dass wir die Möglichkeit hatten, fast alle Spieler einzusetzen und so die Spielpraxis und Belastung gleichmäßig zu verteilen“. Zu große Euphorie angesichts des deutlichen Sieges wollte er aber nicht aufkommen lassen. „Die Jungs wissen schon, dass sie noch viele Fortschritte machen können. Auch, weil Österreich sicherlich nicht in allen Phasen des Spiels sein Leistungsvermögen abgerufen hat.“ Auch Kühn sagt: „Es war eine erste Standortbestimmung. Mehr aber auch nicht.“ Sonntag geht's um das EM-Ticket und die gute Stimmung: Die nächste folgt am Sonntag. Gewinnt die DHB-Auswahl in Köln (18.10 Uhr, live in der ARD) erneut gegen Österreich, ist die Qualifikation für die EM 2022 damit vorzeitig gesichert. Kühn und Co. sehen das Spiel aber vielmehr als WM-Generalprobe, die sich auch im Teamgeist niederschlagen soll. „Wir wollen jetzt als Team zusammenwachsen und eine geile Stimmung erzeugen“, sagt Kühn. In Graz habe das schon gut geklappt. „Da war ich schon beim Aufwärmen sehr motiviert. Alle haben immer versucht, sich gegenseitig abzuklatschen und zu pushen. Das Wir-Gefühl könnte uns am Ende auszeichnen.“

Handballer vor WM-Generalprobe - Stimmung und Abstimmung auf gutem Weg