Virtueller Draft und Co.: Corona hat auch die NFL fest im Griff

Tausende Menschen pilgern normalerweise dorthin, wo NFL-Cheffunktionär Roger Goodell verkündet, welche Teams im Draft der nordamerikanischen Football-Liga welche Talente auswählen. Doch angesichts der Pandemie ist das nicht möglich. Die Vereinigten Staaten sind vom Coronavirus besonders hart getroffen worden, knapp 800000 Menschen haben sich bisher infiziert, mehr als 42000 sind gestorben. Auch in der NFL gibt es bestätigte Infektionsfälle: Nach Brian Allen, Center der Los Angeles Rams, erkrankte auch Defense-Top-Star Von Miller von den Denver Broncos an Covid-19. Las Vegas Raiders und Buccaneers-Brady: Durch die Corona-Krise geraten so manche Football-Dinge in den Hintergrund, die im Normalfall deutlich mehr mediale und öffentliche Aufmerksamkeit genießen würden. Nach Abschluss der vergangenen Saison zogen die Raiders aus dem kalifornischen Oakland mit Sack und Pack nach Las Vegas. Es ist nach den Rams (von St. Louis nach Los Angeles) und den Chargers (von San Diego nach LA) der dritte Umzug eines NFL-Teams seit 2016, die Raiders beziehen in der Glücksspielmetropole ein neues, 72000 Fans fassendes und knapp 2 Milliarden Doller teures Stadion. Ab sofort werden 14 statt zuvor zwölf Teams in die Playoffs einziehen. Christian McCaffrey von den Carolina Panthers ist mit seinem neuen Vertrag über 16 Millionen Dollar pro Jahr der bestbezahlte Runningback der Geschichte. Alles Randnotizen – nur der Wechsel von Patriots-Quarterback Tom Brady zu den Tampa Bay Buccaneers schlug kurzzeitig hohe Wellen. Die NFL spendete kürzlich rund drei Millionen Dollar an Gesundheitseinrichtungen und Hilfsorganisationen im Kampf gegen das Coronavirus und versucht, sich bestmöglich zu wappnen für eine Saison im Ausnahmezustand. Laut „Washington Post“ könnte die Saison verkürzt werden, auch eine Turnierregelung an einem Ort „in the middle of nowhere“, mitten im Nirgendwo, wurde ins Spiel gebracht, leere Stadien sowieso. Wie in Deutschland dreht sich in den USA viel um Testkapazitäten. Lesen Sie auch: GFL-Start wohl frühestens Mitte Juli Die Liga bemüht derweil das Zauberwort „Flexibilität“, will sich möglichst lange alles offen halten. Für US-Präsident Trump ist indes klar: Die NFL wird pünktlich im September starten, gerne sogar mit Zuschauern. „Ich will Fans zurück in den Arenen“, sagte Trump. Am 9. Mai will die Liga einen Spielplan veröffentlichen. Draft-Entscheidungen aus dem Keller: Vorerst müssen sich sogar der US-Präsident und der Football dem Virus beugen. Auch Tom Brady – der Superstar wurde in Tampa kürzlich aus einem wegen der Coronakrise geschlossenen Park geworfen, wo er trainierte. Für die Transferphase hatte die Liga unter anderem Reiseverbote verfügt, um die Risiken zu minimieren. Die Trainingsgelände sind nach wie vor gesperrt. Und der Draft wird von Donnerstag bis Sonntag (Ortszeit) erstmals virtuell abgehalten, Commissioner Goodell wird die Entscheidungen aus seinem Keller verkünden. Wie das funktionieren wird, bleibt abzuwarten. In einem ersten Testlauf am Montag hakte es bereits beim ersten Pick, es gab sowohl technische als auch Kommunikationsprobleme. „32 von uns Managern sind in einer Telefonkonferenz, und wir sind nicht stumm geschaltet. Klingt schrecklich“ berichtete ein Teilnehmer. Bei einer anderen Person fraßen die Kinder mit ihren Tablets die Internet-Bandbreite auf. NFL, herzlich willkommen im Home Office. Burrow heißer Kandidat für ersten Pick: Wenn in der Nacht von Donnerstag auf Freitag (ab 1.45 Uhr live auf Prosieben Maxx) alles glatt läuft, wird wohl der Name Joe Burrow zuerst fallen: Der Quarterback der Louisiana State University gewann mit den LSU Tigers in der vergangenen Saison alle Spiele, besticht mit sehr präzisem Passspiel, wurde mit der Heisman Trophy als bester Collegespieler ausgezeichnet – und kommt aus Ohio, der Heimat der Cincinnati Bengals, die als schlechtestes Team der vergangenen Spielzeit die erste Wahl haben. Alles wie gemalt. Der montägliche Draft-Testlauf lief nach Startschwierigkeiten ohne Ruckeln durch, das Event verspricht trotz Corona großen Unterhaltungswert. Auch weil die NFL eben die NFL ist: Goodell kündigte an, dass die Fans auf die traditionellen Buhrufe gegen ihn nicht verzichten müssen. Wie genau? „Man muss schon zuschauen und es selbst herausfinden.“

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