Malte Voigts großer Derby-Traum

Wenn einer das Handball-Land Schleswig-Holstein in- und auswendig kennt, ist das wohl Malte Voigt. Für fünf Klubs ging er im „echten Norden“ bereits auf Torjagd. Unter anderem für die SG Flensburg-Handewitt und aktuell für den THW Kiel. Das womöglich meisterschaftsentscheidende Derby zwischen Tabellenführer THW und Verfolger SG am heutigen Sonnabend (18.05 Uhr, Liveticker auf KN-online ) könnte sein erstes werden. „Ich hätte vor einem Jahr nie gedacht, dass diese Chance nochmal kommt“, sagt der 28-jährige Linksaußen, der seine Handball-Karriere einst in Bredstedt startete, in der Jugend nach Flensburg wechselte, dort bereits am Profi-Dasein schnupperte und zu Einsätzen in der Bundesliga und im Europapokal kam. Doch an Klub-Legende Anders Eggert kam er nicht vorbei. Und weil der heimatverbundene Student nicht so ganz weit hinaus in die Handball-Welt wollte, versuchte er sein Glück beim SV Henstedt-Ulzburg – und nach dessen Abstieg in die Dritte Liga und anschließendem Konkurs beim TSV Altenholz. Voigt bisher nur Bankdrücker im Derby: „Ein Jackpot“, wie Voigt heute sagt. Bei den Wölfen ist er in der Dritten Liga eine feste Größe, half von hier aus in der Saison 2019/20 für sechs Monate bei den Eulen Ludwigshafen aus. Und nun eben beim THW Kiel, der in seiner Personalnot Ende 2020 dringend einen Linksaußen brauchte. Aus ursprünglich zwei geplanten Wochen im Zebra-Trikot wurde ein Vertrag bis zum Saisonende. Und so könnte Voigt womöglich doch noch zu Einsatz im „auf Vereinsebene prickelndsten Spiel weltweit“, kommen. Zweimal saß er im ebenso traditions- wie prestigereichen Nordduell bereits auf der SG-Bank. Damals, in der Saison 2012/13 allerdings ohne Einsatzminuten für Flensburg, das er als „meine handballerische Lehrstube“ bezeichnet. Lesen Sie auch: 104. Nordderby: Landin fehlt dem THW, SG in Personalnot Auch ein Spitzname, der als Schelte für missglückte Schönspiel-Versuche diente, stammt aus dieser Zeit: Jungend-Trainer Klaus Gärtner schimpfte ihn nach erfolglosen Hebern oder Drehern gern „Picasso“. Voigt glaubte diesen Namen längst vergessen, als seine und Gärtners Wege sich im Dezember plötzlich wieder in der Bundesliga kreuzten. In einem seiner ersten Spiele für den THW traf Voigt beim 32:23-Sieg der Kieler siebenmal, Gärtner stand als Co-Trainer der Löwen an der Seitenlinie und muss geplaudert haben – so erklärt sich zumindest Voigt das Revival des Spitznamens, den er nicht wirklich gern hört. „Der fiel halt oft in negativen Zusammenhängen“, erzählt er lachend. Viel gebracht hat die Picasso-Schelte jedenfalls nicht. Unorthodoxe Abschlüsse sind noch heute Voigts Markenzeichen – meist mit Erfolg. THW-Siegermentalität reißt mit: Dennoch bleibt der Student auf dem Boden. „Ich kenne meine Rolle“, sagt er, dessen Stammplatz auf der Bank ist, seit Rune Dahmke und Magnus Landin wieder fit sind. Freimütig gibt er zu, noch immer aufgeregt zu sein, wenn sich abzeichnet, dass er ins Spielgeschehen eingreifen soll. „Aber es hilft zu wissen, dass ich unter der Woche mit den Besten trainiert habe“, sagt er, der bisher elfmal zum Einsatz kam, insgesamt 14 Tore für den THW erzielte. In jedem Spiel mit den Profis erlebe er einen Aha-Moment. „Die Jungs geben schon im Training Gas“, sagt er. „Aber was die im Spiel noch mal an Prozenten draufpacken können, ist echt unfassbar. Da kommen Aktionen, die man im Training noch nie gesehen hat.“ Von der berüchtigten Kieler Siegermentalität lässt sich Voigt gerne mitreißen. „Dadurch, dass man versucht mitzuhalten, wird man automatisch besser – vorausgesetzt, man hat den Anspruch an sich selbst, immer Gas zu geben.“ Voigt: "Filip kann sich auf mich verlassen": Und den hat Voigt, der sich am Sonnabend zum ersten Mal in einem Pflichtspiel in der Gästekabine der Flens-Arena umziehen wird. Egal, ob als Backup auf der Bank oder als Akteur auf dem Feld. „Die Chance, dass ich eingewechselt werde, ist wohl leider relativ gering“, sagt er. Aber: „Ich bin heiß wie Frittenfett. Filip ( Trainer Jicha, d. Red.) Kann sich auf mich verlassen. Wenn ich ein paar Minuten bekomme, würde er mir auf jeden Fall das größte Geschenk machen.“ Gnade mit dem Ex-Klub hätte Voigt keine, genauso wenig wie er Hemmungen hatte als früherer Flensburger beim THW zu unterschreiben. „Durch den Zwischenschritt über Altenholz, wo auch viele Ex-Flensburger spielen, sehe ich mich gar nicht so mitten im SG-THW-Zwist“, sagt er. Der sei abseits des Feldes unter den Spielern ohnehin kein Thema mehr. „Über die Nationalmannschaften sind viele befreundet, verstehen sich abseits vom Feld gut“, sagt er. Und im Derby, wenn es zählt? „Dann gibt es 60 Minuten aufs Maul.“

Derby zwischen SG und THW - Malte Voigts großer Traum vom Derby-Einsatz