Handball-Champions-League: THW Kiel erspielt sich gute Ausgangslage in Paris

In der Hitze der Nacht von Paris hat sich der THW Kiel eine glänzende Ausgangsposition für das Rückspiel im Viertelfinale der Handball-Champions-League verschafft. „Das war sehr intensiv, ich kann meine Gefühle noch nicht so recht beschreiben“, sagte THW-Trainer Filip Jicha unmittelbar nach dem 30:30 (16:14). „Wir sind glücklich mit dem Remis. Andererseits haben wir die meiste Zeit geführt...“ Rückblende, zwei Stunden zuvor: Es wird spät angepfiffen. Aber in Paris ist der Biorhythmus ohnehin längst wieder auf das typische Savoir-vivre eingestellt. Im benachbarten Bois de Boulogne blüht und sprießt alles bei sommerlichen 26 Grad. Im Stade Pierre de Coubertin kann der Sauna-Aufguss nicht lange her sein. Die für dieses Spiel der Spiele „eingeladenen“ Ultras des großen PSG-Bruders Fußball singen und skandieren mit freiem Oberkörper. Ihre Message funkelt am Kopfende der Backstein-Arena: „Faites briller la capitale!“ – Bringt die Hauptstadt zum Strahlen! Unfall sorgt für Aufregung und verspäteten Anpfiff: Zunächst strahlt Kiels Superstar Sander Sagosen. Wiedersehensfreude mit den alten PSG-Kollegen an der Mittellinie. Nur Paris-Megamann Mikkel Hansen darf verletzt nicht mitmachen, gibt geduldig TV-Interviews (im Wechsel mit Geschäftsführer und Ex-Zebra Thierry Omeyer), kann seine Nervosität nicht verbergen. Kurz vor Anpfiff keimt Aufregung auf. Ein Ultra ist aus dem ersten Rang aus sechs Metern auf zwei Fotografen gestürzt. Sanitäter eilen herbei, behandeln einen der Fotografen. Alle drei Personen werden ins Krankenhaus eingeliefert. Ihr Zustand ist am späten Abend noch unklar. Mit 15-minütiger Verspätung ertönt der Anpfiff. Lesen Sie auch Paris-Star Karabatic vor dem Duell mit dem THW: „Freue mich riesig auf Kiel“ Und es ist sofort: schnell, schneller, hitzig. Henrik Toft Hansen gibt bei PSG den offensiven Zerstörer, THW-Chefcoach Filip Jicha reagiert mit dem siebten Feldspieler, drängt Paris zurück. Bis zur 5:1-Führung (6.) geht alles prima auf. Da ist Feuer in der Backstein-Sauna! Erst nach knapp acht Minuten gelingt Paris das erste Feldtor. Sander Sagosen ringt Nikola Karabatic (14.), Dainis Kristopans Patrick Wiencek zu Boden (18.). Falsche Sportart. Meist kommt’s jetzt gar nicht mehr zum Nahkampf. Das Tempo des Gastgebers ist atemberaubend, das verwaiste Kieler Tor jetzt verletzlich – Karabatic, Toft Hansen ins leere Gehäuse, Heißsporn Kamil Syprzak in der zweiten Welle nach Fehlpass von Harald Reinkind. Auf einmal geht beim 11:11 (21.) alles von vorn los. Hier wird kein Zentimeter verschenkt. Wiencek gewinnt das Hechtduell gegen Syprzak, Hendrik Pekeler kassiert seine zweite Zeistrafe (27.), Syprzak schubst Sagosen, aber der bleibt ganz cool. Die Zebras lassen sich von den pfeilschnellen Geparden nicht blenden. Noch ein Freiwurf vor dem Halbzeitpfiff. Syprzak stürzt sich wie ein Hundefänger auf Reinkind – Rudelbildung! Zur Pause liegt der THW mit 16:14 in Führung. Paris Saint-Germain: Gerard (1.-60. Minute/12 Paraden), Genty (bei einem 7m/0) – Clay n.e., Steins 5, N’Tanzi n.e., Keita, Kristopans 1, Kounkoud 2, Solé 1, Toft Hansen 1, Remili 8/2, Grebille 3, Syprzak 7/4, L. Karabatic, N. Karabatic 2, Prandi. THW Kiel: N. Landin (1.-60. Minute/ 10/3), Quenstedt (n.e.) – Ehrig, Duvnjak 2, Sagosen 6, Reinkind 2, Magnus Landin 1, Weinhold 2, Wiencek 3, Ekberg 3/3, Ciudad n.e., Dahmke 3, Zarabec 2, Horak n.e., Bilyk n.e., Pekeler 6. Schiedsrichter: Kurtagic/Wetterwik (Schweden) – Strafminuten: PSG 6 (N. Karabatic, Kristopans, Luka Karabatic), THW 10 (Duvnjak, 2x Pekeler, Sagosen, Dahmke) – Siebenmeter: PSG 8/5 (Niklas Landin pariert Syprzak, Remili und Solé), THW 4/3 (Ekberg vorbei) – Spielfilm: 1:0, 1:5 (6.), 3:7, 4:8, 7:10 (16.), 11:11, 13:15 (28.), 14:16 – 14:19 (34.), 16:20, 21:21 (44.), 21:22, 22:24, 25:27 (53.), 28:28, 29:30 (59.), 30:30 – Zuschauer: 3242 im Stade Pierre de Coubertin in Paris. Dieses Spiel an der Seine strahlt und funkelt, und nach Wiederanpfiff geht es toll taktisch weiter. Rune Dahmke ist jetzt zum Sonderbewacher für den flinken Niederländer Luc Steins bestellt. Der THW legt gleich ein 3:0 vor (19:14/34.), bringt sich aber mit dem einen oder anderen Wurfpatzer um die ganz süßen Früchte. Ekberg zielt über das Tor (43.), Vincent Gerard pariert Sagosen (44.) – und auf einmal doch wieder Gleichstand (21:21/44.). Nichtsdestotrotz bleiben die von 20 mitgereisten Fans wacker angefeuerten Zebras cool in diesem Handball-Happening. Eine Pariser Führung hat es seit dem 1:0 übrigens nicht mehr gegeben. Wurfpatzer bringen THW Kiel um die ganz süßen Früchte: Ob das auch so bleibt? Die Ultras singen und tanzen, und im Kieler Rückraum wirbelt jetzt Miha Zarabec zwischen Sagosen und Weinhold. Klug dosiert der Slowene das Tempo, schnell agiert der THW im Rückzug. Paris hat einen Nikola Karabatic, der am Ende viel Verantwortung trägt. Niclas Ekbergs Siebenmeter fliegt neben das Tor (54.). Was wäre hier alles möglich? Am Ende ist die Schlussphase wie das gesamte Spiel: hitzig, ereignisreich, geladen. Zwei Mannschaften, die 60 Minuten lang gestrahlt haben, trennen sich schließlich mit 30:30.