THW Kiel stößt Tür zum Viertelfinale auf

Beim Besuch der Zebras in der drittgrößten Stadt Ungarns machte diese ihrem Namen alle Ehre. Einige der regelmäßig über 2000 Sonnenstunden pro Jahr, die Szeged den Beinamen „Stadt der Sonne“ verliehen, konnten die Kieler auf einem Spaziergang vor Anpfiff genießen. Die Wolken der 28:31-Niederlage im Derby gegen die SG Flensburg-Handewitt waren weitergezogen und hatte einen THW-Tross hinterlassen, der nach Wiedergutmachung dürstete. Ohne Hendrik Pekeler zwar, doch den verletzten Abwehrchef ersetzte ein hellwaches Kieler Kollektiv. Domagoj Duvnjak rückte im Innenblock an die Seite von Patrick Wiencek. Bei Pavel Horak reichte es trotz Kapselverletzung im Fuß für Entlastungs-Einsätze. Und was an Feinabstimmung in dieser Konstellation fehlte, machten die Zebras mit Kampfgeist wett. „Das war eine fast perfekte erste Halbzeit“, sollte Niklas Landin später sagen – und war daran selbst alles andere als unbeteiligt. Landin stark bei Quarantäne-Comeback: Neun Bälle parierte der Welthandballer bei seinem ersten Einsatz nach zwei Wochen in Quarantäne schon vor der Pause, entnervte Szegeds Routiniers Jonas Källman und Ex-Kieler Marko Vujin, der zum ersten Mal für Szeged auf dem Feld stand. Sein erster Versuch landete in den Armen von Landin, der schickte Duvnjak auf die Gegenstoß-Reise und das Zebra-Polster nahm beim 6:2 (10.) durch Sander Sagosen unerwartet früh Form an. Im Gegensatz zur Partie in Flensburg spielten die Kieler strukturiert, diszipliniert, vor allem aber voller Energie. Weder der Spielmacher Dean Bombac noch 126-Kilogramm-Kreisläufer-Koloss Bence Banhidi fanden gegen die THW-Defensive ein nachhaltiges Erfolgsrezept. Und im Angriff spielte Sander Sagosen, worauf er gerade Lust hatte. Schnelle Antritte, mit denen er Gegenspieler band, um dann blitzschnell auf seine Nebenleute abzulegen, Rückraum-Hammer, Doppelsprungwürfe, besonders sehenswert: die Pirouette vor seinem Treffer zum 4:2 (7.). Hohe Pausenführung für den THW Kiel: Schon in der ersten Halbzeit der Sagosen-Show griff Szeged-Trainer Juan Carlos Pastor in seiner Verzweiflung zur zweiten Auszeit (24./10:17), warnte seine Mannschaft, die erstmals in dieser Spielzeit fast komplett gesund und corona-frei war, vor dem Norweger. Der legte anschließend gerissen ein Tipp-Anspiel durch den Kreis auf Patrick Wiencek ab, anschließend erhöhte Harald Reinkind und Sagosen selbst erzielte das 20:12 (29.). Pausenstand: 13:21 - eine Machtdemonstration. Alilovic bietet Sagosen die Stirn: Eine, die sich aber nach der Pause umkehrte. Mit Mirko Alilovic rückte ein 35-jähriger Torwart-Routinier zwischen die Pfosten bei Pick Szeged. Und der Kroate sorgte blitzschnell dafür, dass Sagosens bis dato makellose Quote von sechs Toren aus sechs Versuchen verrauchte. Gleich dreimal in Folge scheiterte der Norweger am Keeper - zweimal davon frei. Als anschließend auch noch Duvnjak einen Gegenstoß an den Pfosten setzte und der Kieler Vorsprung auf 22:16 schrumpfte, unterbrach Filip Jicha den Lauf der Gastgeber mit einer Auszeit. Schrecksekunde für Niklas Landin: Beim 25:17 (40.) durch Wiencek hatte der THW den alten Vorsprung wieder hergestellt. Anschließend aber wirkten die Kieler zusehends müde in Kopf und Beinen und verpassten es, einen noch größeren Vorsprung mit ins Rückspiel am kommenden Mittwoch zu nehmen. Zudem mussten sie eine Schrecksekunde wegstecken, als ausgerechnet Landin nach einem Sprung unglücklich landete und mit Verdacht auf Fersenprellung vom Feld humpelte. Schnell gab der Däne aber leise Entwarnung: „Zwei Minuten später war es schon nicht mehr so schlimm.“ THW kann sich im Rückspiel Vier-Tore-Niederlage leisten: Auch Trainer Filip Jicha fand es „schade, dass wir in der zweiten Halbzeit einige 100-prozentige Chancen nicht genutzt haben“. „Ansonsten war es ein klasse Spiel von uns. Hier so hoch zu gewinnen, ist alles andere als selbstverständlich. Hätte mir das jemand vor dem Spiel gesagt, hätte ich das sofort genommen.“ Im Rückspiel können sich die Zebras nun eine Vier-Tore–Niederlage leisten. „Unsere Chancen stehen schlecht“, sagte ein enttäuschter Szeged-Kapitän Jonas Källman. Düstere Aussichten in Szeged, Sonnenschein über Kiel.

Handball-Champions-League - THW Kiel stößt Tür zum Viertelfinale auf