THW Kiel 41:36 gegen Elverum: Scheibenschießen auf großer Bühne

Königsklassen-Torfestival, Königsklassen-Krampf. Der THW Kiel hat am Mittwochabend beim 41:36 (20:20) gegen die Norweger von Elverum Håndball den zweiten Sieg im zweiten Spiel der Champions-League-Gruppenphase eingefahren. Dabei machte das junge skandinavische Team den Zebras gehörig das Leben schwer. Schwarz und Weiß steh’n auf beiden Seiten – an diesem Abend, an dem der Gegner Elverum Håndball heißt. Der Klub aus der Region zwischen Oslo und Lillehammer prägt derzeit eine Ära in Norwegen, avanciert seit 2012 mit zehn Meistertiteln in der Eliteserien zum Abonnement-Meister. In der Königsklasse herrschen allerdings andere Kräfteverhältnisse, für ausnahmslos jeden Akteur im norwegischen Ensemble ist der Auftritt in Kiel eine Premiere. Nicht so für Elverums Trainer Børge Lund, der einst für den THW drei Meistertitel und den Champions-League-Pokal 2010 an die Förde holte. Der Empfang des Kieler Publikums ist warm, herzlich. In weniger gutem Kontext fällt in der Landeshauptstadt indes der Name Miroslaw Baum. In der Affäre um das Champions-League-Finale 2007 sah sich der ehemalige polnische Schiedsrichter dem Verdacht der Bestechlichkeit ausgesetzt. Heute sitzt der 61-Jährige als EHF-Delegierter am Zeitnehmertisch. Lesen Sie auch Børge Lunds Rückkehr nach Kiel: „Cool, sich mit dem THW zu messen“ Apropos Zeitnehmertisch: Die Protokollanten dieses Abends können sich über mangelndes Arbeitsaufkommen nicht beschweren. In der mit 4622 Fans nur halbvollen Halle entspinnt sich Handball in seiner Reinform. Offener Schlagabtausch, 40 Tore allein während der ersten 30 Minuten, Tempo, Tore, Tüddelkram. Denn dass die Skandinavier den Zebras immer einen Schritt voraus sind, sich auf 4:1 (5.), 8:4 (9.) absetzen, basiert nicht nur auf dem schnellen, unbekümmerten (Umschalt-)Spiel der Norweger, sondern auch auf Kieler Unzulänglichkeiten, Fehlern, Fehlwürfen, Flusigkeiten. Elverum wie das heiße Messer durch die Butter: Filip Jicha, der mit Geburtstagskind Dario Quenstedt (32) im Tor, Sven Ehrig und Nikola Bilyk begonnen hat, beordert seine Halbverteidiger einen Schritt nach vorn gegen aggressive Rückraumspieler der Gäste, stellt später auf die gänzlich offensive 3:2:1-Deckung um. Ein 5:1-Lauf bedeutet beim 12:11 die erste Kieler Führung (16.). Doch die Defensivdarbietung seiner Mannschaft ist – insbesondere im Kontrast zum jüngsten Nordderby – ein Offenbarungseid. Der erst 21-jährige Eric Johansson marschiert durch die Kieler Deckung wie das heiße Messer durch die Butter. Dann ist Pause – 20:20. Nach Wiederanpfiff ist das Kieler Spiel stabiler, hält das Tempo hoch. Der eingewechselte Linksaußen Magnus Landin und Harald Reinkind sind die Torgaranten. Doch auch Elverum spielt seine Chancen über die gesamte Breite des Spielfeldes weiter sehenswert heraus, leidet zusehends unter Kräfte- und Konzentrationsverschleiß. Das schmälert nicht den fantastischen Eindruck, den die hervorragend eingestellten Gäste auf der großen Bühne hinterlassen. Am Ende ist irgendwie auch Scheibenschießen, zerfasert alles, regt sich Niklas Landin im Kieler Tor über die Unzulänglichkeiten seiner Vorderleute auf. Man habe, sagt der Däne, nach dem Derby „neue Energiequellen finden müssen“, und später. „Das haben wir heute nicht.“ Elverum-Coach Børge Lund ist indes „super zufrieden und stolz“: „Unser Plan im Angriff ist richtig gut aufgegangen. In der zweiten Halbzeit hat uns der THW dann aber zu sehr ausgespielt.“ THW-Trainer Filip Jicha ist indes „nicht so zufrieden wie Børge. Heute war das eine schwere Aufgabe, weil die Jungs aus Elverum mit Spaß gespielt haben. Wir müssen daraus lernen.“