THW-Trainer Jicha zürnt: "Die härtesten Wochen der Vereinsgeschichte"

Nach zwei Wochen in Corona-Quarantäne können die Kieler heute erstmals wieder trainieren. Mehr Zeit bleibt ihnen nicht, um sich auf das Top-Spiel gegen den SC Magdeburg am Sonntag (16 Uhr, Liveticker auf KN-online ) und den darauffolgenden Terminmarathon bis Ende Juni vorzubereiten. Alle Versuche, eine längere Vorbereitungszeit herauszuschlagen, scheiterten. Das schürte in THW-Trainer Filip Jicha Wut und Enttäuschung. „Ich fühle mich ungerecht behandelt“, sagt der Tscheche. „Die Handball-Familie hat sich entschieden, die Saison wie geplant zu Ende spielen zu wollen. Flensburg und wir repräsentieren den deutschen Handball in einer spielintensiven Champions League, sind da erfolgreich. Dass man in dieser Situation bei der HBL ( Handball-Bundesliga, d. Red. ) auf die vorhandenen Regeln verweist und einem Mitglied der Familie so etwas antut, keine andere Lösung findet – das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.“ Die Regeln der HBL sehen vor, dass eine Mannschaft eine Spielverlegung dann beantragen kann, wenn mehr als 50 Prozent der Spieler im Kader – beispielsweise durch Quarantäneauflagen – nicht spielfähig sind. Der THW hätte auf eine Ausnahme gehofft. Eine wie die MT Melsungen sie gestattet bekam, als sie sich nach 14 Tagen Quarantäne mehr Vorbereitungszeit auf die Partie gegen den Bergischen HC wünschte. Die HBL verlegte sie von Donnerstag auf Sonntag. Lesen Sie auch: Mit Kaltstart aus der Quarantäne Der SC Magdeburg gehört zu den Mannschaften in der Liga, die zunächst Schwierigkeiten hatten, sich ohne Fan-Unterstützung im Corona-Alltag zurechtzufinden. Sowohl der Bergische HC als auch der TVB Stuttgart sowie die Rhein-Neckar Löwen konnten die Festung Getec-Arena bereits stürmen. Außerdem unterlag die Mannschaft von Trainer Bennet Wiegert im Ost-Derby in Leipzig. Doch seit Dezember kam der SCM nicht mehr wirklich aus dem Tritt, leistete sich nur eine Punkteteilung in Wetzlar, hat auch in der European Handball League nach einem Ausrufezeichen in Montpellier (32:30 am Dienstag) eine Hand am Gruppensieg. Und das trotz Personalsorgen. Nach Frankreich reisten die Magdeburger mit nur 13 Spielern. Ex-Zebra Gisli Kristjánsson und Kreisläufer Moritz Preuss hatten sich zuvor im Liga-Duell mit Minden Blessuren zugezogen, auch Rückraumspieler Michael Damgaard hat schon mehrere Partien verpasst. Diagnosen teilt der SCM offiziell nicht mit. Wer in Kiel aufläuft, wird sich also erst am Sonntag zeigen. Jicha hätte auch auf die Punkte verzichtet: „Ich bin da so emotional, weil ich den Jungs gegenüber auch eine Fürsorgepflicht habe“, sagt Jicha, der bereit gewesen wäre, das Spiel ausfallen zu lassen und dem SC Magdeburg die Punkte am grünen Tisch zu überlassen. „Aber so etwas kann ich nicht allein entscheiden. Wenn der Mannschaft am Ende der Saison genau diese zwei Punkte zum Titel oder zur Champions-League-Qualifikation fehlen, muss diese Entscheidung von allen getragen werden“, sagt er. Zwar hätten auch die Spieler mit Kopfschütteln auf die HBL-Entscheidung reagiert. Aber: „Die Jungs haben entschieden, keine Opfer sein zu wollen. Wir wollen dieses Spiel unbedingt gewinnen. Die Spieler wissen, dass das Verletzungsrisiko enorm ist. Aber keiner wollte die Punkte kampflos hergeben. Durch diese Einstellung sind sie ja so erfolgreich.“ Lesen Sie auch: Tamo Schwarz – Das Ende der Akzeptanz Jicha zum Restprogramm: Härteste Wochen der Vereinsgeschichte: Es ist nicht nur die Aussicht auf den Kaltstart gegen Magdeburg, der die Kieler Gemüter erhitzt. Vielmehr starten sie am Sonntag in ein Rest-Programm, das es noch mehr als sonst in sich hat: Am Dienstag folgt das Heimspiel gegen Aalborg, Mittwoch steigt der THW-Tross in den Flieger nach Nantes, wo die Zebras am Donnerstag antreten, ehe die Heimspiele gegen Berlin am Sonntag, 28. Februar, Celje (Dienstag, 2. März), Zagreb (Donnerstag, 4. März) und Nordhorn-Lingen (Sonnabend, 6. März) folgen. 14 Tage, sieben Spiele, dann Nationalmannschafts-Woche, dann womöglich weitere 31 Partien in den 105 Tagen bis zum letzten Spieltag am 27. Juni. „In so einer Situation war ja noch kein Verein der Welt. Das werden die härtesten 17 Wochen der Vereinsgeschichte“, sagt Jicha. Lesen Sie auch: HBL: Kombispiele nur in Einzelfällen Wie er den heutigen Trainingstag nutzen will? „Ich werde in erster Linie auf die Jungs hören. Anders als sonst geht es überhaupt nicht um das Spiel, um eine Vorbereitung mit allen Details. Es geht nur darum, die Körper wieder etwas an die Bewegung zu gewöhnen. Auch wenn das an einem Tag unmöglich ist. Um sich auf die Härte eines solchen Spiels vorzubereiten, braucht man mindestens 72 Stunden. Meine Aufgabe ist es jetzt, die Jungs da irgendwie gesund durchzubekommen.“