Für HSG-Rechtsaußen Robert Weber, der nach zehn Jahren beim SC Magdeburg nach Nordhorn wechselte, ist die Partie Teil eines neuen Lebens. Denn während die HSG Nordhorn-Lingen zehn Jahre lang brauchte, um nach dem Zwangsabstieg so richtig wieder auf die Beine zu kommen, war der 33-jährige Österreicher untrennbar mit dem SCM verbunden. Magdeburg, da wollte der Bundesliga-Torschützenkönig von 2015 und Achte der ewigen Bundesliga-Torschützenliste (2108 Treffer) mit Ehefrau Lisa und Sohn Lio (5) auch bleiben, in zwei oder drei Jahren seine Karriere beenden. Dann kam alles anders. Das Tischtuch mit den SCM-Verantwortlichen war zerschnitten („Ich bin froh, dass ich weg bin“), ein Engagement in St. Gallen zerschlug sich kurzfristig, Flügelflitzer Weber landete in Nordhorn und ist happy. Irgendwie.
Robert Weber: "Der Wechsel hat neues Leben in mir geweckt"
„Ich bin körperlich noch gut in Schuss, der Wechsel hat neues Leben in mir erweckt“, sagt der österreichische Nationalspieler im Gespräch mit unserer Zeitung. Er wolle der HSG mit seiner „Erfahrung und Klasse“ helfen, spüre in Nordhorn „eine große Euphorie“. Weber und Nordhorn – das passt. Am Wochenende feierte die HSG beim 33:30 gegen Leipzig ihren ersten Sieg im Oberhaus seit dem 6. Juni 2009. Weber traf zehnmal, liegt mit 52 Toren auf Platz vier im aktuellen Saisonranking. Weber, der Sportmarketing studiert hat, freut sich über die Rendite, die das körperliche Kapital nach einem holprigen Saisonstart endlich abwirft. „Es ist harmonisch, familiär in Nordhorn. Einige studieren, einige arbeiten, alle ackern wie die Verrückten für den Erfolg, es macht riesigen Spaß.“
Geir Sveinssons Arbeit trägt Früchte
Dabei wurden die Bemühungen plötzlich ausgebremst, als Trainer Heiner Bültmann krankheitsbedingt ausschied – in der wichtigsten Phase der Saison. „Einige Spieler kannten nur Heiner als Coach, das war schwierig. Da herrschte auf einmal Chaos“, erinnert sich Weber. Zwei Wochen ohne Trainer – das tat weh. Doch die Arbeit des neuen Chefcoaches Geir Sveinsson trägt Früchte, und auch der Verein ist solide aufgestellt, hat sich von den Altlasten befreit.
Robert Weber hat für ein Jahr mit der Option auf ein weiteres Jahr beim Aufsteiger unterschrieben. Magdeburg liegt hinter ihm. „Ich war enttäuscht, war nicht mehr glücklich. Aber jetzt ist eine gewisse Gelassenheit wieder da.“ Noch vor Weihnachten, vor der Europameisterschaft in Österreich, Schweden und Norwegen, auf die sich der Linkshänder „riesig freut“, will der Torjäger die Weichen für seine Zukunft stellen. Doch am Donnerstag steht zunächst das Spiel beim THW Kiel auf dem Programm. Das erste seit dem 19. Mai 2009. Der THW siegte in Nordhorn mit 38:27, und Linksaußen Pavel Mickal stand schon damals auf dem Feld. Der Tscheche hat der HSG zehn Jahre lang die Treue gehalten, der niederländische Rechtsaußen Nicky Verjans kehrte 2012 zurück in die Grafschaft Bentheim. „Für andere wird es vielleicht das einzige Mal in der Sparkassen-Arena. Das müssen wir genießen“, sagt Robert Weber. „Keiner in Handball-Deutschland rechnet damit, dass wir mit einem Punkt nach Hause fahren. Aber wenn man nicht viel erwartet, wird es meistens gut.“
Das Comeback der HSG Nordhorn-Lingen
Deutscher Vizemeister 2002, EHF-Cup-Sieger 2008, dann kam 2009 das jähe Ende. Die HSG Nordhorn musste Insolvenz anmelden, als Zwangsabsteiger den Gang in die Zweite Liga antreten – begleitet durch Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung und Schwarzgeldzahlungen. Zu lange hatten die Grafschafter um den langjährigen Manager Bernd Rigterink über ihre Verhältnisse gelebt. Da half es auch nichts, dass die Verantwortlichen im Februar 2009 noch schnell Erlend Mamelund (nach Flensburg), Peter Kukucka (nach Schaffhausen) und Holger Glandorf (nach Lemgo) verscherbelten. „Mein Weggang ist das Beste, was ich für meinen Verein noch tun kann“, sagte Glandorf damals. Es folgten zehn Jahre in der Zweiten Liga, die Mannschaft von Trainer Ola Lindgren, in dessen Kader Akteure wie Peter Gentzel, Tobias Karlsson, Bjarte Myrhol, Maik Machulla und Steffen Weinhold standen, brach auseinander.
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