Thunderball heißt der Neue: Wiesmann produziert ersten Supersportwagen mit E‑Antrieb
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Klassische Linienführung, modernste Technik: der Wiesmann Thunderball.
© Quelle: Wiesmann
Abgearbeitet und aus und vorbei war die Wiesmann Sports Cars GmbH, nachdem die Gläubiger des Unternehmens am 20. Januar 2014 den Insolvenzverwalter beauftragt hatten, die Liquidation durchzuführen. Eine mehr als 20 Jahre währende Erfolgsgeschichte hatte ihr trauriges Ende gefunden. 1988 hatten die beiden Brüder Friedhelm und Martin das Unternehmen im westfälischen Dülmen gegründet – im dortigen Naturwildpark leben die letzten Wildpferde Europas –, um Hardtops für Cabrios zu produzieren. Bald aber befasste man sich mit der Entwicklung eines offenen Sportwagens im Look klassischer englischer Roadster, und schon 1993 stand mit dem MF30 der erste Wiesmann auf vier Rädern. Das Logo des Roadsters: ein stilisierter Gecko, denn „ein Wiesmann klebt auf der Straße wie ein Gecko an der Wand“, so die Maxime der Wiesmänner.
Nach acht Jahren ein Lebenszeichen wie Donnerhall
Im Laufe der kommenden 20 Jahre sollten weitere Roadstermodelle, die eine stete Weiterentwicklung des MF30 waren, und ein Coupé folgen, die stets von den jeweils potentesten BMW-Motoren befeuert wurden. Immer handelte es sich um eine Kleinserie in Handarbeit produzierter Sportwagen. Garantierte Exklusivität, die gerade auch Prominente anzog. So schwor etwa Fußballer Torsten Frings auf seinen nach eigenen Wünschen gebauten Wiesmann MF3. Vielleicht aber wollte man dann zu viel. Expansion lautete das Motto in den Nullerjahren, und als sichtbares Zeichen ließen die Brüder eine spektakuläre Manufaktur bauen, deren metallenes Skelett den Umrissen eines Geckos nachempfunden ist. 2013 folgte die Insolvenz, 2014 dann das endgültige Aus.
Umso überraschender ist das Lebenszeichen, das Wiesmann jetzt aussendet. Nicht laut, sondern ganz bewusst leise, wenigstens was den Motor betrifft. 2015 hatten die englischen Brüder, Sahir und Roheen Berry, Wiesmann mit Zipp und Zapp, mit Manufaktur, Namen und natürlich Geckologo übernommen. Und nun, sieben Jahre später, gibt es wieder einen betörenden Roadster, der den Namen Wiesmann trägt und „im Gecko“ gebaut wird. Thunderball heißt der Neue, und natürlich ist die Assoziation zum gleichnamigen „James Bond“-Streifen von 1962 gewollt. Schließlich war auch Agent 007 von jeher ein Liebhaber gerade auch englischer Sportwagen.
680 PS, knapp drei Sekunden von null auf 100 km/h und 500 Kilometer Reichweite
Thunderball, das ist ein Kunstwort, dem aber Donnerhall innewohnt (thunder, engl. für Donner). Aber laut ist dieser Wiesmann nur im übertragenen Sinne, wenn es um das Feuerwerk geht, das allein schon die Bilder des betörenden Roadsters mit dem typischen Wiesmann-Retro-Charme im Hirn auslösen. Auf der Straße aber soll der Thunderball, dessen Karosserie ganz aus Carbon ist, der aber dennoch über 1,7 Tonnen wiegt, geradezu flüstern können. Der Neue wird nicht mehr von einem Verbrennungsmotor der Bayerischen Motorenwerke angetrieben, sondern von einem Elektromotor. Genau genommen sind es sogar zwei Elektromotoren. Die aber sind nicht an der Vorder- beziehungsweise Hinterachse angebracht, wie etwa beim Porsche Taycan. Der Thunderball pfeift auf Allradantrieb. Bei ihm sitzen beide Motoren an der Hinterachse, damit folgt er dem klassischen Dogma, dass ein echter Sportler gefälligst Heckantrieb aufzuweisen habe.
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Der Wiesmann Thunderball besticht durch sein luxuriöses Innenleben.
© Quelle: Wiesmann
680 PS soll er leisten und damit von null auf 100 km/h in 2,9, von null auf 200 km/h in 8,9 Sekunden spurten. Bestätigt sich das, wäre das standesgemäß und würde dem Wiesmann einen Platz im erlauchten Kreis der Supersportler sichern. Aber eine Zehntelsekunde hin, eine Zehntelsekunde her – selbst bei einem Supersportler mit Hochgeschwindigkeitsgarantie ist die Reichweite mindestens ebenso wichtig, wenn immer mit Elektromotor daherkommt. Wiesmann verspricht eine sehr ordentliche Reichweite von 500 Kilometern. Die versprechen andere allerdings auch und erreichen sie dennoch nicht. Ob der Thunderball mit einer Akkuladung tatsächlich 500 Kilometer weit bringt, muss sich also erst zeigen bei einem Auto, das sicherlich nicht nur mit Richtgeschwindigkeit gefahren werden wird.
Alleinstellungsmerkmal: einziger elektrisch angetriebener Roadster auf dem Markt
Die technischen Voraussetzungen für eine hohe Reichweite, die scheinen allerdings gegeben. Der Thunderball bringt eine 92 Kilowattstunden große Lithium-Ionen-Batterie, deren verfügbare Kapazität bei 83 kWh liegen soll, sowie ein 800-Volt-Bordnetz mit. Das zusammen erlaubt eine Ladeleistung von bis zu 300 kW, die dafür sorgen dürfte, dass „Tank“-Stopps nicht zur Geduldsprobe werden. Im Übrigen sind das in etwa die Werte, mit denen auch ein Porsche Taycan Turbo Sport Turismo für sich wirbt. Ganz anders als beim Porsche aber sieht es beim Preis aus. Der soll beim Thunderball um die 300.000 Euro liegen, damit wäre er doppelt so teuer wie der Porsche. Und das ist wohl nur der Grundpreis. Verkaufen dürfte sich der Wiesmann dennoch, auch dank des Alleinstellungsmerkmals, der einzige elektrisch angetriebene Supersportwagen auf dem Markt zu sein.
Ganz lassen vom Verbrenner will Wiesmann aber nicht. Mit dem Project Gecko ist ein weiterer Topsportler angekündigt, der dann vom V8‑Biturbo der BMW‑M‑Reihe befeuert werden soll. Apropos Verbrenner: auch einer der Wiesmann-Brüder ist wieder aktiv. Seit Anfang des Jahres lässt Friedhelm Wiesmann gemeinsam mit Partnern den Luxusroadster Boldmen CR4 bauen. Der basiert auf dem BMW Z4 M40i, wird, wie gehabt, in Handarbeit und die Karosserie ebenfalls in Carbon gefertigt, und einen Elektromotor, den gibt es beim Boldmen natürlich nicht. Nicht der einzige gravierende Unterschied zum Thunderball. Gerade auch die stilistische Exklusivität und damit das Gefühl, einen Wiesmann zu fahren, kann der Boldmen nicht bieten. Und natürlich fehlt ihm auch der putzige Gecko. Die Produktion des Thunderball soll demnächst starten, ordern kann man ihn bereits.
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