Immer auf die Produktrückseite schauen!

Bioanalytikerin zu Kinder­sonnencremes: „Jedes Produkt kann sensitiv heißen, wenn der Hersteller es will“

Wo keine Kleidung die Kinderhaut vor Sonnenstrahlen schützt, muss eingecremt werden.

Wo keine Kleidung die Kinderhaut vor Sonnenstrahlen schützt, muss eingecremt werden.

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Frau Ortmann, die Sonne knallt vom Himmel – Sonnencreme ist ein Muss, vor allem für Kinder. Welche empfehlen Sie?

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Die beste Sonnencreme ist immer die, die man benutzt. Wichtig ist, dass das Kind geschützt ist. Wenn Kinder gut getestete Cremes nicht akzeptieren, sind Alternativen die bessere Option.

Aber angenommen, mein Kind liebt alle Sonnencremes gleichermaßen. Worauf sollte ich dann achten?

Für mich sind vor allem zwei Kriterien wichtig. Erstens: Enthält das Sonnenschutzmittel Stoffe, die umweltschädlich sind? Zweitens: Enthält es Stoffe, die gesundheitsschädlich sein könnten? In puncto Umweltverträglichkeit geht es mir vor allem um Kunststoffe, in puncto Gesundheit um bedenkliche UV-Filter und unnötige Duftstoffe. Kinderhaut ist sehr viel empfindlicher als die von uns Erwachsenen und kann auf unnötige Inhaltsstoffe reagieren.

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Muss ich da am Regal auf der Packung jeweils alle Inhaltsstoffe einzeln durchgehen oder reicht es, wenn ich beim Einkauf zu sensitiven Sonnenschutzmitteln greife?

Immer auf die Rückseite schauen! Sensitiv ist kein geschützter Begriff. Jedes Produkt kann sensitiv heißen, wenn der Hersteller es nur will. Die meisten Werbeslogans auf Sonnencremeverpackungen sind nicht verlässlich. Steht auf einer Verpackung beispielsweise „Ohne künstliche Duftstoffe“, können sich noch immer natürliche darin befinden. Und sogar, wenn „Ohne Duftstoffe“ auf der Packung steht, können sie trotzdem in geringer Konzentration enthalten sein, deklariert als Parfum oder Fragrance. Wenn wiederum „Ohne Parfum“ darauf steht, können Duftstoffe darin sein. Nur wer auf die Liste der Inhaltsstoffe schaut, weiß wirklich, was drin ist.

Sie haben insgesamt 600 Sonnenschutzmittel verglichen. Wenn Stiftung Ökotest Sonnencremes untersucht, dann analysiert sie Cremes auch im Labor. So etwas können Sie nicht. Wie vergleichen Sie?

Die Labortests kann ich nicht leisten, dafür fehlen mir leider das Labor und die Geräte. Alle anderen Vergleiche aber schon. Zuerst schaue ich mir die Eigenschaften wie Preis und Wasserfestigkeit an und ob tierische Inhaltsstoffe enthalten sind; dann schaue ich, welche Inhaltsstoffe verwendet wurden, um vor UV-Strahlung zu schützen und um Wasser und Fette zu verbinden, sogenannte Emulgatoren. Zuletzt prüfe ich, ob Cremes bedenkliche Inhaltsstoffe wie Silikone und bestimmte Duftstoffe enthalten.

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Ich habe mit Stiftung Warentest teilweise so meine Probleme. Ihre Prioritäten liegen eher in der Tauglichkeit von Produkten, die Inhaltsstoffe sind eher nebensächlich.

Mit Stiftung Ökotest und Warentest gibt es institutionalisierte Einrichtungen, die genau dafür da sind: verlässlich prüfen. Was können Sie, was die nicht können?

Mein Ansatz ist, möglichst alle Sonnencremes auf dem Markt zu vergleichen. Ökotest testet höchstens 20. Zudem kann ich Inhaltsstoffe, von denen bekannt ist, dass sie gesundheitsschädlich sein könnten, die aber noch nicht offiziell als „möglicherweise gesundheitsschädlich“ eingestuft wurden, abwertend ranken – während Ökotest hier warten muss, bis das offiziell beschlossen ist. Das war beispielsweise beim Sonnenfilter Octocrylene der Fall.

Nehmen Sie die Ergebnisse von Warentest und Ökotest denn in Ihre Bewertungen mit auf?

Ich lese Sie, aber sie haben keinen Einfluss auf meine Vergleiche. Und ich habe mit Warentest teilweise so meine Probleme. Ihre Prioritäten liegen eher in der Tauglichkeit von Produkten, die Inhaltsstoffe sind eher nebensächlich.

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Obwohl Sie auch viele andere Produkte vergleichen, ist UV-Schutz auf Ihrer Instagram-Seite das bestimmende Thema. Warum ist Ihnen das so wichtig?

Früher war das nicht so. Ich habe erst angefangen, darauf zu achten, als ich Mutter geworden bin. Das war vor fünf Jahren. Ich wollte mich zu dem Thema informieren – aber es gab kaum fundierte Informationen für die Öffentlichkeit. Also habe ich nachgelesen, recherchiert, zusammengefasst und verglichen. Das kam an auf Instagram. Denn vielen anderen Eltern ging es ähnlich.

Das klingt wie ein Hobby, aber das ist es längst nicht mehr: Sie arbeiten mittlerweile in Vollzeit als Influencerin – halten Vorträge für Drogeriemitarbeitende und geben Onlineworkshops zu allem, was sie über Sonnenschutz wissen sollten. Wie kam es dazu?

Ich habe einen Master in Bioanalytik gemacht und anschließend zwei Jahre als Projektmanagerin in der Wissenschaft gearbeitet. Dann lief mein Vertrag aus. Ich musste mich also erstmal neu orientieren – und mein Instagram-Account lief sehr erfolgreich. Da habe ich gesagt: Ich teste das jetzt ein Jahr und schaue, ob es klappt. Das ist jetzt ein Jahr und drei Monate her.

Diese Cremes empfiehlt Ann-Kathrin Ortmann

- Cremes mit organischem („chemischem“) UV-Schutz: Sundance Sonnenmilch Kids LSF 50 für 1,98 €/100 ml bei dm und Sunozon Kids Sonnenschaum NEU LSF 50+ für 2,75 €/100 ml bei Rossmann - Creme mit mineralischem Sonnenschutz: Naif Sonnenlotion parfümfrei für Baby und Kind LSF 50 für 26,95 €/100 ml – online erhältlich und Lavera Sensitiv Sonnenlotion KIDS LSF 50 für 16,49 €/ 100 ml in der Drogerie oder online - Fürs Gesicht und die Lippen: Sundance Sonnenfluid Gesicht, sensitiv, LSF 30 oder 50+, für 8,90 €/100 ml und Sundance Lippenpflege sensitiv LSF 50 für 1,95 €/Stück bei dm - Sticks: Babylove Sonnenstick Sensitive LSF 50+ für 3,25 €/Stück bei dm und Lavozon Kids Stick LSF 50+ für 3,25 €/Stück bei Müller (beide nicht vegan). Vegane Alternative von Dadosens: Sun Stick LSF 50 für 3,25 €/Stück (Biomarkt oder online)

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Es hat also geklappt! Wie wollen Sie den Kanal weiterentwickeln, wenn der jetzt Ihre Zukunft ist?

Ehrlich gesagt will ich gerade nicht so viel ändern. Alles läuft gut, so weit. Und mehr Reichweite heißt immer auch mehr Arbeit.

Ist mehr Reichweite nicht genau das, worum es geht?

Schon. Aber wenn ich beispielsweise Influencerin bin, die für ihren Lifestyle bekannt ist, dann läuft der tägliche Content einfach nebenher. Da sind neue Follower unkompliziert. Bei mir hat jeder neue Follower gefühlt erst mal fünf Fragen. Teilweise melden sich mittlerweile medizinische Notfälle bei mir. Dann schicken Follower Fotos von Ausschlägen und bitten um sofortige Hilfe. Ich verstehe, dass es einfacher ist, die Anni bei Instagram zu fragen, als sich ärztlichen Rat einzuholen, aber solche Anfragen will und darf ich nicht beantworten.

Wenn der Kanal also bleibt, wie er ist: Was vergleichen Sie als Nächstes?

Waschmittel und Zahnpasta. Aber gerade der Waschmittelvergleich ist gar nicht so einfach. Da sitze ich schon seit Oktober dran und schreibe eine Mail nach der anderen an die Hersteller. Denn bei Waschmitteln müssen die Unternehmen ihre Inhaltstoffe nicht angeben, sondern können sie in Gruppen zusammenfassen. Wird da beispielsweise „5 % Tenside“ angegeben, kann da fast alles drin sein.

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