Rente, Mindestlohn, Pfand: Das ändert sich im Juli 2022
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Elektrogeräte auf einem Wertstoffhof
© Quelle: Marijan Murat/dpa
Alte Elektrogeräte können künftig kostenlos im Supermarkt zurückgegeben werden, zumindest einige. Das Pfandsystem wird ausgeweitet und das Rauchen teurer. Und Vertragskündigungen sollen erleichtert werden. Die zweite Jahreshälfte bringt einige Neuerungen mit sich. Die Änderungen zum Juli 2022:
Gesetz für faire Verbraucherverträge tritt in Kraft
Vertragskündigungen sollen künftig vereinfacht werden. Wer einen Vertrag online abschließt, soll ihn auch online kündigen können. Ab 1. Juli 2022 wird ein Kündigungsbutton auf der jeweiligen Website für Unternehmen zur Pflicht. Über diesen sollen Kundinnen und Kunden ihren Vertrag direkt kündigen können. Außerdem sollen sie unmittelbar danach eine elektronische Eingangsbestätigung erhalten.
Bereits zum 1. März gab es beim Thema Vertragskündigungen einige Änderungen. Die Kündigungsfrist für Verträge wurde von bisher möglichen drei auf maximal einen Monat reduziert.
Auch automatische Vertragsverlängerungen über einen längeren Zeitraum darf es in Zukunft nicht mehr geben. Verträge können sich im Stillschweigen nur dann verlängern, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher eine Kündigungsfrist von höchstens einem Monat erhalten.
Am Telefon vereinbarte Energielieferungsverträge müssen zudem schriftlich bestätigt werden. Somit ist es für Anbieter künftig deutlich schwieriger, Verbraucherinnen und Verbrauchern am Telefon einen Vertrag unterzuschieben.
Alte Elektrogeräte im Supermarkt abgeben
Alte Elektrogeräte müssen ab 1. Juli auch in Supermärkten und Discountern kostenlos entgegengenommen werden. Zumindest gilt das für kleinere Elektrogeräte mit einer maximalen Kantenlänge von 25 Zentimetern. Lebensmittelgeschäfte, die dauerhaft oder zumindest mehrmals im Jahr Elektroware vertreiben und über eine Verkaufsfläche von mindestens 800 Quadratmetern verfügen, müssen die alten Elektrogeräte dann verpflichtend annehmen.
Das trifft auf viele große Supermarktketten zu. Somit können künftig beispielsweise alte Handys, elektrische Rasierer, Wasserkocher oder Toaster bei Aldi, Rewe, Lidl und Co. kostenlos abgegeben werden.
Pfandsystem auch bei Einwegplastikflaschen und Dosen
Das Pfandsystem wird ausgeweitet. In Supermärkten und Discountern wird spätestens ab 1. Juli auch auf Einwegplastikflaschen oder Einwegdosen Pfand erhoben. Damit werden für PET-Flaschen mit beispielsweise Fruchtsäften oder Dosen mit alkoholischen Mischgetränken ebenfalls 25 Cent fällig. Die Regelung gilt eigentlich schon seit Januar 2022, doch die Händler hatten in einer Übergangsfrist bis Juli 2022 Zeit, die Änderung umzusetzen.
Kostenlose Corona-Tests enden
Mal eben kostenlos auf Corona testen – damit ist nun nach mehr als einem Jahr vorerst Schluss. Schnelltests auf Staats- und damit Steuerzahlerkosten an Teststationen oder in Apotheken soll es schon ab Donnerstag, 30. Juni, nur noch für bestimmte Gruppen geben. Andere müssen drei Euro zuzahlen. Darauf hatten sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) in der vergangenen Woche geeinigt. Wer sich jetzt noch kostenlos testen lassen kann, lesen Sie hier.
Rauchen wird teurer – jetzt auch E-Zigaretten und Shisha-Tabak betroffen
Raucherinnen und Raucher von Zigaretten müssen schon seit Jahresbeginn mehr für ihre Tabakprodukte bezahlen. Nun werden auch die Preise für sogenannte „Liquids“ erhöht. Ab dem 1. Juli unterliegen erstmals auch die Substanzen für E-Zigaretten der Tabakbesteuerung. Ob die Flüssigkeiten nikotinhaltig sind oder nicht, spielt dabei keine Rolle.
Außerdem wird Tabak für Shishas, also Wasserpfeifen, mit einer Zusatzsteuer belegt und darf nur noch maximal in 25-Gramm-Verpackungen verkauft werden. Bisher waren 200-Gramm-Packungen üblich, auch Ein- und Zwei-Kilo-Gebinde wurden verkauft. Shish-Bars verkaufen dann aus den großen Behältnissen oftmals einzelne kleine Portionen Wasserpfeifentabak an ihre Kunden.
Das ist aufgrund des sogenannten „Vereinzelungsverbot“ jedoch verboten. Gemacht wurde es von den Gastronomen trotzdem. Immer wieder beschlagnahmten Zöllner bei Kontrollen den illegalen Shisha-Tabak. Mit der maximalen Packungsgröße von 25 Gramm soll nun verhindert werden, dass größere Einzelmengen in die Shisha-Bars gelangen.
Mindestlohn erhöht sich schrittweise
Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro war im Bundestagswahlkampf ein zentrales Thema der SPD und ihres damaligen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Anfang Juni konnte sich der Kanzler mithilfe der Ampelkoalition dann durchsetzen. Der Bundestag hat die Erhöhung des Mindestlohns beschlossen. Ab dem 1. Oktober soll er dann 12 Euro betragen. Bereits am 1. Juli wird er planmäßig auf 10,45 Euro steigen.
Renten steigen deutlich
Die rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland erhalten vom 1. Juli an deutlich höhere Bezüge. Im Westen steigen die Renten dann um 5,35 Prozent, im Osten um 6,12 Prozent. Damit fällt die Rentenanpassung so stark aus wie seit Jahrzehnten nicht.
Die starke Erhöhung ist auf die zurückliegende gute Konjunktur und die daher rührenden positiven Entwicklungen bei den Einkommen der Beschäftigten und den Einnahmen der Rentenkasse zurückzuführen. Nach dem Corona-Einbruch 2020 war es wieder bergauf gegangen.
Mit dem Gesetz führt der Gesetzgeber zudem den Nachholfaktor in der Rentenversicherung wieder ein. Der Faktor dämpft die Erhöhung. Damit wird ausgeglichen, dass die Rentnerinnen und Rentner 2021 trotz Corona-Delle keine Kürzungen hinnehmen mussten.
Wegfall der EEG-Umlage
Nach mehr als 20 Jahren fällt die sogenannte EEG-Umlage weg, die Kunden über die Stromrechnung zahlen. Sie beträgt momentan noch 3,72 Cent pro Kilowattstunde. Experten erwarten durch die Abschaffung zwar kein Sinken der Strompreise, aber zumindest eine Dämpfung des starken Anstiegs.
Mobilfunk-Leistungen auch im Ausland
Eine neue EU-Verordnung bringt Verbesserungen für Mobilfunkkunden. Sie sollen ab Juli im EU-Ausland dieselben Dienstleistungen nutzen können wie zu Hause - soweit im besuchten Mitgliedstaat dieselben Netze und Technologien zur Verfügung stehen. So sollten Verbraucherinnen und Verbraucher, die zu Hause 5G nutzen können, auch in den 27 EU-Staaten sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen Zugang zu 5G-Diensten bekommen.
Pakete werden teurer
Das Verschicken von Paketen per DHL wird am 1. Juli teilweise teurer. So kostet ein Zwei-Kilogramm-Paket, dessen Marke online erhältlich ist, fortan 5,49 Euro und damit 50 Cent mehr. Bei Sendungen ins Ausland ist das Bild gemischt: Teilweise bleiben die Gebühren konstant, teilweise verdoppeln sie sich fast, etwa bei schwereren Paketen in die USA.
Keine Hartz-IV-Sanktionen
Arbeitssuchende müssen ab 1. Juli und bis Mitte kommenden Jahres weniger Hartz-IV-Sanktionen fürchten. Für ein Jahr soll die Möglichkeit ausgesetzt werden, das Arbeitslosengeld II bei einer Pflichtverletzung um 30 Prozent zu mindern. Das gilt etwa, wenn eine zumutbare Arbeit nicht angenommen wird. Bei wiederholten Meldeversäumnissen oder Terminverletzungen drohen allerdings auch künftig Leistungskürzungen von bis zu 10 Prozent des Regelsatzes.
Erklärung zur Grundsteuer
Sie muss nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts neu berechnet werden: Millionen Haus-, Wohnungs- und Grundstücksbesitzer müssen deshalb von Juli an bis spätestens Ende Oktober eine Art zweite Steuererklärung abgeben, in der Regel elektronisch über die Plattform Elster - mit Daten etwa zu Flurnummer, Baujahr, Wohnfläche und Bodenrichtwert. Je nach Bundesland können mal mehr und mal weniger Informationen gefragt sein, weil die Länder unterschiedliche Berechnungsmodelle anwenden.
RND/lau/mit dpa
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