Was ist der Wert der Freiheit?

Jahrelang unschuldig im Gefängnis: Wie hoch ist die Entschädigung?

Manfred Genditzki (links) wurde im August 2022 nach 4912 Tagen aus der Haft entlassen, weil es erhebliche Zweifel daran gibt, dass er den Mord tatsächlich begangen hat.

Manfred Genditzki (links) wurde im August 2022 nach 4912 Tagen aus der Haft entlassen, weil es erhebliche Zweifel daran gibt, dass er den Mord tatsächlich begangen hat.

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„Und: Ich möchte noch sagen, ich bin unschuldig. Das war’s.“ Es waren Manfred Genditzkis letzte Worte beim Wieder­aufnahme­verfahren im sogenannten Badewannenmordfall. Der 63-Jährige wurde freigesprochen, nachdem er zuvor fast 14 Jahre für die vermeintliche Tat im Gefängnis gesessen hatte. Er verpasste den Abschied von seiner gestorbenen Mutter und das Aufwachsen seiner Kinder. Es ist nicht möglich, ihm seine 4912 verlorenen Tage wiederzugeben – auch Geld kann die Zeit nicht zurückdrehen. Der Staat muss jedoch Entschädigung für den Freiheitsentzug zahlen.

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Haftentschädigung: Wie viel Geld muss der Staat zu Unrecht inhaftierten Menschen zahlen?

Die Höhe der Entschädigung ist gesetzlich geregelt. „Für den Schaden, der nicht Vermögens­schaden ist, beträgt die Entschädigung 75 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheits­entziehung“, heißt es in Paragraf 7, Absatz 3 des Strafverfolgungs­entschädigungs­gesetzes. Genditzki würden in diesem Fall insgesamt 368.400 Euro zustehen. Kritiker halten die Summe für zu gering.

07.07.2023, Bayern, Müncheberg: Manfred Genditzki kommt zur Urteilsverkündung im Wiederaufnahmeverfahren um den sogenannten Badewannen-Mordfall in den Gerichtssaal. Im Münchner Prozess um den sogenannten Badewannen-Mord von Rottach-Egern ist der angeklagte Manfred Genditzki am Freitag freigesprochen worden. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

„Es tut uns aufrichtig leid“: Wie sich der angebliche Badewannenmord in Luft auflöste

Es war ein ungeheuerlicher Justizirrtum. Rund 13 Jahre saß Manfred Genditzki unschuldig in Haft, nun erhielt er in München endlich den Freispruch. Über einen Mord, den es nie gab, und zwei engagierte Professoren, die bei der Aufklärung halfen.

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Können Betroffene mehr als 75 Euro pro Tag im Gefängnis fordern?

Ja, unter Umständen steht ihnen mehr zu. Zu Unrecht inhaftierte Menschen können zusätzlich noch Vermögens­schäden, also materiellen Schaden, geltend machen – zum Beispiel wegen Verdienst­ausfalls. Die Beweislast liegt dabei bei ihnen. Und die Summe, die sie erhalten, kann je nach Entscheidung des Gerichts von ihrer Forderung abweichen. Beispielsweise forderte Gustl Mollath, der 2006 zu Unrecht für sieben Jahre in eine Psychiatrie eingewiesen worden war, 1,8 Millionen Euro Entschädigung – erhielt aber nur 670.000 Euro.

Unschuldig im Gefängnis: Wie hoch ist die Entschädigung in anderen Ländern?

In den USA erhalten Menschen, die zu Unrecht zu einer Gefängnis­strafe verurteilt wurden, in der Regel mindestens 50.000 US-Dollar für jedes Jahr in Haft. Das ist der bundesstaatliche Standard und entspricht umgerechnet mehr als 45.600 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: In Deutschland stehen zu Unrecht inhaftierten Menschen mindestens 27.375 Euro für 365 Tage im Gefängnis zu. Allerdings variieren die tatsächlichen Zahlungen an Betroffene in den USA je nach Fall und Bundesstaat stark. So erhielt 2019 Fred Clay eine Million Dollar, der 38 Jahre lang zu Unrecht in Massachusetts inhaftiert gewesen war. Henry McCollum und sein Halbbruder Leon Brown erhielten dagegen jeweils 31 Millionen Dollar für eine ähnlich lange unrechtmäßige Haftstrafe.

Im Vereinigten Königreich gelten dagegen deutlich schärfere Regeln für die Entschädigung von zu Unrecht inhaftierten Menschen – sie ist eher die Ausnahme als die Regel. Konkret erhalten Betroffene grundsätzlich nur dann eine Entschädigung, wenn neue Fakten ans Licht kommen, die absolut keinen Zweifel daran offen lassen, dass sie die Tat nicht begangen haben. Wenn ihre Unschuld eindeutig nachgewiesen werden kann, stehen ihnen maximal eine Million Pfund zu, wenn sie mindestens zehn Jahre im Gefängnis waren. Das wären umgerechnet über 1,17 Millionen Euro. Für alle anderen Fälle liegt die Höchstmenge bei 500.000 Pfund.

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RND/bk






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