Christian Karagiannidis: Infektionswelle hat Spitze erreicht – Situation im Januar bereitet größte Sorgen
Trotzdem bleibt die Lage in Kliniken und Krankenhäusern angespannt - deshalb gibt es eine dringende Bitte in Sachen Böllern zu Silvester.
© Quelle: dpa
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin Christian Karagiannidis hat vor regionalen Engpässen in den Kliniken an Silvester und Neujahr gewarnt. „Wir werden regional mit Sicherheit Engpässe haben, aber eher nicht flächendeckend“, sagte er im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Mehr Sorgen bereiten mir der Januar und die Stimmung, die gerade mitschwingt. Im Januar werden die Krankenhäuser unter Volllast fahren und die Mitarbeiter beginnen langsam zu resignieren unter der Dauerlast.“
Karagiannidis fürchtet, dass sich die Personalnot auch auf den Intensivstationen weiter verschärft und es kein Zurück zum Status quo vor der Corona-Pandemie gibt. Allein in den letzten zwei Jahren hätten die Kliniken 25 Prozent der High-Care-Intensivbetten verloren, weil das Personal fehle. „Es ist eine Illusion zu glauben, dass diese Betten jemals wieder eingesetzt werden“, sagte er. Diese Kapazitäten seien für immer verloren. „Das ist die neue Realität, für die wir eine Lösung finden müssen.“
Silvester: freiwillig auf Böllern verzichten
Mit Blick auf Silvester rief der Intensiv- und Notfallmediziner die Menschen auf, freiwillig auf das Böllern zu verzichten. „Ich appelliere eindringlich an die Menschen, die Kliniken zu entlasten und auf das Böllern zu verzichten oder es zumindest auf ein Minimum zu reduzieren.“ Gerade vor dem Hintergrund der Situation in den Krankenhäusern sei man auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen, sich sehr besonnen zu verhalten. Ein staatlich verordnetes Böllerverbot halte er nicht für notwendig, sondern hoffe auf den gesunden Menschenverstand.
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In den Kliniken ist derzeit die Belastung durch Influenza größer als durch Covid-Patienten, sagt Karagiannidis, der auch Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung ist. Er rechnet damit, dass die Pandemie nach diesem Winter ausläuft. Sicherlich werde es noch die eine oder andere kleine Welle geben. „Aber wir merken, dass die Immunitätslage der Bevölkerung solide ist und wir auf den Intensivstationen deutlich weniger Covid-Patienten haben.“ Dass sich in Deutschland noch einmal eine gefährliche Corona-Variante ausbreite, hält er für unwahrscheinlich. „Ich glaube nicht, dass wir noch einmal einen Rückschlag erleben.“
Infektionswelle hat Spitze erreicht
Die aktuelle Infektionswelle, die vielerorts zu einer Überlastung der Krankenhäuser und einer Absage geplanter Operationen gesorgt hat, sieht der Mediziner an ihrem Höhepunkt angekommen. „Aktuell wissen wir, dass die sehr starke Infektionswelle gerade ihre Spitze erreicht hat und die Zahl der Infektionen in den kommenden Tagen hoffentlich sinkt.“ Ein leichter Rückgang zeichne sich sowohl bei der RSV-Welle als auch bei den anderen Infektionserkrankungen ab. Dass planbare Operationen verschoben werden mussten, sei die einzige Lösung gewesen, um für Notfallpatienten Kapazitäten zu schaffen. „Das ist für alle tragisch, aber der einzige Ausweg, damit das Gesundheitssystem Notfälle adäquat versorgen kann.“
Um in Zukunft besser auf saisonale Belastungen reagieren zu können, regt Karagiannidis einen „Sommer- und Wintermodus“ der Krankenhäuser an. „Es wird nicht immer alles an jedem Tag des Jahres gehen wie bisher“, begründet er diese Maßnahme.