Schlafberater im Interview

„Das A und O sind regelmäßige Bett- und Aufstehzeiten“: Coach erklärt, wie man besser schläft

Gerade für Schichtarbeiter ist regelmäßiger, guter Schlaf wichtig.

Gerade für Schichtarbeiter ist regelmäßiger, guter Schlaf wichtig.

Der Niederländer Floris Wouterson ist als Coach und Schlafberater tätig. In seinem neuen Buch „Super Schlafen“ geht es darum, was guten Schlaf ausmacht und was jeder tun kann, um tagsüber ausgeruhter zu sein. Im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland erklärt Wouterson, wie Schlaf und Ernährung zusammenhängen und mit welchen einfachen Tipps es schnell gelingt, besser zu schlafen.

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Herr Wouterson, Sie haben sich als „Sleep Performance Coach“ auf das Thema Schlaf spezialisiert. Wie kam es dazu?

Ich habe bei meiner Arbeit als Coach und Schlafexperte gemerkt, dass unser Schlaf eng damit zusammenhängt, wie wir uns tagsüber fühlen. Wenn wir schlecht geschlafen haben, können wir uns nicht mehr gut konzentrieren und neigen schneller dazu, uns zu verletzen. Schlechter Schlaf hat langfristig auch viele negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit, erhöht unsere Anfälligkeit für neurodegenerative Krankheiten wie Parkinson oder Alzheimer. Wenn wir langfristig weniger als fünf Stunden schlafen, produziert das Immunsystem weniger Abwehrzellen. Wir werden anfälliger für Erkältungen, auch Diabetes Typ 2 und Übergewicht werden durch schlechten Schlaf begünstigt.

Was bedeutet es, gut zu schlafen? Es kommt ja nicht nur auf die Dauer an?

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Guter Schlaf sorgt dafür, dass man sich tagsüber gut fühlt und genug Energie hat, um alles zu erledigen, was man sich vorgenommen hat. Wenn man nicht gut geschlafen hat, droht oft schon um elf Uhr morgens das erste Tief und man fühlt sich wieder schlapp. Wenn sie jemanden bitten, seinen Schlaf auf einer Skala von eins bis zehn zu bewerten, sagt aber kaum jemand zehn, sondern, wenn er gut geschlafen hat, höchstens mal sieben oder acht. Die meisten bewerten ihren Schlaf mit einer sechs.

Schlafcoach Floris Wouterson.

Schlafcoach Floris Wouterson.

Sie bieten Coachings an, um die Schlafqualität zu verbessern. Wie läuft so ein Schlafcoaching ab?

Meistens besteht es so aus vier bis fünf Sitzungen einer ausführlichen Anamnese und Beratung, danach braucht es vielleicht noch zwei bis vier Monate, um alles umzusetzen. Auch bei schwersten Fällen von Schlafstörungen war ich schon erfolgreich. Wenn allerdings ein organisches Problem hinter den Schlafstörungen steckt, wie etwa eine Schlafapnoe, also Atemaussetzer im Schlaf, überweise ich die Patienten weiter. Das gleiche gilt, wenn der Grund für die Schlafstörungen ein Burnout oder eine Depression sind. Vielleicht braucht jemand dann eher eine Veränderung im Beruf oder eine Atem-, Stress- oder Traumatherapie.

Sie sind selber kein Arzt. Wie unterscheidet sich Ihr Ansatz bei der Behandlung von Schlafstörungen ?

Ärzte haben oft gar nicht die Zeit und neigen dazu, schnell ein Schlafmittel zu verschreiben. Mein Ansatz ist ganzheitlich, ich empfehle zum Beispiel, auch auf die Darmgesundheit zu achten. Im Darm werden 90 Prozent des Hormons Serotonin hergestellt und Serotonin wird vom Organismus zum Schlafhormon Melatonin umgewandelt. Beide Hormone spielen für den Schlaf-Wach-Rhythmus eine wichtige Rolle.

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In Ihrem Buch geht es auch um falsche Konditionierung – um Annahmen über den Schlaf, die viele Menschen haben, die aber nicht für jeden von uns stimmen müssen. Und die uns davon abhalten können, gut zu schlafen.

Ja, da ist zum Beispiel der Gedanke, wenn man ausschläft, sei man faul. Oder wir verbinden Schlafen mit etwas Negativem: Weil die Eltern uns früher zur Strafe ins Bett geschickt haben oder die Mutter den ganzen Tag über mit Kopfschmerzen im Bett lag. Sehr verbreitet ist auch der Glaube, man müsse unbedingt acht Stunden schlafen: Wenn das meine feste Überzeugung ist und ich schaffe es nur, sieben Stunden zu schlafen, rede ich mir ein, das sei schlecht oder nicht genug. Dabei sind die acht Stunden nur ein Mittelwert. Die meisten Erwachsenen benötigen zwischen sieben und neun Stunden Schlaf.

Manches in Ihrem Buch klingt erstaunlich. Etwa, dass Süßstoff nervös macht oder dass die falsche Schlafposition Alzheimer begünstigen kann. Lässt sich das wirklich belegen?

In meinem Buch sind für alles Quellen angegeben. Es gibt tatsächlich eine Studie, wonach beim Schlafen in der Seitenlage Abbauprodukte des Hirnstoffwechsels besser abtransportiert werden, die bei der Entstehung von Alzheimer eine Rolle spielen. Die Schlafwissenschaft ist noch ein verhältnismäßig junges Forschungsfeld und wir finden ständig Neues über die Bedeutung eines gesunden Schlafs heraus.

In Ihrem Buch erklären Sie, was die ideale Schlafposition ist oder wie hoch die Temperatur im Schlafzimmer sein sollte. Jeder hat doch seine Gewohnheiten. Man spricht auch von Eulen und Lerchen, Menschen die lieber später oder früher aufstehen. Kann man sich da überhaupt einfach so umstellen?

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Untersuchungen haben gezeigt: Auch Eulen können sich umstellen. Wir können ziemlich viele unserer Gewohnheiten ändern. Wenn wir das nicht tun, liegt es meistens nur daran, dass wir keine Lust dazu haben.

Sie geben auch Tipps für die Ausstattung von Bett und Schlafzimmer. Eine druckentlastende Matratzen, Kamelhaar- oder Kaschmirdecken, Bettwäsche aus ägyptischer Baumwolle: Das klingt alles ziemlich teuer.

Es kommt auch darauf an, wie man das sieht. Wenn sie für eine Matratze für zwei Personen 3000 Euro ausgeben, hält diese mindestens zehn Jahre. Das sind umgerechnet pro Monat Kosten von nicht einmal 25 Euro. Die gibt jeder locker für sein Handy aus, nur dass man da nicht acht Stunden drauf schläft. Die Temperatur beim Schlafen ist der zweitwichtigste Faktor für einen erholsamen Schlaf. Wenn ich da in eine gute Decke für eine Person vielleicht 300 Euro investiere, die auch mindestens zehn Jahre lang hält, finde ich das nicht zu teuer.

Sie betonen auch, wie wichtig genug Bewegung für einen gesunden Schlaf ist. Viele machen Sport am Abend nach der Arbeit. Das ist aber gar nicht so gut?

Wer intensiv Sport macht, fühlt sich danach wach. Radprofis bei der Tour de France, die zum Beispiel nach einer Etappe ins Hotel gefahren werden, sind danach noch voller Adrenalin und können oft gar nicht gut einschlafen. Mit Sport am Abend ist es so: Normalerweise beginnt ab etwa 20 Uhr die Körpertemperatur zu sinken, das bereitet den Organismus auf den Schlaf vor. Wenn jemand spät noch joggen geht, steigt die zentrale Körpertemperatur wieder deutlich an und es dauert zwei bis drei Stunden, bis sie sich wieder normalisiert. Das bringt den Biorhythmus durcheinander und verlängert die Einschlafphase.

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Das Buch „Super Schlafen“ von Floris Wouterson erscheint am 14. Februar 2022 im Südwest Verlag. 224 Seiten, 20 Euro, ISBN 978-3-517-09987-3.

Das Buch „Super Schlafen“ von Floris Wouterson erscheint am 14. Februar 2022 im Südwest Verlag. 224 Seiten, 20 Euro, ISBN 978-3-517-09987-3.

Was sind drei schnelle und einfache Tipps, die jeder ausprobieren kann, um besser zu schlafen?

Das A und O sind regelmäßige Bett- und Aufstehzeiten, um den Biorhythmus zu unterstützen. Dann empfehle ich zweitens, mindestens 10.000 Schritte pro Tag zu gehen. Und drittens, weniger Zeit vor den Bildschirmen zu verbringen, vor allem in der Zeit vor dem Schlafengehen. Man sollte dann auch nicht mehr aufs Handy schauen, sondern das Ding einfach mal weglegen.

Wenn man alle Ratschläge aus Ihrem Buch umsetzen will, läuft das auf eine komplette Lebensstilumstellung mit mehr Bewegung und einer gesünderen Ernährung heraus. Wie soll man sich dazu motivieren?

Ich kann nur sagen, dass es sich lohnt. Erholsamer Schlaf sorgt nicht nur dafür, dass wir mehr leisten können. Er ist wichtig, um ein schönes Leben zu haben und hilft uns dabei, uns einfach gut zu fühlen. Mein Motto lautet: „Change a little, change a lot, everyday“ oder anders formuliert: Fange mit einem kleinen Schritt an, bleibe am Ball und der Erfolg wird sich wie von selbst einstellen.

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