Lebensmittelexpertin klärt auf

Hoch verarbeitete Lebensmittel: Sind sie wirklich so ungesund?

Hoch verarbeite Lebensmittel sind oft reich an Zucker, Fett, Salz, Kalorien und künstlichen Zusatzstoffen.

Hoch verarbeite Lebensmittel sind oft reich an Zucker, Fett, Salz, Kalorien und künstlichen Zusatzstoffen.

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Denkt man an hoch verarbeitete Lebensmittel, fallen einem zuerst Fast Food, Tiefkühlmahlzeiten oder Mikrowellengerichte ein. Eben ungesundes Essen. Fertiggerichte seien zwar ein typisches Beispiel für hoch verarbeite Lebensmittel, sagt Jana Fischer, Referentin für den Bereich Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Aber auch Aromen und Geschmacksverstärker gehörten dazu.

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Diese sind heute in zahlreichen Produkten aus dem Supermarkt enthalten. Und scheinbar ähnliche Lebensmittel können einen ganz unterschiedlichen Verarbeitungsgrad haben: „Haferflocken sind zum Beispiel fast naturbelassen, Müsli-Mischungen hingegen haben oft viele weitere Zutaten und einen hohen Zuckeranteil“, sagt Fischer.

Wann ein Lebensmittel als hoch verarbeitet gilt

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) definiert hoch verarbeitete Lebensmittel in einer Veröffentlichung als „verzehrfertige Produkte, die durch Kombination von lebensmittelbasierten oder synthetischen Zutaten hergestellt werden“. Die Zutaten seien „meist nur industriell verwendete Substanzen wie hydrierte Öle, Glucose-Fructose-Sirup, Proteinisolate und Zusatzstoffe“.

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Für die Herstellung sind laut DGE-Beitrag hoch technisierte industrielle Prozesse erforderlich, und die Produkte seien für die Hersteller besonders lukrativ. Charakteristisch sei, dass hoch verarbeitete Lebensmittel „lange haltbar, verzehrfertig oder erhitzbar und sehr schmackhaft“ seien. Zudem könnten hoch verarbeitete Lebensmittel die Eigenschaften nicht verarbeiteter Lebensmittel künstlich nachahmen.

Zusatzstoffe können schädlich sein

Dabei sind sie in der Regel deutlich schlechter für die Gesundheit. Ungesund sei zum einen der tendenziell hohe Gehalt an Zucker, Salz und Kalorien, sagt Fischer. Zudem enthielten viele hoch verarbeitete Lebensmittel etliche Zusatzstoffe: Substanzen, die sie haltbarer und schmackhafter machen sollen oder ihnen die erwünschte Konsistenz verleihen.

„Die Zusatzstoffe müssen zwar alle in der Europäischen Union zugelassen sein“, erklärt Fischer. Untersuchungen zu deren Unbedenklichkeit lägen aber oft schon länger zurück. So war der Farbstoff Titandioxid, der früher in Schokolinsen oder Backzutaten wie Glitzer und bunten Streuseln verwendet wurde, lange Zeit als Zusatzstoff erlaubt.

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Schokolinsen enthielten früher Titandioxid – einen Farbstoff, der sich später als potenziell gesundheitsschädlich herausstellte.

Schokolinsen enthielten früher Titandioxid – einen Farbstoff, der sich später als potenziell gesundheitsschädlich herausstellte.

Im Mai 2021 kam die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) dann zu dem Schluss, dass Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr sicher ist und das Erbgut schädigen kann. „Da wäre es natürlich wünschenswert, dass es auch für andere Zusatzstoffe aktuellere Ergebnisse gibt“, sagt Fischer.

Und natürlich komme es immer auch auf die Menge an, wenn es darum geht, ob eine Substanz gut verträglich ist. „Es sind zwar Grenzwerte festgelegt, aber es kann immer mal sein, dass jemand besonders empfindlich auf bestimmte Zusatzstoffe reagiert“, so die Lebensmittelexpertin. In Studien seien eine ganze Reihe von Gesundheitsschäden in Zusammenhang mit einem starken Konsum hoch verarbeiteter Lebensmittel beobachtet worden.

Tatsächlich kam zum Beispiel eine Untersuchung aus dem vergangenen Jahr zu dem Schluss, dass in Brasilien im Jahr 2019 rund 10 Prozent der vorzeitigen und vermeidbaren Todesfälle in Zusammenhang mit dem Konsum hoch verarbeiteter Lebensmittel standen. Dafür hatten Forschende geschätzt und modelliert, wie sich der Konsum der enthaltenen ungesunden Inhaltsstoffe wie Natrium, Zucker oder Transfetten auf die Lebenserwartung auswirkt.

Eher dement durch schlechte Ernährung

In einer anderen Studie wurde festgestellt, dass der Konsum hoch verarbeiteter Lebensmittel das Risiko für eine Demenzerkrankung erhöhen könnte. So sank die Hirnleistung bei 10.000 brasilianischen Staatsangestellten im Alter um fast 30 Prozent schneller, wenn diese in den Jahren zuvor viele hoch verarbeitete Lebensmittel gegessen hatten.

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Eine weitere Untersuchung hat gezeigt, dass ein um 10 Prozent höherer Konsum solcher Lebensmittel innerhalb von dreieinhalb Jahren das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, um 25 Prozent erhöht.

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Anfang dieses Jahres waren die Ergebnisse einer der bisher größten Beobachtungsstudien veröffentlicht worden: Ihr zufolge ging ein um 10 Prozent höherer Anteil von hoch verarbeiteten Lebensmitteln und zuckerhaltigen Softdrinks an der Ernährung einher mit einem um 2 Prozent höheren Krebsrisiko und einer um 6 Prozent höheren Krebssterblichkeit.

Nova-Score klärt über Verarbeitungsgrad auf

Wie aber lassen sich besonders schädliche hoch verarbeitete Lebensmittel beim Einkauf im Supermarkt am besten erkennen?

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Die Lebensmittelampel Nutri-Score berücksichtigt bisher nicht den Verarbeitungsgrad oder den Gehalt an künstlichen Zusatzstoffen eines Lebensmittels. Der brasilianische Ernährungsexperte Carlos Monteiro hat daher ein Stufensystem für den Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln entworfen, den sogenannten Nova-Score.

Einen Nova-Score von eins haben nahezu naturbelassene Lebensmittel wie Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch, Eier oder Milch. Einen Score von zwei gibt es für Nahrungsmittel, die aus natürlichen Lebensmitteln gewonnen wurden und bei der alltäglichen Zubereitung von Essen verwendet werden wie Öl, Mehl, Salz oder Zucker. Einen Score von drei haben Lebensmittel, die eingelegt, konserviert oder fermentiert wurden, aber nur wenige Zutaten enthalten wie Räucherfisch, saure Gurken oder Tomaten aus der Dose.

Ein Nova-Score von vier besagt, dass es sich um hoch verarbeitete Lebensmittel handelt, die viele Zutaten und Zusatzstoffe enthalten, wie Tiefkühlpizza, Chips, Softdrinks oder Tütensuppen. Auf der Plattform Openfoodfacts ist für viele Lebensmittel neben dem Nutri-Score auch der Nova-Score aufgeführt.

Ein Blick auf die Zutatenliste hilft

Fischer von der Verbraucherzentrale Hamburg hält es nicht für notwendig, eine weitere Kennzeichnung einzuführen, da verschiedene Systeme für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu kompliziert werden könnten.

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Der Nutri-Score müsse aber regelmäßig überarbeitet und angepasst werden, sagt sie. Gut sei, dass es künftig für den Zusatz von Süßstoffen eine negative Bewertung beim Nutri-Score gibt, denn diese könnten negative Auswirkungen wie zum Beispiel einen appetitfördernden Effekt haben.

Eine einfache Faustregel sei immer noch, dass Lebensmittel mit einer besonders langen Liste an Zutaten und Zusatzstoffen meist stark verarbeitet wurden. Außerdem rät Fischer, stets den Gehalt an Zucker, Salz und Kalorien zu prüfen. Hoch verarbeitete Lebensmittel sollten nicht die Basis der Ernährung ausmachen, sagt sie.

Für Allergiker gehört das Studieren von Zutatenlisten zum Einkauf dazu.

Je länger die Zutatenliste ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um ein hoch verarbeitetes Produkt handelt.

Es sei aber nicht schlimm, gelegentlich darauf zurückzugreifen, wenn es „einmal schnell gehen soll“. Dabei lautet ihr Tipp, frische Zutaten zu ergänzen, also zum Beispiel eine Fertigpizza mit Paprika aufzuwerten oder zu einem Dosengericht gesunde Rohkost zu servieren. Der Nährwert der gesamten Mahlzeit lässt sich so schnell und ohne großen Aufwand verbessern.

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