Höllenhund – oder doch eher Schoßhündchen?
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Ein Mitarbeiter führt in einem Abstrichzentrum einen Test auf das Coronavirus durch.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild
Liebe Leserinnen und Leser,
Sie können mich für verrückt halten, aber ich finde das Coronavirus noch immer faszinierend – mal abgesehen davon, dass es eine große Bedrohung für die Gesundheit ist. Ich meine, wir reden von einem nanometergroßen Virus, für das menschliche Auge überhaupt nicht sichtbar, das es schafft, die ganze Welt durcheinanderzubringen. Und immer, wenn man denkt, jetzt ist es unter Kontrolle, gelingt es ihm, durch eine noch so kleine Lücke zu entkommen. Von dieser Anpassungsfähigkeit können wir Menschen noch etwas lernen.
Ein Gewirr aus Punkten
Das Coronavirus ist und bleibt ein Verwandlungskünstler. Inzwischen steckt es schon wieder im nächsten Kostüm, hat sein Äußeres verändert, um noch besser die Armee des Immunsystems zu täuschen, sich unerkannt im menschlichen Körper zu vermehren. Einen überschaubaren Stammbaum des Virus gibt es nicht mehr. Er ist nur noch ein Gewirr aus unzähligen aneinandergereihten Punkten. Jeder steht für eine neu entdeckte Variante.
Welche davon Deutschland im Winter heimsuchen könnte, ist übrigens noch immer unklar. Es gibt aber einen hoch gehandelten Kandidaten: BQ.1, ebenfalls eine Omikron-Variante mit dem irreführenden Spitznamen Höllenhund-Variante. Was über diese Corona-Version inzwischen bekannt ist, lesen Sie in unserer Rubrik „Was kommt“.
Bleiben Sie zuversichtlich!
Ihre Laura Beigel
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Was wichtig war
Zwei Studien aus den USA haben in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die neuen angepassten Corona-Impfstoffe gegen die Omikron-Subtypen BA.4/BA.5 nicht wesentlich wirksamer sind als die bisher genutzten Vakzine. Doch Fachleute reagieren zurückhaltend: „Ich würde beide Studien im Moment noch nicht überbewerten“, sagte etwa Carsten Watzl, Immunologe an der TU Dortmund.
Schließlich haben die Untersuchungen einige Schwachstellen: In beiden gab es nur wenige Teilnehmende, darunter kaum Risikopersonen wie Ältere oder Immungeschwächte, für die die Omikron-Booster vorrangig empfohlen sind. Zudem wurden die Tests drei bis fünf Wochen nach der Auffrischungsimpfung durchgeführt. Die Bildung und Ausreifung von Antikörpern gegen neue Virusvarianten dauere jedoch länger und könne sich noch verbessern, erklärte Impfstoffforscher Leif Erik Sander von der Berliner Charité. „Somit bleibt weiter abzuwarten, wie der immunologische Effekt und letztendlich auch die Schutzwirkung der adaptierten Impfstoffe ausfällt.“
Inzwischen sind noch zwei weitere Studien erschienen. Zumindest eine davon konnte verstärkte neutralisierende Antikörperreaktionen durch den Omikron-Booster nachweisen. Allerdings hat auch diese Arbeit Einschränkungen. Zum Beispiel ist die Teilnehmendenzahl wieder nur sehr gering. Für alle Studien gilt: Sie müssen noch von unabhängigen Fachleuten überprüft werden.
Alltagswissen
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Kleinkinder und Babys könnten ebenfalls von einer Corona-Impfung profitieren, ist die Europäische Arzneimittelbehörde überzeugt.
© Quelle: Fabian Sommer/dpa
Auch für Kinder ab sechs Monaten sollen bald die Corona-Impfstoffe zur Verfügung stehen. Die EU-Kommission hat auf Anraten der Europäischen Arzneimittelbehörde Ema eine entsprechende Zulassung erteilt. Doch ist es sinnvoll, Kleinkinder und Babys gegen Covid-19 zu impfen?
In den jüngeren Altersgruppen ist das Risiko, schwer zu erkranken, generell geringer als bei Erwachsenen. Die Virusvariante Omikron hat dafür gesorgt, dass die Krankheitslast noch einmal zurückgegangen ist. Auch Long Covid und das Entzündungssyndrom PIMS, das bei Jüngeren nach einer Corona-Infektion auftreten kann, sind seltener geworden. Jakob Maske, Bundespressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, rät, die Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission abzuwarten. „Zurzeit werden wir ohne Empfehlung keine Impfung durchführen“, sagte er dem RND.
Gut gesagt
Natürlich könnte man auch sagen, es handelt sich mittlerweile um eine endemische Virusinfektion, und die wird uns erhalten bleiben über die Generationen.
Thomas Mertens,
Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko), hält die Corona-Pandemie für beendet
Forschungsfortschritt
Inaktivierte Corona-Impfstoffe können sich auf den Erfolg einer künstlichen Befruchtung auswirken. Das legt eine neue Studie aus China nahe. Die Forschenden hatten Patientinnen einer Kinderwunschklinik untersucht, die 30 Tage oder weniger oder zwischen 30 und 60 Tagen vor einer In-vitro-Fertilisation mit einem inaktivierten Corona-Impfstoff geimpft wurden. Sie wiesen signifikant niedrigere Schwangerschaftsraten auf als Patientinnen, die sich 91 Tage oder mehr nach der Corona-Impfung einer künstlichen Befruchtung unterzogen.
Das Forschendenteam schlussfolgert daraus, dass eine Kinderwunschbehandlung frühestens 60 Tage nach der Corona-Impfung begonnen werden sollte. Das gilt aber nur für Impfungen mit inaktivierten Vakzinen wie den Wirkstoffen von Sinopharm und Sinovac. mRNA-Impfstoffe wie die von Biontech/Pfizer und Moderna, die milliardenfach verimpft wurden, haben keine negativen Folgen für künstliche Befruchtungen, wie internationale Studien zeigen.
Pandemie im Ausland
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Medizinisches Personal versorgt Corona-Erkrankte auf einer Intensivstation im Sant'Orsola Malpighi Krankenhaus in Bergamo (Italien). Eine Impfpflicht gibt es in der Einrichtung nun nicht mehr.
© Quelle: Massimo Paolone/dpa
Italien hat die Corona-Impfpflicht in Krankenhäusern und Pflegeheimen abgeschafft. Damit könnten nun rund 4000 Mitarbeitende, die nicht gegen Covid-19 geimpft sind, wieder in den Einrichtungen arbeiten, hatte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am Montag erklärt. Eigentlich hätte die Maßnahme noch bis Ende des Jahres gegolten. Masken müssen Beschäftigte aber weiterhin tragen.
Auch Deutschland diskutiert über ein Ende der Corona-Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegewesen. Am 1. Januar 2023 tritt die Maßnahme offiziell außer Kraft. Wie es danach weitergeht, ist noch unklar. Doch was hat die Impfpflicht bisher überhaupt gebracht? Wir haben uns in der Ärzteschaft und in der Politik einmal umgehört. Die dabei entstandene Zwischenbilanz lesen Sie hier.
Was kommt
Die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC ist überzeugt: Ab Mitte November beziehungsweise Anfang Dezember wird die Omikron-Variante BQ.1 das Infektionsgeschehen in der EU dominieren. Sie ist verwandt mit den aktuell vorherrschenden Omikron-Subtypen BA.5 und wird auch als Höllenhund-Variante bezeichnet.
Ihr Spitzname ist jedoch irreführend. Denn bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass BQ.1 wieder schwerer krankmacht. Dafür scheint sie aber noch einmal immunflüchtiger und übertragbarer zu sein als alle bisherige Virusvarianten, was dafür spricht, dass sie eine weitere Infektionswelle auslösen könnte. Zudem scheint sie mit einer veränderten Symptomatik einherzugehen: Es würden eher Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auftreten, sagte Stephan Ott vom Gesundheitsamt des Kreises Rendsburg-Eckernförde den „Kieler Nachrichten“.
Noch gibt es nur wenige BQ.1-Fälle in Deutschland. In der 41. Kalenderwoche (10. bis 16. Oktober) verzeichnete das Robert Koch-Institut 81 Nachweise von BQ.1 und 93 Nachweise von BQ.1.1., einer Unterlinie der Virusvariante. Expertinnen und Experten sind optimistisch, dass die Impfstoffe gegen beide Corona-Versionen helfen werden.
Gesundes Zusatzwissen
Parkinson kann man riechen. Moschusartig sei der Geruch, berichtete Joy Milne. Die Schottin hat einen extrem empfindlichen Geruchssinn, auch als Hyperosmie bekannt. Erstmals wahrgenommen hatte sie den Geruch bei ihrem Mann, der Jahre später die Diagnose Parkinson erhielt. Milne hatte die Krankheit gerochen, noch bevor überhaupt Symptome aufgetreten waren. Inzwischen arbeitet sie mit Forschenden zusammen, die neue Tests zur Früherkennung von Parkinson entwickeln.
Einer dieser Tests ist ein Hautabstrich, der Hinweise zur Zusammensetzung des Hauttalgs liefert. Im Talg von Parkinsonerkrankten fanden die Forschenden ein typisches Muster an Fetten, das sich während des Krankheitsverlaufs zu verändern schien. Die Zusammensetzung könnte für den Parkinsongeruch verantwortlich sein. Eingesetzt werden kann der Test aber noch nicht. Dafür ist er noch zu ungenau.
Was das Leben leichter macht
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In der Küche gibt es viele Stellen, an denen sich Strom sparen lässt.
© Quelle: Christin Klose/dpa-tmn
Gerade in der Küche lässt sich in Zeiten der Energiekrise viel Strom sparen. Zum Beispiel, indem man darauf verzichtet, den Ofen vorzuheizen. Auch Wasser mit dem Wasserkocher statt auf der Herdplatte aufzukochen drosselt den Stromzähler. Weitere Tipps hat meine Kollegin Heidi Becker zusammengetragen. Sie liefert auch gleich noch drei leckere Rezepte, die sich eignen, um energieeffizient zu kochen.
Was sonst noch wichtig ist
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Menschen aus Seoul gedenken den Verstorbenen des Massengedränges, das sich an Halloween in der Stadt ereignete.
© Quelle: IMAGO/NurPhoto
An Halloween ist es in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul zu einem Massengedränge gekommen. Dabei sind nach Angaben der Behörden 156 Menschen ums Leben gekommen, 157 wurden verletzt. „Zum Glück sind solche Katastrophen selten, aber das Problem ist, dass viele kein Gespür dafür haben, dass eine Menschenmasse gefährlich werden kann“, sagte Mehdi Moussaïd vom Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung im Gespräch mit meinem Kollegen Ben Kendal. (+) Deshalb sei es wichtig, die Menschen über die Gefahren von großen Menschenmassen aufzuklären. Im RND-Interview gibt Moussaïd Tipps, wie man seine Überlebenschancen bei einem Massengedränge erhöhen kann.
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