Infektion statt Impfung? Warum das auch bei Omikron eine schlechte Idee ist

Eine Frau macht einen Corona-Test: Die Zahl der Infizierten in Deutschland dürfte in den kommenden Wochen noch einmal steigen.

Eine Frau macht einen Corona-Test: Die Zahl der Infizierten in Deutschland dürfte in den kommenden Wochen noch einmal steigen.

„Omikron soll wie eine Erkältung sein. Wozu die Panikmache?“, „Wenn doch die Verläufe milder verlaufen, also ähnlich wie ein Schnupfen, dann könnten wir Omikron durchlaufen lassen wie in Südafrika“, „Wer hat Angst vor Omikron? – Niemand!“

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Solche und ähnliche Aussagen finden sich derzeit zuhauf in den sozialen Netzwerken. Die Corona-Variante Omikron wird als harmlos beschrieben. Als ein einfaches Erkältungsvirus, bei dem es kein Problem ist, wenn man sich infiziert.

Das ist falsch. Egal, ob ungeimpft, genesen, vollständig geimpft oder geboostert – eine Infektion mit dem Coronavirus sollte weiterhin nicht unterschätzt werden.

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Krankheitsschwere bei Omikron: Mild heißt nicht harmlos

Zunächst einmal muss festgehalten werden: Daten aus Südafrika, Großbritannien, Dänemark und den USA legen tatsächlich nahe, dass die Krankheitsschwere bei Omikron reduziert ist. Das heißt, Infizierte müssen seltener im Krankenhaus behandelt werden. Omikron sorgt also für mildere Krankheitsverläufe als noch der Virusvariantenvorgänger Delta. Das ist die gute Nachricht.

Doch was bedeutet eigentlich ein milder Krankheitsverlauf genau? Dieser Ausdruck suggeriere, „das sei irgendwas Positives, wie milde Temperaturen“, sagte Melanie Brinkmann, Virologin vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „maybrit illner“. Dabei muss milde nicht unbedingt harmlos bedeuten. Eine Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf hatte etwa gezeigt, dass auch eine milde bis moderate Covid-19-Erkrankung die Funktionen von Herz, Lunge und Nieren mittelfristig beeinträchtigen kann. „Es ist immer noch ein Virus, was sehr schwer krank machen kann“, stellte Brinkmann klar.

Für Ungeimpfte ist Omikron fast genauso gefährlich wie Delta

Die Krankheitsschwere von Omikron hängt zudem von der Immunität ab. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, verwies Anfang Januar auf Daten aus Großbritannien. Diese verdeutlichen, dass Omikron für Geimpfte 60 bis 70 Prozent harmloser ist als Delta. Sie können sich zwar mit der Virusvariante infizieren, weil diese die aufgebauten Immunantworten teilweise umgehen kann, aber sie bleiben weiterhin gut geschützt vor einem schweren Krankheitsverlauf. „Für Ungeimpfte ist Omikron aber fast genauso gefährlich wie Delta (nur circa 20 Prozent harmloser)“, schrieb Watzl auf Twitter.

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Das heißt, Omikron dürfte vor allem für Ungeimpfte zum Problem werden. Das Robert Koch-Institut (RKI) stuft das Risiko, dass sich nicht geimpfte Menschen mit dem Coronavirus infizieren, aktuell als „sehr hoch“ ein. Rund ein Viertel der Deutschen ist noch nicht gegen Covid-19 immunisiert, das sind rund 20,9 Millionen Menschen. „Wir haben zu viele ungeimpfte Leute in Deutschland, gerade auch über 60″, kritisierte Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, Ende Dezember vergangenen Jahres im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. „Und die sind natürlich richtig in Gefahr.“

Diese Impflücke macht es gleichermaßen schwierig, die internationalen Daten zur Krankheitsschwere von Omikron, auf Deutschland zu übertragen. Denn in Ländern wie Großbritannien und den USA ist die Impfkampagne schon weiter vorangeschritten. Das heißt, mehr Menschen haben bereits einen Schutz gegen das Coronavirus erworben.

Risiko von Long Covid lässt sich nicht einschätzen

Virologin Brinkmann spricht zudem noch von „ganz, ganz vielen Fragezeichen“, die es im Hinblick auf Omikron gibt. Zum einen ist unklar, wie Risikopersonen, etwa immunsupprimierte Menschen, und Kinder – vor allem die unter Fünfjährigen, die bisher nicht gegen Covid-19 geimpft werden können – auf eine Infektion mit der Virusvariante reagieren. Auch die Spätfolgen einer Corona-Infektion, besser bekannt als Long Covid oder Post-Covid-Syndrom, sind noch weitgehend unerforscht. Verursacht Omikron häufiger Symptome, die noch Monate nach überstandener Infektion bestehen bleiben? Wenn ja, welche sind es, wie stark sind sie ausgeprägt und wie lange halten sie an?

Zu diesen Fragen gibt es eben noch keine Antworten. Das genaue Ausmaß beziehungsweise die Folgen einer Omikron-Ansteckung lassen sich bisher nicht genau beurteilen.

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Sich nun unvorsichtig zu verhalten und eine Infektion mit der Omikron-Variante bewusst zu riskieren, ist also keine gute Idee. Auch wenn eine Infektion durchaus für eine Immunität sorgen kann. Denn auf jeden Kontakt mit dem Coronavirus reagiert das menschliche Immunsystem mit der Bildung von Antikörpern, die einen vorübergehenden Schutz vor Reinfektionen aufbauen. Wie hoch dieser Schutz sein muss, um eine erneute Ansteckung zu verhindern, ist aber ein weiteres Fragezeichen im Omikron-Rätsel. Zumal die Immunantworten bei jedem Genesenen unterschiedlich stark ausfallen können.

Infektionen belasten Gesundheitssystem

Neben dem individuellen Risiko, gegebenenfalls schwer zu erkranken und Spätfolgen zu entwickeln, können Infektionen mit Omikron auch gesellschaftlichen Schaden anrichten.

„Selbst wenn Infektionen durch Omikron insgesamt milder verlaufen: Durch die Masse an Infektionen müssen wir uns leider darauf einstellen, dass auch die Zahl der Hospitalisierung und Todesfälle wieder steigen wird“, erklärte RKI-Chef Lothar Wieler am Freitag bei der Bundespressekonferenz in Berlin. Was meint er damit? Dadurch, dass Omikron deutlich ansteckender ist als Delta, werden sich viele Menschen auch ungewollt mit der Virusvariante infizieren. Nicht bei allen wird die Ansteckung ohne Symptome verlaufen; es wird auch schwere Verläufe geben, die im Krankenhaus behandelt werden müssen. Für die Kliniken bedeutet das eine zusätzliche Belastung.

Die Mittel gegen Omikron: Impfen und Infektionen vermeiden

„Wir rechnen schon bald mit vielen Omikron-Patienten, die einen höheren Aufwand in den Krankenhäusern erfordern“, sagte Susanne Johna, Vorsitzende des Ärzteverbands Marburger Bund, vor wenigen Tagen im RND-Interview. „Sie müssen isoliert werden, brauchen zum Teil Sauerstoff und das Personal muss Schutzkleidung anziehen. Es entsteht ein erheblicher zusätzlicher logistischer Aufwand.“

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Der Expertenrat der Bundesregierung warnt in seinen Stellungnahmen vor einem weiteren Worst-Case-Szenario: Die Omikron-Welle könnte die kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser oder Rettungsdienste lahmlegen, weil sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeitgleich infizieren und isolieren müssen. Diese Ausnahmesituation ist etwa in Großbritannien eingetreten.

Dass die Kliniken jetzt nicht unnötig belastet werden, kann von jeder Bürgerin und jedem Bürger mit beeinflusst werden. Zum einen indem sie sich gegen Covid-19 impfen lassen und sich so vor schweren Erkrankungen schützen, und zum anderen, indem sie Infektionen vermeiden. Das heißt: Die AHA+L-Regel (Abstand, Hygiene, Alltag mit Maske und Lüften) einhalten, Kontakte reduzieren, Abstandsregelungen wahren und bei coronatypischen Symptomen zu Hause bleiben. „Jede Infektion, die wir verhindern, trägt zur Bewältigung der Welle bei, und auch dazu, das Gesundheitssystem zu entlasten“, machte RKI-Chef Wieler deutlich.

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