Inzidenz sinkt erstmals seit Dezember: Ist das endlich das Ende der Omikron-Welle?
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Ist die Omikron-Variante jetzt gebrochen? (Symbolbild).
© Quelle: dpa | Tom Weller
Berlin. Erstmals seit Ende Dezember ist die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz gesunken. Sie liegt am Sonntag bei 1466,5, wie aus vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichten Daten hervorgeht. Am Samstag gab die Behörde die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie Woche noch mit 1474,3 an. „Der Verlauf dieser Omikron-Welle scheitelt jetzt und wir rechnen damit, dass dann die nächsten Tage das Maximum erreicht ist“, sagte der Physiker und Corona-Modellierer Dirk Brockmann am Freitag.
Doch ob das Plateau der Omikron-Welle tatsächlich schon erreicht ist, lässt sich momentan nur schwer beurteilen. Das liegt an einer Vielzahl von Faktoren, die das RKI auch in seinem aktuellen Wochenbericht aufgreift.
Gesundheitsämter und Labore am Limit
Vielerorts sind die Gesundheitsämter überlastet. Sie schaffen es nicht mehr, jede Corona-Neuinfektion fristgerecht zu erfassen und zu melden. Außerdem muss auch immer die Dunkelziffer der Menschen bedacht werden, die erkranken, aber sich nicht testen lassen. Die Auslastung der Labore in Deutschland liegt bei 93 Prozent, wie der Laborverband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) in einer Pressemitteilung mitteilte. Bei sehr hohen Inzidenzen sei es aber auch weder möglich noch notwendig, jeden Einzelfall im Meldesystem zu erfassen, so das RKI.
Um die aktuelle Lage zu bewerten, rücke die Entwicklung der Anzahl und die Schwere der Erkrankungen stärker in den Vordergrund. Die Auswertung weiterer Surveillance-Systeme ermögliche „eine zuverlässige Einschätzung der Gesamtentwicklung der epidemiologischen Situation von Covid-19 in Deutschland“. Solche Systeme seien seit Jahren am RKI etabliert.
Sie zeigten etwa, dass momentan deutlich mehr Menschen mit Atemwegserkrankungen zum Arzt oder zur Ärztin gingen. Außerdem steige die Hospitalisierungsinzidenz in allen Altersgruppen wieder, besonders bei den über 80-Jährigen, sowie in den jüngeren Altersgruppen leicht.
Das heißt: In den Krankenhäusern werden etwas mehr Menschen mit einer laborbestätigten Covid-19-Erkrankung neu aufgenommen. „Unter dem aktuell sehr hohen Infektionsdruck während der Omikron-Welle wird der Anteil der Personen höher, bei denen die dringende stationäre oder intensivmedizinische Behandlung wegen einer Erkrankung notwendig ist, bei der die Sars-CoV-2-Infektion nicht unbedingt ursächlich oder allein maßgeblich ist“, erläutert das RKI.
Einen Notstand gibt es laut Corona-Expertenratsmitglied Christian Karagiannidis auf den Intensivstationen nicht. „Deltapatienten liegen in der Regel sehr lange auf den Intensivstationen, Omikron-Patienten offensichtlich kürzer“, erklärt der Leiter des Divi-Intensivregisters gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Betten seien also schneller wieder frei.
Neuer Omikron-Subtyp BA.2
In Deutschland dominiert die Omikron-Variante des Coronavirus, insbesondere zwei Sublinien der Variante: BA.1 und BA.2. Erste Studien aus Dänemark und Großbritannien weisen darauf hin, dass BA.2 gegenüber BA.1 leichter übertragbar sei.
Genau diese erhöhte Übertragbarkeit ist der Knackpunkt. „Möglicherweise sorgt BA.2 noch einmal für eine Verlängerung der Welle – das lässt sich jetzt noch nicht absehen“, sagt Karagiannidis.
In Deutschland liegt der Anteil von BA.2 bei 8,1 Prozent. Den Hauptteil der Infektionen (89,6 Prozent) verursacht BA.1. Die Delta-Variante (Anteil von 2 Prozent) wurde nahezu vollkommen verdrängt. Diese Angaben beziehen sich auf die Woche vom 24. bis zum 30. Januar (Kalenderwoche 4) und sind die aktuellsten vom RKI veröffentlichten Zahlen.
„International wird beobachtet, dass der Anteil von BA.2 gegenüber BA.1 in Deutschland und verschiedenen Ländern kontinuierlich wächst, so besonders in Dänemark, wo die Sublinie BA.2 den größten Anteil an allen Sequenzen ausmacht“, informiert das RKI. Diese Beobachtungen aus Dänemark zeigen: Auch in Deutschland könnte es passieren, dass BA.2 die anderen Varianten verdrängt – und durch die möglicherweise erhöhte Übertragbarkeit mehr Menschen infiziert.
Priorisierung von PCR-Tests
Noch immer haben alle Menschen in Deutschland einen Anspruch auf einen kostenlosen PCR-Test, wenn der Antigenschnelltest ein positives Ergebnis zeigt. Weil die Testkapazitäten aber nicht unendlich sind und die Inzidenzen durch die Omikron-Variante stark steigen, werden nun Tests bestimmter Personengruppen priorisiert und vorrangig ausgewertet. Dazu zählen etwa Menschen mit einem erhöhten Risiko für eine schwere Erkrankung und medizinisches Personal.
Das heißt: Tests werden nicht unbedingt in der Reihenfolge abgearbeitet, in der sie im Labor ankommen – und manche Infektionen dementsprechend erst später ans RKI gemeldet. In der Woche vom 31. Januar bis 6. Februar (Kalenderwoche fünf) habe der Anteil der positiven Tests bei 44 Prozent gelegen, teilt das Institut mit.
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Infrastruktur und Omikron
Die Omikron-Variante des Coronavirus verbreitet sich schneller als die bisherigen Virusvarianten. Wenn viele Menschen erkranken, sich in Quarantäne oder Isolation begeben müssen, fallen sie als Arbeitskräfte aus. Insbesondere etwa im Gesundheitswesen, dem öffentlichen Nahverkehr, der Lebensmittelbranche oder im Energiesektor kann das problematisch werden.
Daran erinnert auch das RKI. „Aktuell kann eine mögliche hohe Belastung des Gesundheitssystems und gegebenenfalls weiterer Versorgungsbereiche durch weiter steigende Erkrankungszahlen noch nicht vollkommen ausgeschlossen werden“, lautet die aktuelle Einschätzung der Behörde.
Deutschlandweit unterschiedlich
In den Bundesländern variiert die Corona-Lage, wie das RKI im aktuellen Wochenbericht feststellt. In Schleswig-Holstein, Bremen und Berlin gingen die Fallzahlen zurück. Dort habe die fünfte Welle am frühesten begonnen. In ersten Großstädten wie Hamburg und Köln zeichne sich bereits ein Plateau ab, sagt Divi-Intensivregister-Chef Karagiannidis. „Das stimmt mich sehr optimistisch“.
In den einigen Bundesländern steigen die Inzidenzen laut RKI dagegen weiter. Besonders in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen seien wieder deutlich steigende Fallzahlen zu beobachten.