Kinderkrankheit

Neuer Impfstoff gegen RSV: ein wirksames Mittel gegen das Kindervirus?

Auch viele Kinder sind derzeit krank (Symbolfoto).

Krankheitswelle unter Kleinsten: Das RS-Virus sorgte im Dezember 2022 für Notstände in deutschen Kinderkliniken.

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Keuchender Atem, zäher Schleim, Luftnot: Der Respiratorische Synzytialvirus (RSV) kann sich wie eine leichte Erkältung äußern, doch vor allem bei Säuglingen unter sechs Monaten führt es oft zur Behandlung im Krankenhaus. Die Schleimhaut schwillt an in einer noch sehr kleinen Lunge.

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„Mit dem dritten Jahr hat jedes Kind mit dem RSV in irgendeiner Form Bekanntschaft gemacht“, sagt Professor Dr. Bernhard Resch, Stellvertretender Leiter der klinischen Abteilung für Neonatologie an der medizinischen Universität Graz in Österreich. Neonatologie befasst sich mit den Erkrankungen Neugeborener.

Droht eine RSV-Welle wie zuletzt 2022?

Im Dezember 2022 erlebten zahlreiche Kinderkliniken die schwerste RSV-Welle seit Jahren. „Wir behandelten 200 Patienten innerhalb von 24 Stunden, teilweise in den Gängen, da die Betten nicht ausgereicht haben“, erinnert sich Resch. Droht bald die nächste Welle?

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Im Moment seien nur vereinzelte RSV-Fälle zu verzeichnen, erklärt Professorin Dr. Folke Brinkmann von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH). Eine Welle wie im vergangenen Jahr erwartet sie nicht.

Das sind die neuen Impfstoffe gegen RSV

Wenn es tatsächlich eintritt, dass das Infektionsniveau wie vor der Corona-Pandemie erreicht wird, gilt: „Wir werden viele Infekte sehen. Daher ergibt es Sinn, die Risikogruppen zu schützen“, sagt Brinkmann. Und ergänzt: „Die Mittel, die wir dafür haben, sind nun mehr geworden.“ Gemeint sind damit „Abrysvo“ und „Arexvy“, die ersten Impfstoffe gegen RSV, die allgemein zugelassen sind.

„Bislang gab es keine spezifische Vorbeugung, sondern nur symptomatische Behandlung“, erklärt die Professorin. Hatte ein Kind mit zähem Nasenschleim zu kämpfen, bekam es Nasentropfen. Bei Atemnot wurde inhaliert und bei schwerer Luftknappheit erhielten die Patienten zusätzlichen Sauerstoff in der Klinik.

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So werden die Impfstoffe gegen RSV verabreicht

Ausnahmen waren die Behandlungen von Kindern mit schweren Herz- oder Lungenerkrankungen. Ein Impfstoff ermöglichte guten Schutz unter der Voraussetzung, dass – innerhalb der Saison von Herbst bis Frühjahr – alle vier Wochen eine Spritze verabreicht wurde.

Bei den neuen Impfstoffen verhält es sich anders. „Abrysvo“ wird maternal verabreicht: In der Schwangerschaft impft man die Mutter, die den Schutz über die Plazenta an das Kind weitergibt. „Der Nachwuchs ist dann für drei bis sechs Monate – die risikoreichste Zeit – geschützt“, erklärt Brinkmann. Bei Keuchhusten werde dieses Verfahren bereits lange erfolgreich angewendet.

Durch die Impfung der Mutter mit dem RSV-Impfstoff erhält das Kind drei bis sechs Monate Schutz.

Professorin Dr. Folke Brinkmann

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

Auch über 60-Jährige sind von RSV betroffen

Der zweite Impfstoff „Arexvy“ richtet sich an über 60-Jährige, nach den Babys und Kleinkindern die nächstgrößere betroffene Gruppe. Hier habe man eine mögliche Tendenz zu Frühgeburten feststellen können, die vielleicht mit dem Impfstoff in Verbindung steht. Eine Tendenz, die, so Brinkmann, bei dem Impfstoff für Mütter nicht bestehe.

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Professor Dr. Klaus Überla ist Direktor des Virologischen Instituts am Universitätsklinikum Erlangen und Sprecher der Stiko-Arbeitsgruppe zum Thema RSV. Er verweist auf die verschiedenen Lebenswirklichkeiten der Testpersonen: „Die Tendenz zur Frühgeburtlichkeit zeigte sich nur bei Menschen aus Ländern mit niedrigen und mittleren Löhnen.“ Bei den Testpersonen aus Europa sei dies nicht zu beobachten gewesen.

Impfung gegen RSV: Gibt es eine Empfehlung der Stiko?

Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt es bislang nicht. Als Mitglied des Gremiums kündigt Überla an: „Wir werden uns zu dem Antikörper äußern, aber nicht jetzt akut.“ In den USA, Spanien und Italien sei die Empfehlung zur Impfung derweil schon seit längerem erfolgt.

Nicht als Sprecher der Stiko, sondern persönlich könne auch Überla beide Impfstoffe empfehlen, zum Beispiel gemeinsam mit einer Grippeimpfung. Auch zur Corona-Impfung müsste kein zeitlicher Abstand gewahrt werden, so der Professor. Offen sei jedoch noch, ob die Krankenkassen die Kosten tragen.

Die Tendenz zur Frühgeburtlichkeit zeigte sich nur bei Menschen aus Ländern mit niedrigen und mittleren Löhnen.

Professor Dr. Klaus Überla

Universitätsklinikum Erlangen und Stiko-Sprecher Arbeitsgruppe RSV

Wird schon in der aktuellen Saison gegen RSV geimpft?

Was bedeutet das für die bevorstehende Virensaison? Die RSV-Welle beginnt meist zwischen Oktober und November, erreicht im Januar und Februar ihren Höhepunkt und klingt spätestens im April aus. „Der Impfstoff ist zugelassen und erhältlich, daher werden sicher auch die ersten schon geimpft werden“, sagt Professorin Brinkmann. Nur ob es flächendeckend erfolgt, sei unklar.

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Sie vermutet, dass die breite Anwendung wohl erst in der nächsten Welle erfolgt. Wichtig sei es vorher, ganz klar das Signal zu erhalten, dass für den maternalen Impfstoff keinerlei Gefährdung für Mutter und Kind bestehe, sagt die Klinikleiterin. Dann müsse dies auch entsprechend kommuniziert werden.

Welche Schutzmaßnahmen gegen RSV gibt es fernab einer Impfung?

Ihr österreichischer Kollege Professor Resch hat bereits den passenden Slogan: „Schützen Sie Ihr Kleines!“ Er verspricht sich von den Impfstoffen eine deutliche Entlastung der Hospitäler und Klinikbetten.

Auch fernab der Impfungen gebe es sinnvolle Schutzvorkehrungen, die vor einer Ansteckung helfen würden. „Regelmäßiges Händewaschen und zwei Meter Distanz sind hilfreich, da Tröpfcheninfektion hier keine so große Rolle spielt.“ Und natürlich: Maskentragen. Doch das sei, wie er betont, „leider zum politischen Stigma geworden“. Man möchte es kaum noch empfehlen.

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