Staatsanwältin fordert Lebenslang
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YB53NU6ET7GXVQCOTWBSG7JEVE.jpg)
Der 34-jährige Angeklagte (l) aus Pakistan steht bei Prozessbeginn in einem Gerichtssaal im Strafjustizgebäude hinter seinen Anwälten Annika Hirsch (r) und Arne Timmermann und verdeckt sein Gesicht.
© Quelle: dpa
Hamburg. Damit könnte der Pakistaner nicht nach 15 Jahren vorzeitig freikommen. "Wir haben ein sehr hohes Maß an Brutalität, das durch die nahezu vollständige Abtrennung des Kopfes durch drei bis vier Schnitte und die Durchtrennung der Halswirbelsäule deutlich wird", sagte die Staatsanwältin.
Die Verteidigung beantragte, ihren Mandanten wegen Totschlags bei verminderter Schuldfähigkeit zu sieben Jahren Haft zu verurteilen. Bereits zum Prozessauftakt hatte der 34-Jährige gestanden, seine Tochter Ayesha am 23. Oktober 2017 getötet zu haben. Das Urteil wollte die Große Strafkammer noch am Mittwoch verkünden.
Der Angeklagte ist ein abgelehnter Asylbewerber. Nach Angaben der Hamburger Ausländerbehörde hatte er Ende 2011 in Hessen Asyl beantragt. Anfang 2012 wurde der Antrag abgelehnt. Im Juli 2012 war der Mann ausreisepflichtig, wurde aber weiter geduldet. Er lernte später seine Frau kennen, die er nach islamischem Recht heiratete.
Niedere Beweggründe
Das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe sei erfüllt, sagte die Staatsanwältin. Der Angeklagte habe sich an seiner pakistanischen Frau, die ihn wegen Misshandlungen bei der Polizei angezeigt hatte, rächen wollen. "Der Angeklagte wollte die Mutter seiner Tochter bestrafen, indem er ihr das nahm, was sie so sehr liebte."
Die Staatsanwältin sah auch fünf weitere Anklagevorwürfe bestätigt. Demnach habe der Angeklagte schon im September 2016 den fünfjährigen Sohn der Frau aus erster Ehe gewürgt. Im Oktober 2016 habe er seine Lebensgefährtin mit mehreren wuchtigen Faustschlägen in den Rücken traktiert. Im Februar 2017 würgte er die Frau eine Minute lang, bis sie blau anlief und mehrere Tage Schmerzen beim Schlucken und Sprechen hatte. Anfang Oktober habe er Ayesha in Gegenwart von Mutter und Sohn ein Messer an den Hals gehalten und gedroht, das Mädchen zu töten.
Am eigentlichen Tattag sei der Angeklagte von einer Beratung bei einem Rechtsanwalt gekommen. Er habe seine damals 32 Jahre alte Lebensgefährtin erneut aufgefordert, die Strafanzeige zurückzunehmen. Außerdem habe sie zustimmen sollen, dass er Ayesha mit nach Pakistan nehmen dürfe. Als er drohte, die Frau und ihren Sohn umzubringen, sei diese mit dem Jungen zu ihren in der Nähe wohnenden Eltern gegangen. Dann habe sie eine Polizeiwache aufgesucht. Die Beamten fuhren zur Wohnung und fanden das tote Mädchen.
Festnahme in San Sébastian
Der Vater war bereits geflüchtet. Er wurde wenige Tage später nahe der spanischen Stadt San Sebastián festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert. Auf seinem Handy fanden die Ermittler eine App, die sämtliche Telefongespräche aufzeichnete. So konnten sich die Prozessbeteiligten ein umfassendes Bild vom Angeklagten machen.
Die Mutter habe nicht für möglich gehalten, dass ihr Mann seiner Tochter, mit der er sonst liebevoll umgegangen sei, so etwas antue, erklärte Anwältin Angela Mohrmann-Krützfeld als Nebenklagevertreterin. Die von den Eltern der Frau arrangierte Ehe sei nur wenige Monate glücklich gewesen. «Der 23. Oktober 2017 ist das grausige Finale eines von dem Angeklagten ohne jeden Grund angezettelten Machtkampfes», sagte Mohrmann-Krützfeld.
Für den Angeklagten sei an dem Tag innerhalb von Sekunden eine Welt zusammengebrochen, erklärte dagegen sein Verteidiger Arne Timmermann. Sein Mandant habe sich Hoffnungen gemacht, mit der Tochter nach Pakistan zurückgehen zu können. Als er am Telefon erfuhr, dass die Mutter nicht zustimmen würde, sei er verzweifelt gewesen und habe sich in einer ausweglosen Situation gefühlt. Das Motiv für die Tat sei mit dem eines gescheiterten erweiterten Suizids vergleichbar, sagte der Anwalt.
Von dpa