Da erzitterte der Dschungel – heute vor 90 Jahren erklang erstmals der Tarzan-Schrei
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Wenn wer angreift – einfach gellend schreien: Johnny Weissmüller und Maureen O’Sullivan bei ihrem ersten Auftritt als Tarzan und Jane in „Tarzan, der Affenmensch“. Heute (25. März) vor 90 Jahren hatte der erste „Tarzan“-Tonfilm in New York Premiere.
© Quelle: picture alliance / United Archives
Werden die Oscars vergeben, dann können sich die Schwarzeneggers und Jean-Claude van Dammes, die Dwayne Johnsons und Jason Stathams in der Regel in aller Ruhe zurücklehnen. Gibt eh keinen für sie. Sie machen Kasse mit ihren Actionfilmen, keine preiswürdige Kunst. Sie brauchen entsprechend keine großen Reden vorzubereiten, obwohl sie ihre Lieben und ihre Helfer auch mal gern gewürdigt und ihnen mit dem begehrten Goldkerl zugewunken hätten.
Als Tarzan startete Johnny Weissmüller seine Filmkarriere
Das war schon immer so, auch in Hollywoods goldenen Tagen: „Ich saß 17 Jahre auf dem Baum“, sagte Johnny Weißmüller, als man ihn danach fragte, wie er sich dabei fühle, von der Academy immer übergangen worden zu sein. „Ich sah sie kommen und gehen.“ In der Tat: Während mancher Oscarerringer schnell vergessen war, garantierte die Figur des Tarzan dem gebürtigen Banatschwaben immerhin ein festes und fürstliches Auskommen. Von 1932 bis 1948 war er in zwölf Filmen der ungekrönte König des Dschungels.
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Heute (25. März) vor 90 Jahren verkörperte Weissmüller in „Tarzan, der Affenmensch“ zum ersten Mal den in der Wildnis von Affen aufgezogenen Lord Greystoke. Zuvor hatte es zwar schon Stummfilm-Tarzane gegeben – bereits sechs Jahre, nachdem 1912 die erste Geschichte im Pulpheft „All-Story Magazine“ erschienen war, gab es die ersten Kinoauftritte von Edgar Rice Burroughs‘ Allesbezwinger. Aber Weissmüller, der erste Tonfilm-„Tarzan“, hatte ein Plus – er ließ den legendären Schrei hören. Bei dem selbst Löwe und Leopard das Blut in den Adern gefror.
Ein armer Banatschwabe wird Amerikas Supersportler
Weissmüller stammte aus Freidorf, das war ein weitgehend deutsches Dorf (eine habsburgische Ansiedlung aus dem 18. Jahrhundert) in Ungarn in der Nähe von Temeswar. Die Mutter arbeitete in einer Tabakfabrik, der Vater war Tagelöhner. Mehr Zukunft verhieß Amerika, die Familie wanderte im Januar 1905 – ein halbes Jahr nach der Geburt von Hans Weissmüller (im Taufregister als Janos vermerkt), dem späteren Johnny – über Rotterdam aus. Das Geld kam von einem Familienmitglied, das schon zuvor nach Pennsylvania übersiedelt war.
Die Familienverhältnisse in Chicago waren prekär, der Vater verließ die Familie, der Sohn lebte zeitweilig auf der Straße und hatte einige Gesundheitsprobleme. Der Tipp, sich durch Schwimmen zu stärken, kam von einem Arzt. Der Rest ist Sportgeschichte: Johnny Weissmüller war der erste Mensch, der die 100 Meter unter einer Minute schwamm. Er stellte mindestens 51 Weltrekorde im Wasser auf – nicht alle Rekordprotokolle reichte er ein. Bei den Olympischen Spielen 1924 in Paris und 1928 in Amsterdam holte er fünf Goldmedaillen. 1924 gab’s dazu Bronze für Wasserball. Schwächlicher Einwandererjunge wird Held der Nation. Die alte Tellerwäschergeschichte.
Weissmüller war der erste Sportstar in Hollywood
Und Hollywoodlegende. Weissmüller war dann auch der erste Sportler, der in Hollywood durchstartete. Ähnlich wie später bei Schwarzenegger und dessen Rollen von „Conan“ und „Terminator“ reichte dafür ein Brockenenglisch – wer von Affen aufgepäppelt wurde, der drückt sich eben nicht erlesen aus. Der Vorstellungsdialog mit seiner späteren Liebsten Jane lautete: „Jane. Tarzan. Jane. Tarzan.“
Und nicht etwa „Ich Tarzan. Du Jane.“ Diesen immer wieder zitierten Satz sprach Weissmüller nur einmal – bei einem Gastauftritt in „The Phynx“ (1970). In diesem von der Zeit zu Recht verschluckten Stück Trashkino geht es allerdings nicht um halbnacktes Herumgeschwinge an Studiolianen unter Einbeziehung afrikanischer Fauna, sondern um eine Rockband namens The Phynx, die auf Tour nach Albanien geschickt wurde, um in einem abgelegenen Schloss als Geiseln gehaltene US-Showstars zu finden, die von kommunistischen Feinden Amerikas gefangen gehalten wurden. Unter den zu Befreienden waren auch Johnny Weissmüller und seine langjährige Film-Jane Maureen O‘Sullivan.
Im ZDF setzte man Weissmüller einen Schimpansen auf den Schoß
Die Tarzan-Rolle verfolgte Weissmüller sein Leben lang. Als er als „Tarzan“ den Filmdolch niederlegte, spielte er in 16 Filmen einen weiteren nicht allzu redseligen, mimisch eindimensionalen Urwaldbewohner namens „Jungle Jim“. Und sogar bei seinem Besuch im „Aktuellen Sportstudio“ 1971, wo man eigentlich ja auch mal ob seiner Verdienste nur übers Schwimmen hätte reden und den alten Tarzan im Baumhaus hätte lassen können, packte ihm das ZDF einen Schimpansen auf den Schoß. Anders als sein Filmaffe Cheetah aber, dessen Respekt sich Weissmüller erworben hatte, mimte Porgy in der Sportshow keineswegs den loyalen Gefährten, sondern biss den Ex-Tarzan in die Hand, pinkelte ihn an und riss dessen Frau Maria Baumann die Perücke vom Kopf.
Die Weissmüllers nahmen die Sache mit Humor – einmal Tarzan, immer Tarzan, so war das eben, und die nervöse Maria hatte sich, so erzählte „Sportstudio“-Mann Dieter Kürten später, zuvor durch ein paar Cognacs locker gemacht. Als Johnny Weissmüller 1984 nach mehreren Schlaganfällen starb und der Sarg auf dem Friedhof im mexikanischen Acapulco herabgelassen wurde, erklang noch einmal der Tarzan-Schrei, den die Welt das erste Mal 1932 gehört hatte. Das war ein Wunsch von Maria gewesen.
Der Schrei rettete Weissmüller vor Revolutionären
Der Schrei, den der enthusiastische Jodelfan Weissmüller für „Tarzan, der Affenmensch“ als eigene Erfindung reklamierte (was einen Streit mit dem zuständigen Soundspezialisten Douglas Shearer nach sich zog) und der in Edgar Rice Burroughs‘ Buchvorlage erstmals erklingt, als der junge Tarzan von einer Löwin attackiert wird (gemeint als Hilfeschrei), rettete, so erzählte Weissmüllers Sohn John Junior später, dem Vater auf Kuba möglicherweise sogar das Leben. Während Johnny Weissmüller 1958 mit Freunden in Havanna Golf spielte, seien Kämpfer des Revolutionärs Fidel Castro aufgetaucht, die die offenbar betuchten Amerikaner entführen wollten. Weissmüller betrommelte spontan seine Brust und stieß den Tarzan-Schrei aus – den die Soldaten kannten.
Die Traumfabrik lullte selbst die coolen Revolutionäre ein. Hocherfreut, Tarzan persönlich zu treffen, begannen sie zu klatschen und eskortierten die Gruppe alsdann in einen sicheren Bereich.
Ein echter Tarzan kann sogar unter Wasser schreien
Die Premiere von „Tarzan, der Affenmensch“ am 25. März 1932 war ein voller Erfolg, wie der Film selbst, der bei 600.000 Dollar Kosten, weltweit 2,5 Millionen Dollar einspielte. Er gilt als einer der besten Tarzan-Filme überhaupt und unbestreitbar als bester unter dem Weissmüller-Dutzend. Er machte den damals 28-Jährigen zum Star. Nachdem der Film Anfang April in den US-Kinos startete, sprach Amerika von Muskeln, Lianen, Lendenschurzgarderobe, Raubtieren und – dem Schrei.
Der in der Tat eine höchst wundersame, unbegrenzt einsetzbare Lautäußerung war. Einmal während der 100 Minuten des Films gelang er Weissmüller sogar, als er als Tarzan einen Fluss durchschwamm und den Kopf dabei komplett unter Wasser hatte.