Reichste Figur der Welt

75. Geburtstag: Das sagt ein Wirtschaftsweise zu Dagobert Ducks Finanzstrategie

Zählt ständig sein Geld – wenn er nicht gerade darin badet.

Zählt ständig sein Geld – wenn er nicht gerade darin badet.

Klar muss man Elon Musk einen reichen Mann nennen. Mit fast 146 Milliarden Euro ist er – Stand Dezember 2022 – der zweitreichste der Welt. Noch reicher ist nur der Franzose Bernard Arnault, dessen Familienbesitz auf 168,5 Milliarden Euro geschätzt wird. Und der indische Flughafenbetreiber und Logistiker Gautam Adani muss sich mit seinen 126 Milliarden Euro ebenfalls keine Sorgen um seine Zukunft machen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Aber gegen den Besitz eines weltberühmten, kreativen Unternehmers ist das alles ein Witz. Peanuts, wie es ein Bankier einmal spöttisch ausdrückte. Denn das reichste Lebewesen auf Erden ist und bleibt Dagobert Duck. Geschätztes Vermögen, je nach gezeichneter Quelle: 5 Fantastilliarden und 9 Trillionen Taler sowie 16 Kreuzer oder 13 Trillionen, 224 Billionen, 567 Milliarden, 778 Millionen Taler und 16 Kreuzer oder auch 5 Pimpillionen, 396 Tripstrillionen, 83 Fantastilliarden und 16 Kreuzer. Wichtig sind immer die 16 Kreuzer. Wer den Pfennig nicht ehrt ...

Unbezahlbar

Unser Newsletter begleitet Sie mit wertvollen Tipps und Hintergründen durch Energiekrise und Inflation – immer mittwochs.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Die Anfänge von Dagobert Duck liegen an Weihnachten 1947

Der superreiche Erpel, der in seinem Geldspeicher in Entenhausen sein Vermögen genießt, feiert in diesen Tagen seinen 75. Geburtstag. Weihnachten 1947 erschien die erste Geschichte mit Dagobert, den sein Erfinder Carl Barks anfangs allerdings noch etwas anders konzipiert hatte, als wir ihn heute kennen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Im karierten Schottenoutfit betrat Onkel Dagobert vor 75 Jahren in „Die Mutprobe“ – nachzulesen im Doppelband „Onkel Dagobert und Donald Duck von Carl Barks 1947–1948″ – die Weltbühne des Comics. Der US-amerikanische Originalname Scrooge McDuck verweist im Nachnamen auf die klischeehaft sparsamen Schotten und im Vornamen – der später auch schon mal $crooge geschrieben wird – auf Charles Dickens‘ geizigen Grantler Ebenezer Scrooge, dem Weihnachten das Herz weich werden lässt.

Onkel Dagobert wird in der „Mutprobe“ mit den Worten zu Weihnachten eingeführt: „,Fest der Liebe‘ nennen sie‘s! Liegt mir einfach nicht! Ich kann niemanden leiden und mich kann niemand leiden! So ist die Lage!“ 15 Jahre später lässt Friedrich Dürrenmatt in seinem Drama „Die Physiker“ Doktor Mathilde von Zahnd ähnliche Sätze über ihren Vater sagen: „Er hasste mich wie die Pest, er hasste überhaupt alle Menschen wie die Pest. Wohl mit Recht, als Wirtschaftsführer taten sich ihm menschliche Abgründe auf, die uns Psychiatern auf ewig verschlossen sind.“ Man könnte meinen, der Schweizer Schriftsteller mit Hang zum Grotesken habe Carl Barks intensiv gelesen.

In Folge zwei ist Dagobert hingegen ein freundlicher Familienmensch. Erst nach und nach erarbeitete sich Barks ein immer deutlicheres Bild vom geizigen und gierigen Geldfuchs, den wir heute kennen (okay, „Geldfuchs“ ist eine denkbar unpassende Bezeichnung für eine Ente). Äußerlich kam Dagobert schließlich mit Zylinder, Gamaschen und Backenbart den Großindustriellen des 19. Jahrhunderts sehr nah.

Aber nicht nur das Aussehen rückt ihn in die Nähe der ersten Industrialisierungsphase. Der Historiker Jürgen Kocka schreibt in seiner „Geschichte des Kapitalismus“, dass der typische Leiter einer Firma oder einer Fabrik während der Industriellen Revolution „die Rollen des Kapitalisten und des Unternehmers in seiner Person vereinte. Er war Eigentümer seines Unternehmens und leitete es.“ Damit beschreibt Kocka exakt die Rolle des Entenhausener Tycoons.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Dagobert ist der Typ Unternehmer, der alles unter Kontrolle behalten will

Denn Dagobert Duck will, wenn er denn Geschäfte macht und nicht nur in seinem Reichtum badet, alles unter Kontrolle behalten. Der Übergang zum Managerkapitalismus ist an ihm vorbeigegangen. Es würde seinem Denken auch gänzlich widerstreben.

Es muss bei Dagobert halt alles mit eigener Hände Arbeit geschehen. So ging es auch los: Dagobert hatte den Grundstock für sein Vermögen als Schuhputzer gelegt. Das erste eigene verdiente Geld, der Glückszehner (auch Glückstaler oder Nummer eins genannt), taucht in den Geschichten immer wieder auf. Der Enterich betont gern und oft, dass nicht Glück oder Zufall, sondern sein Geschick, seine Klugheit und seine Beharrlichkeit zu seinem unermesslichen Reichtum geführt haben. So lautet nicht zufällig eines seiner berühmtesten Zitate: „Ich bin reich geworden, weil ich zäher war als die Zähsten und schlauer als die Schlausten. Und ich bin dabei ein ehrlicher Mann geblieben.“

Wollen an Dagoberts Reichtum: die Panzerknacker.

Wollen an Dagoberts Reichtum: die Panzerknacker.

Doch was macht Dagobert mit seinem ganzen Geld? Und ist er wirklich der „Prototyp eines Kapitalisten“, für den man ihn hält? Anruf bei Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg und 15 Jahre lang einer der „fünf Wirtschaftsweisen“ des Landes. Weil Dagobert sein Geld fast ausschließlich in seinem Speicher horte, sei er „ein untypischer Kapitalist, denn er investiert nicht. Normal ist ja, dass Unternehmer Schulden machen und Kredite aufnehmen, um dann mittels Investitionen, die dank der Verschuldung getätigt werden können, reich zu werden“, sagt er.

Das Geld im Speicher zu sammeln ist für den Wirtschaftsexperten „die schlechteste Art, mit Geld umzugehen“. Bofinger, der sich bereits in seiner Dissertation auf einen Dagobert-Duck-Comic bezog, vergleicht dies mit dem Anlageverhalten vieler Deutscher. „Diese Cash-Haltung ist etwas, was auch Deutschland kennzeichnet. Bei uns lassen die Menschen ihr Geld lieber bei der Bank liegen, als es zu investieren.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

„Ich liebe das Knistern der Banknoten, das Klimpern der Goldstücke und den süßen Duft des Großkapitals.“

Dagobert Duck

Tragen die Dagobert-Comics, die viele Deutsche als Kinder gelesen haben, dazu bei? „Zumindest ist eine solche frühkindliche Prägung nicht gut, weil etwas Falsches vermittelt wird. Es ist einfach keine gute Idee, nur auf seinem Geld zu sitzen“, sagt Bofinger. „So wird man jedenfalls nicht reich.“

Dagobert will sein Geld auch deshalb bei sich behalten, damit er seinen Reichtum vor Augen haben kann. Aber nicht nur das, er muss ihn mit allen Sinnen genießen können. Oder um es mit Dagoberts Worten zu sagen: „Ich liebe das Knistern der Banknoten, das Klimpern der Goldstücke und den süßen Duft des Großkapitals.“

Deshalb hortet Onkel Dagobert all seinen Besitz – Moneten, Kunstwerke, Schätze – in seinem Geldspeicher. Dieser Riesenquader sieht äußerlich aus wie ein Tresor und steht auf einem Hügel über Entenhausen, dem Glatzenkogel (im Original „Killmotor Hill“). Hier badet Dagobert in seinem Geld, in manchen Geschichten befinden sich auch Büroräume in der gigantischen Spardose.

Zwischendurch darf die Frage erlaubt sein, ob der Trump Tower des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump mit seinen goldenen Wasserhähnen und der Marmorästhetik nicht eine Art Geldspeicher des dekadenten Spätkapitalismus ist. Aber schnell zurück nach Entenhausen.

Der Geldspeicher liegt auf einem Hügel

Indem das Gebäude auf einem Hügel steht, werden Assoziationen zu einer berühmten Wendung der US-Geschichte geweckt, der „City upon a Hill“. Der Puritaner John Winthrop schärfte 1630 den Kolonisten in der frisch besiedelten Massachusetts Bay Colony ein: „Wir müssen davon ausgehen, dass wir wie eine Stadt auf einem Hügel sein sollen. Die Blicke aller Menschen richten sich auf uns.“ Die „Stadt auf dem Hügel“, die „City upon a Hill“, gilt seitdem als Ausdruck der selbst ernannten Ausnahmestellung der USA. Das Land solle – das sagten Redner und Politiker immer wieder in der Geschichte der Vereinigten Staaten – ein Vorbild für die Welt sein.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der Geldspeicher auf dem Hügel, der dank seiner erhöhten Lage auch an eine mittelalterliche Festung erinnert, ließe sich nun zum einen als Ausnahmeerscheinung Dagoberts in Entenhausen interpretieren. Vielleicht sollte damit aber auch der Kapitalismus US-amerikanischer Prägung zum Vorbild für die Welt erhöht werden. Schließlich griff der zeichnende Vater der Ducks, Carl Barks, für seine Geschichten immer wieder Motive aus der US-Geschichte wie auch der amerikanischen Gegenwart auf. Doch vielleicht verdrängt man bei einer solchen Deutung zu sehr Barks‘ eher ironisch-antipolitische Haltung in seinen Geschichten. Trotzdem fanden sich vor allem in den ideologiekritischen Siebziger- und Achtzigerjahren Autoren, die fürchteten, die Dagobert-Geschichten vermittelten ein zu positives Bild des Kapitalismus.

„Von Kryptogeld halte ich gar nichts!“

Doch was macht Dagobert Duck eigentlich in der Gegenwart? In der Jubiläumsausgabe des „Micky Maus“-Magazins zu Dagobert Ducks Geburtstag versucht sein Neffe Donald, mit Kryptogeld reich zu werden. Er orientiert sich an den – ständig wechselnden – Empfehlungen eines gewissen Egon Mask. Für Dagobert sind diese virtuellen Taler – Bitcoin zum Beispiel hatte ursprünglich eine Münze als Firmenlogo – ein Graus: „Von Kryptogeld halte ich gar nichts!“, sagt er in eine Fernsehkamera. „Anlagen damit sind höchst gefährlich, und man kann sein ganzes Kapital verlieren.“ Nach der Insolvenz der Kryptobörse FTX vor gut vier Wochen ein höchst aktueller Comic.

Im aktuellen Lustigen Taschenbuch beweist Dagobert dann noch, dass er tatsächlich in der Wüste Sand, am Nordpol Eis und auf dem Mars Schokoriegel verkaufen kann. So zeigt sich auch dort: Er ist wahnsinnig innovativ und kreativ. Vor allem, wenn es darum geht, zu sparen, sein Vermögen gegen die Panzerknacker zu verteidigen oder seinen Konkurrenten Klaas Klever auszutricksen. Auf dass dieser wie immer am Ende seinen Hut futtern muss.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Kreativ wird Dagobert auch sein, wenn es um seinen Geburtstag geht. Wie kann er knausern? Und wie wird er feiern? Vielleicht mit einem typischen Dagobert-Spruch wie: „Hoch die Gläser, die Runde Leitungswasser geht auf mich.“

Mehr aus Kultur

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken