Documenta: Antisemitismus-Experten fordern Stopp von Filmvorführung
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Hessen, Kassel: Besucher stehen im Hallenbad-Ost, in dem das indonesischen Künstlerkollektiv Taring Padi ausstellt (Symbolfoto)
© Quelle: Uwe Zucchi/dpa
Kassel/Berlin. Das von den documenta-Gesellschaftern eingesetzte Expertengremium zur Aufarbeitung der Antisemitismus-Vorwürfe gegen die Weltkunstschau in Kassel fordert, propalästinensische Propagandafilme auf der Ausstellung nicht mehr zu zeigen. So sei es aus Sicht der Experten die dringlichste Aufgabe, die Vorführung eines Beitrags des Kollektivs Subversive Film zu stoppen, heißt es in einer am Samstag veröffentlichten ersten Einschätzung des Beirates. Zuvor hatten verschiedene Medien über das Thema berichtet.
Gremium sieht Israelhass und Glorifizierung von Terrorismus
Hoch problematisch an dem Werk „Tokyo Reels Film Festival“ seien nicht nur „die mit antisemitischen und antizionistischen Versatzstücken versehenen Filmdokumente, sondern die zwischen den Filmen eingefügten Kommentare der Künstler:innen, in denen sie den Israelhass und die Glorifizierung von Terrorismus des Quellmaterials durch ihre unkritische Diskussion legitimieren“, teilte das Gremium auf der Internetseite der documenta gGmbH mit.
Das Material, eine Kompilation von pro-palästinensischen Propagandafilmen aus den 1960er- bis 1980er-Jahren, werde nicht kritisch reflektiert, „sondern als vermeintlich objektiver Tatsachenbericht affirmiert.“ Dadurch stellten die Filme in ihrer potenziell aufhetzenden Wirkung eine größere Gefahr dar als das bereits entfernte Werk „People’s Justice“.
Eine eventuelle Wiederaufnahme der Vorführungen der Filme sei nur denkbar, „wenn diese in einer Form kontextualisiert würden, die ihren Propagandacharakter verdeutlicht, ihre antisemitischen Elemente klar benennt und historische Fehldarstellungen korrigiert“.
Eröffnung der Documenta Fifteen in Kassel
Die größte zeitgenössische Kunstausstellung in Deutschland ist nach fünf Jahren zurück. Bereits vor der Eröffnung hatte es Antisemitismus-Vorwürfe gegeben.
© Quelle: Reuters
Beiratsmitglieder werfen Kuratorenkollektiv Ruangrupa Unausgewogenheit vor.
In einer zweiten Erklärung wirft ein Teil des Beirates der Künstlerischen Leitung der documenta fifteen, dem indonesischen Kuratorenkollektiv Ruangrupa, kuratorische Unausgewogenheit vor. Nahezu alle Werke, die sich mit dem arabisch-israelischen Konflikt beschäftigten, brächten „einseitig kritische bis hin zu dezidiert israelfeindlichen Haltungen“ zum Ausdruck. Diese Erklärung trägt die Unterschrift von fünf der sieben Mitglieder des Gremiums.
Nach Antisemitismus-Vorwürfen sieben Wissenschaftler beauftragt
Die documenta fifteen wird schon seit Monaten von Antisemitismus-Vorwürfen begleitet. Mehrere Werke wurden als judenfeindlich kritisiert. Das Banner „People’s Justice“ des indonesischen Kunstkollektivs Taring Padi wurde wegen judenfeindlicher Darstellungen abgebaut.
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Präsident des Zentralrats der Juden: „Die documenta hat meine kühnsten Albträume übertroffen
Josef Schuster, seit 2014 Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, ist wegen des Antisemitismusskandals auf der documenta in Kassel noch immer schwer enttäuscht. Und er macht den Verantwortlichen erhebliche Vorwürfe, unter anderem denen im Kanzleramt. Seine Warnungen im Vorfeld seien mehr oder weniger ignoriert worden, sagt der 68-Jährige.
Angesichts der Vorwürfe hatten die Gesellschafter, die Stadt Kassel und das Land Hessen, ein Expertengremium aus sieben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern benannt, das die Weltkunstschau in den kommenden Monaten fachwissenschaftlich begleiten soll.
RND/dpa
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