Das Wissen um den Krieg: Ukraine dominiert Frankfurter Buchmesse
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Auch mithilfe von Stuhlüberziehern wird der Ukraine Solidarität gezollt.
© Quelle: IMAGO/Hartenfelser
An einem versteckten Stand in Halle 4 steht eine entscheidende Frage der diesjährigen Frankfurter Buchmesse: „Can creativity save the world?“ Kann Kreativität die Welt retten? Oder zumindest einen Beitrag dazu leisten?
Im Zeichen des Krieges in der Ukraine ist die Buchbranche in diesem Jahr wieder zusammengekommen. Und so ist auch das beherrschende Thema, wie sollte es anders sein, der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Offizielles Gastland ist zwar Spanien, aber das wichtigste Land dieser Messe ist die Ukraine, die im Februar von Russland angegriffen wurde.
Krieg auf der Buchmesse allgegenwärtig
Der Krieg ist an vielen Stellen auf dem Messegelände gegenwärtig. Am Gemeinschaftsstand ukrainischer Verlage stehen Stühle mit blaugelben Überhängern. Das Wort „Ukraine“ blinkt über dem Diskussionspodium der kleinen Arena abwechselnd in Rot und Orange. Signalfarben. Keiner soll vergessen: Der Krieg ist hier in Frankfurt Thema.
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Um 12.30 Uhr rückte er noch ein wenig näher. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj richtet sich per Videobotschaft an das Messepublikum im Congress Centrum – passenderweise im „Saal Harmonie“. Im schon klassischen Militär-T-Shirt mit Schulterklappen sitzt Selenskyj in einem knallgrünen Sessel und spricht ins ferne Frankfurt.
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Eine Rede von Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, wird während der Frankfurter Buchmesse auf einem Bildschirm gezeigt.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Er setzt weniger auf Kreativität zur Lösung des Konflikts als auf Wissen: „Wissen ist die Antwort. Die Antwort für diejenigen, die Angst haben, für diejenigen, die manipulieren und für diejenigen, die nicht glauben. Bücher, dokumentarische Skripte, Artikel, Reportagen – das sind die Antworten“, sagte der Präsident in kräftigen Sätzen. „Ich lade Sie alle in die Ukraine ein: Verleger, Autoren, Geschäftsleute und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Pädagogen und Journalisten. Alle. Schauen Sie sich an, was unsere Leute durchmachen. Was wir erreicht haben. Welchen Bedrohungen sind wir noch ausgesetzt? Erlebt es und erzählt davon.“
Messe ist wichtig für ukrainische Autorinnen und Autoren
Erzählen vom Krieg wollen auch die ukrainischen Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die in diesem Jahr nach Frankfurt gekommen sind. Der Romanautor und ukrainische Pen-Vorsitzende Andrej Kurkow betont, dass der Krieg in der Ukraine auch die ukrainische Literatur fürs Erste gelähmt hat. „Viele Kolleginnen und Kollegen haben aufgehört, Romane zu schreiben. Stattdessen schreiben sie Essays, Artikel und Tagebücher“, sagte Kurkow dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Er zeigt sich skeptisch, ob Kreativität die Welt retten kann. „Ich bin normalerweise ein Optimist, aber Kreativität ist etwas für Friedenszeiten. Jetzt gibt es militärische Kreativität in der ukrainische Armee, aber das hat nichts mit Literatur zu tun.“
Und so werden Schriftsteller wie der diesjährige Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Serhij Zhadan, der frisch gekürte Heinrich-Heine-Preisträger Juri Andruchowytsch oder eben Andrej Kurkow, der den diesjährigen Geschwister-Scholl-Preis erhält, momentan von Schriftstellern zu Kriegsberichterstattern. „Jeder sucht seine oder ihre Möglichkeit, der Ukraine zu helfen. Und ich kann nun einmal nur schreiben und reden“, sagte Kurkow dem RND.
Die Messe sei wichtig, weil Schriftsteller und Schriftstellerinnen wie er in Frankfurt über die Ukraine reden können. „Je mehr wir über unser Land reden, desto mehr Unterstützung bekommen wird.“ Das sei wichtig, weil nach der Annexion der Krim 2014 Europa die Krim schon einmal vergessen habe. Und so ist die diesjährige Buchmesse auch ein wichtiger Austausch über Krieg und Frieden.