„Das ist eine Rechtfertigung“

Nach Attacke mit Hundekot: Journalistin lehnt Entschuldigung von Ballettchef aus Hannover ab

Marco Goecke, Ballettdirektor der Staatsoper Hannover ist suspendiert.

Marco Goecke, Ballettdirektor der Staatsoper Hannover, ist suspendiert.

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Hannover/Berlin. Nach der Hundekot-Attacke des inzwischen vom Dienst suspendierten Ballettdirektors Marco Goecke aus Hannover hat die betroffene Journalistin Wiebke Hüster die Entschuldigung des Künstlers zurückgewiesen. „Was für eine Art von Entschuldigung soll das denn sein? Das ist eine Rechtfertigung“, sagte die Tanzkritikerin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) am Dienstagabend in der 3sat-Fernsehsendung „Kulturzeit“. Es handele sich um einen Straftatbestand, um Beleidigung und Körperverletzung. Der Dachverband Tanz Deutschland hofft unterdessen, dass die Stücke des Künstlers trotz des Vorfalls weiter gespielt werden.

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Es gebe Signale von wichtigen Bühnen in Stuttgart, München oder Bern, Goeckes Stücke weiter auf dem Spielplan zu halten, sagte der Geschäftsführer des Verbands, Michael Freundt, am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Ich hoffe, dass die künstlerische Arbeit weiter möglich sein wird.“ Der Verband hatte zuvor in einer offiziellen Stellungnahme betont, der Angriff auf die Journalistin sei „durch nichts zu rechtfertigen“. Erst im Oktober hatte der Verband den Choreografen wegen seiner künstlerischen Leistungen mit dem Deutschen Tanzpreis ausgezeichnet.

Journalistin nach Entschuldigung von Ballettchef geschockt

Der Ballettchef hatte sich der Kritikerin nach Darstellung der FAZ am Samstagabend im Foyer der Staatsoper Hannover in den Weg gestellt und ihr Gesicht mit Hundekot beschmiert. Die Attacke geschah während einer Pause in der Premiere seines Tanzstückes „Glaube - Liebe - Hoffnung“. Die Journalistin erstattete Anzeige. Am Dienstag entschuldigte sich der Choreograf in einer öffentlichen Erklärung, bat jedoch zugleich um Verständnis für seine Gründe und übte Kritik an der Berichterstattung der Medien. „Ich bitte um Verzeihung dafür, dass mir letztlich der Kragen geplatzt ist“, sagte er.

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Hüster sagte in der Fernsehsendung, Goecke habe seine Vorwürfe gegen sie in seinem Statement nur noch verstärkt. „Das hat mir noch mal einen Schock versetzt.“ Es gehe ihr überraschend gut, betonte sie. „So schrecklich wie das war, er hat mich nicht umgeschubst und mir den Arm gebrochen, sondern mir nur eine unangenehme Substanz ins Gesicht gerieben. Die habe ich abgewaschen.“ Was in der Gegenwart und Zukunft mit Goecke passiere, wolle sie nicht kommentieren. Sie werde fortan keine Vorstellungen des Choreografen mehr besuchen.

Niedersachsens Ministerpräsident Weil geht von Konsequenzen für Ballettchef aus

Die Staatsoper Hannover kündigte unterdessen für Donnerstag (13 Uhr) eine Pressekonferenz zu dem Vorfall an. Eine Sprecherin des niedersächsischen Kulturministeriums sagte, dass es noch in dieser Woche eine Entscheidung zur Personalie Goecke geben werde. Diese obliege der Intendanz der Staatsoper. Niedersachsens Kulturminister Falko Mohrs (SPD) hatte bereits zu Beginn der Woche einen Entschuldigungsbrief an Wiebke Hüster geschickt. Ein Gesprächsangebot habe die Journalistin angenommen. Beide wollten miteinander telefonieren. Mohrs ist Aufsichtsratsvorsitzender des Staatstheaters Hannover.

Für Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil kann Goeckes Hundekot-Attacke nicht folgenlos bleiben. Er werde sich zwar nicht in die Leitungsbefugnisse der Staatsoper Hannover einmischen, „aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass so etwas ohne personelle Konsequenzen bleibt“, sagte der SPD-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Ich mochte die Berichte zunächst kaum glauben. Das ist ein widerwärtiger Vorfall und weit weg von einem auch nur ansatzweise akzeptablen Verhalten“, betonte er.

Die Polizei ermittelt in dem Fall inzwischen wegen Beleidigung und vorsätzlicher Körperverletzung. Schon vor Ort im Opernhaus seien Zeugen zu dem Vorfall befragt worden, sagte eine Sprecherin am Mittwoch dem epd. Eine Zeugin habe sich noch nachträglich gemeldet. Alle Zeugen sowie der Beschuldigte und das Opfer würden demnächst noch einmal gesondert vernommen.

RND/epd/dpa

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