Verrucht, bezaubernd, spektakulär: Musical „Moulin Rouge“ ist die perfekte Alltagsflucht
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Das Musical „Moulin Rouge“ ist nun vorerst dauerhaft im Musical Dome in Köln zu sehen.
© Quelle: Johan Persson
Köln. Das Spektakel fängt schon vor der Show an. Beim Betreten des für rund 4 Millionen Euro eigens umgebauten Theatersaals im Kölner Musical Dome bleiben die ersten Besucherinnen und Besucher bereits auf den ersten Treppenstufen stehen, zücken ihre Handys, wollen ihr Erstaunen festhalten, diesen rundherum rot leuchtenden Raum, mit den goldenen Details, dem großen „Moulin Rouge“-Schriftzug, natürlich auch dem riesigen Elefantenkopf und der sich drehenden Windmühle, wie am echten Moulin Rouge in Paris. Erst nach und nach merken sie, dass sich auch in den kleinen Käfigen und Balkonen an den Seiten der Ränge schon einzelne leicht bekleidete Männer und Frauen räkeln, ganz langsam, fast wie in Slowmotion.
Die Reizüberflutung hört auch nicht auf, als die Show beginnt, im Gegenteil. Es ist die Medienpremiere von „Moulin Rouge“, dem Musical nach dem oscarprämierten Film von Baz Luhrmann, das mit zehn Tony-Awards bereits die meistprämierte Produktion am Broadway im Jahr 2020 war und nun auch die Herzen deutscher Musicalfans erobern soll. Mit viel Freizügigkeit, Glitzer, Detailverliebtheit, Popmusik und – natürlich – einer Liebesgeschichte. Es ist so viel von allem, dass man manchmal gar nicht weiß, wohin man schauen soll.
Clubbesitzer heißt Besucher im Moulin Rouge willkommen
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Clubbesitzer Harold Zidler (Gavin Turnbull) heißt die Besucherinnen und Besucher willkommen.
© Quelle: Johan Persson
Doch als der Clubbesitzer Harold Zidler einen mit verruchter Stimme, auf so passende Weise frivol und irgendwie schlüpfrig gespielt von Gavin Turnbull, im Moulin Rouge willkommen heißt, im „Wallfahrtsort der Sinne“, ist man endgültig in dem Nachtclub im Jahr 1899 angekommen. Gleichsam auch in der dramatischen Liebesgeschichte zwischen dem hochromantischen, aber armen Bohemien Christian (Riccardo Greco) und dem Star des Moulin Rouge, dem funkelnden Diamanten des Etablissements, Satine (Sophie Berner). Sie will das vor der Pleite stehende Nachttheater retten. Um ihr Ziel zu erreichen, gibt sie sich dem reichen Duke of Monroth (Gian Marco Schiaretti) hin, der das Moulin Rouge kauft – und Satine gleich dazu.
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Kommt wie es sich für den Star der Show gehört von der Decke herabgeschwebt: Satine (Sophie Berner).
© Quelle: Johan Persson
In der imposanten Kulisse, entworfen vom preisgekrönten US-Bühnendesigner Derek McLane, glänzen die beiden deutschen Stars der Produktion. Das Bühnenbild wechselt zwischen der opulenten Club-Szenerie, leuchtend-rot mit riesigem Herzportal, und dunklen Häuserfassaden von Montmartre hin und her, so elegant und ohne Schwierigkeiten, dass man schnell vergessen kann, wieviel Arbeit dahintersteckt. Allein für dafür würde sich ein Besuch schon lohnen. Und auch Berner und Greco changieren scheinbar mühelos zwischen den Gefühlen, in denen ihre Charaktere sich gerade befinden. Mal singt Berner als Satine tief und rauchig, ganz die begehrte Edelkurtisane vom Moulin Rouge, die tun muss, was getan werden muss, um den Club zu retten. Dann wieder klingt ihre Stimme so verletzlich, so zart im dem plötzlich schlichten, gar nicht mehr protzigen Bühnenbild, das sie ganz allein einnimmt, alle Augen nur auf sie gerichtet.
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Verbotener Kuss: Satine (Sophie Berner) und Christian (Riccardo Greco) treffen sich heimlich.
© Quelle: Johan Persson
Popsongs wie „Toxic“ und „Bad Romance“ in deutschen Versionen
Dass die Darsteller dabei die Popsongs, ob „Roxanne“ von Sting, „Toxic“ von Britney Spears oder „Bad Romance“ von Lady Gaga, in überwiegend ins Deutsche umgedichteten Versionen singen, funktioniert überraschend gut. So gut, dass man manchmal einen Moment braucht, um sich zu erinnern, wie eigentlich die englischen Liedzeilen lauten.
Das Musical ist ein Wechselbad der Gefühle im besten Sinne, das zeigen auch die Reaktionen des Publikums an diesem Samstagabend, das mal lacht, mal laut jubelt, mal betreten schweigt. Herzschmerz, Tanzlust, Lebensfreude, jede Szene transportiert ein neues Gefühl. Der Eskapismus aus einer realen Welt voller Probleme in eine Showwelt, in der es auch Probleme gibt, diese aber mit bunten Bildern, schnellen Tänzen und Musik unterlegt werden, gelingt. Zumal durch die Show in der Show, die Christian mit seinen zwei Künstlerfreunden und den Moulin-Rouge-Stars um Satine probt, um den Club zu retten und seine Geliebte aus den Fängen des Dukes zu retten, immer wieder eine zweite Ebene aufgemacht wird. Er wolle „mehr Tanznummern, mehr Hoppsassa“ und „nicht so viel Gerede“, fordert etwa der Duke von ebendieser Show. Und bedient damit ein Vorurteil, mit dem die Musicalbranche immer noch zu kämpfen hat. Doch „Moulin Rouge“ in Köln hat beides: Leichtigkeit und Tiefe.
Letzter Auftritt für Satine – zum Glück nicht der letzte für Sophie Berner
So ist man auch froh, als Satine in einer Szene dramatisch zu Clubbesitzer Zidler „Lass mir meinen letzten Auftritt“ sagt, dass es nicht auch der letzte von Darstellerin Berner ist. Denn im Zusammenspiel mit ihrem Kollegen Greco macht sie „Moulin Rouge“ zu einem echten Gewinn für die Musicalszene.
„Moulin Rouge“ feiert an diesem Sonntagabend Premiere in Köln und ist dann ab sofort fast jeden Tag im Musical Dome zu sehen. Für Medienvertreterinnen und -vertreter gab es bereits am Samstag eine Vorabpremiere. Tickets für Vorstellungen sind hier erhältlich.