Antje Ravik Strubel in Kiel
Auf die Bahn wollte Antje Ravik Strubel in diesen Tagen lieber nicht setzen. Die Buchpreisträgerin ist zur Lesung in Kiel mit dem Auto angereist – und hatte vor der Lesung im Literaturhaus Zeit für ein Gespräch über ihren Roman „Blaue Frau“, über Sprache, Gewalt und Europa.
Kiel.Eines Tages in Helsinki ist sie ihr begegnet, die blaue Frau. Auf dem Weg vom Plattenbau mit ihrer Wohnung, in der Unterführung zu dem kleinen Segelhafen. „Wenn ich da entlang lief, kam sie zu mir, in den Kopf“, sagt Antje Ravik Strubel, „wir unterhielten uns, und ich schrieb später die Fragmente auf.“ Eine schwebende, lyrischere Sprache, die sie so von sich noch nicht kannte. „Sie war konkret und zugleich nicht konkret. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich sie brauche, um Adinas Geschichte zu erzählen.“
2012 war das, als Antje Ravik Strubel als Stipendiatin am Wissenschaftskollegium ein halbes Jahr in Helsinki lebte. Dreh- und Angelpunkt für ihren Roman „Blaue Frau“, für den die Schriftstellerin 2021 den Deutschen Buchpreis erhielt. Fluchtpunkt für ihre nach einer Vergewaltigung traumatisierte Protagonistin Adina, deren Europa-Odyssee sie vom tschechischen Riesengebirge über Berlin und die Uckermark bis nach Finnland führt, wo sie in Helsinki strandet. Symbolischer Ort aber auch für die mentale und gedankliche Kluft, die Europa in Ost und West teilt. Auch darum geht es in ihrem Roman.