Haarwuchsmittel, Schütthaar, Netz und Tüll: Was tun bei Haarausfall?
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Übermäßiger Haarausfall kann viele Gründe haben. Am häufigsten ist der erblich bedingte Haarausfall.
© Quelle: ddp
Hannover. Übermäßiger Haarausfall kann viele Gründe haben. Am häufigsten ist der erblich bedingte Haarausfall, die sogenannte androgenetische Alopezie. Sie macht sich bei Männern und Frauen unterschiedlich bemerkbar.
Bei Männern beginnt die Alopezie meist schon im frühen Erwachsenenalter. Sichtbar wird sie durch Geheimratsecken, eine Tonsur oder eine Glatze. Bei Frauen fängt sie häufig erst nach den Wechseljahren an, wenn der Östrogenspiegel sinkt. Dann lichtet sich das Kopfhaar vor allem im Scheitelbereich – eine Glatze entsteht dabei in der Regel nicht.
Einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen sollte man, wenn die Haare plötzlich büschelweise ausfallen – vor allem, wenn dazu auch die Kopfhaut stark juckt. Außerdem, wenn sich kahle Stellen am Kopf, im Bart oder den Augenbrauen zeigen.
Für viele kosmetische Mittel fehlt der Wirknachweis
Für manche ist es nur ein kleines kosmetisches Problem, für andere eine große psychische Belastung. Fakt ist, dass sich nicht jeder und nicht jede mit dem Haarausfall abfinden möchte: Betroffene suchen nach Mitteln und Wegen, um Abhilfe zu schaffen.
Kein Wunder, dass bei diesem Thema die Werbeindustrie zur Stelle ist und seit Jahren immer neue „Wundermittel“ anpreist. Doch Vorsicht: Bei vielen der kosmetischen Mittel fehlt jeder Wirknachweis. Auch warnen Dermatologinnen und Dermatologen, dass verschiedene Wirkstoffe Nebenwirkungen haben können.
Stiftung Warentest untersucht Haarwuchsmittel
Die Stiftung Warentest hat im März dieses Jahres Haarwuchsmittel mit unterschiedlichen Wirkstoffen genauer unter die Lupe genommen. Demnach konnte Finasterid „das Fortschreiten von genetisch bedingtem Haarausfall teilweise bremsen“. Nach Absetzen des Präparats habe der Haarausfall erneut eingesetzt, zudem habe nach einem Jahr die Haarzahl unter der zu Behandlungsbeginn gelegen. Für nur „mit Einschränkungen geeignet“ wurde das Mittel zudem eingestuft, weil die Langzeitwirkungen bei gesunden jungen Männern bislang auch nicht ausreichend erforscht sind.
Ähnlich ernüchternd fielen die Urteile für rezeptfreie Mittel mit den Wirkstoffen Minoxidil und Estradiol aus. Im Fall von Minoxidil stellten die Testerinnen und Tester fest: Meist bleibe die Wirkung hinter den Erwartungen zurück. Der Haarausfall stelle sich zudem unmittelbar wieder ein, sobald das Mittel abgesetzt werde. Über die langfristige Anwendung und die damit verbundenen Risiken lägen ebenfalls zu wenige Daten vor. Das Urteil auch hier: mit Einschränkung geeignet. Präparate mit dem Wirkstoff Estradiol kamen allesamt nicht über ein „wenig geeignet“ hinaus, da die therapeutische Wirksamkeit nicht ausreichend nachgewiesen ist. Insgesamt konnte keines der elf getesteten Haarwuchsmittel, vom Schaum über die Tablette bis hin zur Lösung, überzeugen und von den Testerinnen und Testern als geeignet eingestuft werden.
Schütthaar kaschiert
„Eine preisgünstige Möglichkeit, um Haarausfall zu kaschieren, ist das sogenannte Schütthaar oder Streuhaar“, sagt Antonio Weinitschke vom Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks. „Genau genommen handelt es sich hierbei allerdings nicht um Haare, sondern um einen Puder, der die Kopfhaut färbt“, von Hellblond bis Dunkelbraun.
Das funktioniere allerdings nur bei diffusen Stellen. „Eine Glatze kann man damit nicht wiederbeleben“, erklärt der Fachmann, der einige Kunden und Kundinnen hat, die das Pulver zu Hause anwenden.
Die Anwendung ist denkbar einfach: Das Pulver kann in wenigen Sekunden selbstständig aufgetragen werden, hält allerdings auch nur bis zur nächsten Dusche. Die Hilfe aus der Dose ist also nicht völlig wasserfest – sie kann sich bei stärkerem Regen augenscheinlich verabschieden. In der Praxis wird das Schütthaar deshalb oft zusätzlich mit Haarspray fixiert.
Das Schütthaar kann also eine kurzfristige, unkomplizierte Lösung des Problems Haarausfall sein. Und eine relativ kostengünstige: Die Dose mit 25 Gramm (50 bis 60 Anwendungen) gibt es schon für etwa 10 Euro.
Von Netzen bis Tüllstoff
Auch clevere Extras können helfen: „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, verlorenes Haar zu ersetzen“, sagt Rainer Seegräf vom Bundesverband der Zweithaar-Spezialisten. „Zum Beispiel Netze, die in das noch vorhandene Haar integriert werden.“ Oder Perücken aus feinem Tüllstoff. „Denkbar ist auch eine Kombination aus beidem“, weiß der Experte. „Am Ende sieht das alles sehr echt aus.“
Was kostet das Zweithaar? „Die Basislösung gibt es ab 200 Euro. Nach einer Chemotherapie kommen rund 450 Euro zusammen“, sagt Seegräf. Gibt es von der Ärztin oder vom Arzt eine Diagnose und ein Rezept, zahlen die Krankenkassen in der Regel einen Teil der Rechnung.
Drei Tipps vom Friseurmeister
Friseurmeister Antonio Weinitschke hat zudem ein paar allgemeine Tipps, wie man Haarausfall und vor allem Haarschädigungen entgegensteuern kann.
- Haare nach dem Waschen nicht trocken rubbeln! Vor allem für längere Haare eignet sich ein Frottee-Turban, unter dem die Haare langsam antrocknen können.
- Vorsichtig durchkämmen, sonst reißt man dabei unnötig viele Haare aus. Man beginnt damit an den Spitzen und arbeitet sich bis nach oben zur Kopfhaut vor.
- Auf ausgewogene Ernährung achten: Vor allem der Mangel an Eisen und Vitamin B setzt auch der Haarstruktur zu.