OB-Wahl Kiel 2019

Björn Thoroe hat ein Herz für Gaarden

Ein Mann unter Menschen: Björn Thoroe mitten auf dem Vinetaplatz im Zentrum von Kiel-Gaarden.

Ein Mann unter Menschen: Björn Thoroe mitten auf dem Vinetaplatz im Zentrum von Kiel-Gaarden.

Kiel. Die Kieler Nachrichten führen Sommerinterviews mit den vier Kandidaten zur Oberbürgermeister-Wahl in Kiel am 27. Oktober 2019. In dieser Folge: Parteigeschäftsführer Björn Thoroe (34) bewirbt sich für die Linke.

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Herr Thoroe, was führt uns auf den Vinetaplatz?

Ich mag Gaarden, weil der Stadtteil so lebendig ist. Und am Vinetaplatz war die Linke bei der Kommunalwahl 2018 auf Platz eins. Das ist ein gutes Omen für die Oberbürgermeister-Wahl.

Umgeben sind wir von Wohnungen, die der Vonovia gehören…

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Die Vonovia sollte überhaupt keine Wohnungen vermieten dürfen. Es ist ein renditeorientierter Großkonzern, der an der Börse gehandelt wird und dem es nur um Profit geht. Die Stadt muss eine soziale Erhaltungssatzung über Gaarden verhängen. Dann muss jede Modernisierung von der Stadt genehmigt werden. Dann könnte Vonovia hier nicht alles durchmodernisieren und die Menschen, die hier leben, vertreiben. Das würde ich als Oberbürgermeister angehen.

Wohnungsbau ist ohnehin Ihr Paradethema.

Mehr als 2000 Menschen in Kiel sind ohne Wohnung. Die Zahl hat sich in der Amtszeit von Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer verfünffacht. Es muss in Kiel einfach mehr bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit geringem und auch mit mittlerem Einkommen geben.

Björn Thoroe

Zur Person

Björn Thoroe, 34 Jahre alt, ist Landesgeschäftsführer der Linken in Schleswig-Holstein. Für die Ratsfraktion der Kieler Linken sitzt er um Innen- und Umweltausschuss. Von 2009 bis 2012 saß er im schleswig-holsteinischen Landtag. Thoroe kandidiert bei der Oberbürgermeisterwahl am 27. Oktober für das Amt des Kieler Oberbürgermeisters. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat Thoroe mit Bachelor-Abschluss Soziologie und Geschichte studiert. Er lebt in einer Fünfer-Wohngemeinschaft in Gaarden-Süd.

Ein Oberbürgermeister muss aber mehr drauf haben als Kiel-Gaarden und Wohnungsbau. Haben Sie als Linker eine Haltung zur Wirtschaftsförderung?

Der Flughafen Holtenau wäre eine große Gewerbefläche für Kiel gewesen. In den nächsten sechs Jahren wird man noch mal über den Flughafen reden müssen. Auch die Alte Mu ist zu nennen, aus der ist zum Beispiel schon Lillebräu hervorgegangen. Die Stadt sollte sie mehr fördern. Beides würde ich angehen.

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Trotz des eindeutigen Bürgerentscheids pro Flughafen 2018 würden Sie die Flughafenfrage noch mal neu stellen?

Die Frage wird sich nicht zeitnah neu stellen. Aber ja, in den nächsten sechs Jahren sollte man das noch einmal diskutieren.

Ein Wirtschaftsfaktor für Kiel ist auch der Kreuzfahrttourismus. Wie stehen Sie dazu?

Eine Verpflichtung auf deutschen Mindestlohn und auf die Abnahme von Landstrom – solange das nicht passiert, stehe ich dem Kreuzfahrttourismus sehr skeptisch gegenüber.

Womit wir beim Klimaschutz wären. Muss ein Oberbürgermeister ein Fahrverbot auf dem Theodor-Heuss-Ring verhindern?

Das ist ja ganz einfach: Wenn man eine Fahrspur für alle Autos sperrt, gibt es weniger Autos und keine Überschreitung des Stickoxid-Grenzwerts.

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Das fordern die Grünen auch.

Wir haben das schon vor den Grünen gefordert. Ich will die Absauganlagen auf die Fahrbahn stellen.

Ist der Verzicht der Grünen auf einen eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten für Sie eine Chance, grüne Wähler zu gewinnen?

Mit Sicherheit. Ich glaube nicht, dass alle, die grün wählen wollten, nun Dr. Ulf Kämpfer wählen. Da bin ich eine gute Alternative. Trotzdem finde ich schade, dass die Grünen als 37-Prozent-Partei keinen eigenen Kandidaten aufgestellt haben. Das schadet der Demokratie. Kiel ist kein Fürstentum, das innerhalb einer SPD-Dynastie weitervererbt wird.

Was glauben Sie, warum die Grünen auf eine eigene Kandidatur verzichten?

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Ich vermute, dass es da schon Hinterzimmer-Absprachen während der Kooperationsgespräche 2018 gegeben hat. Da konnten die Grünen noch nicht ahnen, dass sie jetzt so stark sind. Und es spielt sicher eine Rolle, dass Robert Habeck (der Grünen-Bundesvorsitzende, d. Red.) und Dr. Ulf Kämpfer eng befreundet sind.

Wie sieht der ÖPNV der Zukunft in Kiel für Sie aus?

Kostenlos, mit größerer Kapazität, mit Stadtbahn und mit autofreier Innenstadt.

Wer soll das bezahlen?

Kiel hatte 2018 einen Haushaltsüberschuss von über 80 Millionen Euro. Kostenfreier ÖPNV kostet 40 Millionen Euro im Jahr. Das sollte es uns in Zeiten des Klimanotstands schon wert sein.

Mit der Begründung Klimanotstand wollen Sie auch Feuerwerke auf der Kieler Woche verbieten.

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Für dieses Jahr hatte ich nur gefordert, nicht neun Feuerwerke an zehn Tagen zu veranstalten, sondern es beim Abschlussfeuerwerk zu belassen. Und für die Zukunft gilt, dass eine gut gemachte Lasershow genauso schön sein kann wie ein Feuerwerk.

Ein Teil der Kieler Woche ist auch die Präsentation der Marineschiffe im Tirpitzhafen. Können Sie sich eine Kieler Woche ohne diese Tradition vorstellen?

Absolut. Ohne den Bundeswehr-Truck an der Kiellinie, wo um frische Soldaten geworben wird, und ohne Open Ship. In der Ratsversammlung haben sich außer uns auch einige Grüne dazu bekannt.

Was läuft aus Ihrer Sicht sonst noch schief in Kiel?

Die Terminvergabe in den Bürgerämtern muss dringend verbessert werden. In Berlin sind in den Semesterferien studentische Hilfskräfte angeheuert und geschult worden, um zumindest die einfachen Arbeiten zu erledigen. So konnten die Wartezeiten für die Bürgerinnen und Bürger verkürzt werden. Das kann auch in Kiel ein Weg sein.

Sonst noch was?

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Hier werden lauter Großprojekte gebaut, die kein Mensch braucht. Der Kleine-Kiel-Kanal wird sehr viel teurer als geplant und eigentlich will ihn auch keiner. Da wird völlig an den Menschen vorbei ein Ulf-Kämpfer-Gedächtniskanal gebaut. Das Hörnbad ist jetzt da, aber dezentrale kleinere Bäder wären viel besser – und günstiger - gewesen, zum Beispiel auch in Mettenhof. Und dass Kiel für 4,5 Millionen Euro das marode Schloss kauft, das für mindestens 40 Millionen Euro saniert werden muss, ist eine völlig falsche Prioritätensetzung. Von dem Geld sollte die Stadt lieber Schulen sanieren.

Beim Stichwort Hörnbad fällt uns das derzeit geschlossene Freibad Katzheide ein.

Katzheide ist mehr als ein Freibad. Es ist ein sozialer Begegnungsort für die Menschen in Gaarden. Zudem war der Eintritt günstiger als eine Busfahrkarte zum Strand. Die Schließung ist ein soziales Desaster. Solange dort nicht gearbeitet wird, sollte das Bad wieder geöffnet werden. Und es muss alles getan werden, damit es 2020 wieder offen ist. Ich bin da misstrauisch: Die SPD wollte es schon mal schließen und musste mit einem Bürgerentscheid eines Besseren belehrt werden.

Wie wollen Sie ohne Verwaltungserfahrung eine Stadtverwaltung mit 5300 Beschäftigten führen?

Dr. Ulf Kämpfer hatte ja auch keine richtige Verwaltungserfahrung, als er Oberbürgermeister wurde. Der war vorher Richter. Ich bin teamfähig, ich bin lernfähig, und ich bin schon seit 20 Jahren in der Kieler Politik aktiv, kenne jede Ecke der Stadt. Ich glaube, das reicht, um die Aufgabe auszufüllen.

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Für die Wahl müssen Sie sich wohl trotzdem noch bekannter machen in Kiel.

Wir haben online schon mit dem Wahlkampf begonnen. Wir werden natürlich Plakate und Aufkleber verteilen, aber auch mit Straßenkreide arbeiten. Und viele werden mich bei Veranstaltungen erleben.

Mit Straßenkreide?

Ja. Wir werden Sprüche auf die Straßen malen.

Kleine Fun-Frage: Werden Sie oft auf Benjamin Blümchen angesprochen? Thoröööö!

Jaaa… Schon seit ich im Kindergarten war.

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Ihr Wahlziel für die Oberbürgermeisterwahl?

Dr. Ulf Kämpfer in die Stichwahl zwingen.

Und in Gaarden?

Stärkste Kraft werden.

Abschließend: Ihre Vision für Kiel?

Eine Stadt ohne Armut, in der alle Menschen, die wollen, Arbeit und eine Wohnung haben.

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OB-Wahl in Kiel 2019

Die Sommerinterviews mit den OB-Kandidaten

Die Kieler Nachrichten führen Sommerinterviews mit den vier Kandidaten zur Oberbürgermeister-Wahl in Kiel am 27. Oktober. Der Jurist Ulf Kämpfer (47) tritt für die SPD und mit Unterstützung der Grünen, der FDP und des SSW für eine zweite Amtszeit an. Chemie- und Physiklehrer Andreas Ellendt (55) ist der Oberbürgermeister-Kandidat der CDU. Parteigeschäftsführer Börn Thoroe (34) bewirbt sich für die Linke. Student Florian Wrobel  (26) tritt für die satirische Partei „Die Partei“ an. Die Schauplätze der Sommerinterviews haben die OB-Kandidaten selbst ausgesucht. Sie verbinden ihre Ortswahl jeweils mit einer politischen Botschaft.

Bereits erschienen:Florian Wrobel. Es folgen: Andreas Ellendt, Ulf Kämpfer.

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