Der weiße Löwe ist ein Kieler
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Ein Löwen-Ziehvater darf so was: Martin Lacey hat keine Angst vor Nähe, wenn er „Baluga“ auf die Schnauze küsst.
© Quelle: Ulf Dahl
Kiel. Seine Mutter „Princess“ lehnte ihn ab, hätte ihr Junges wahrscheinlich sogar totgebissen. Dass „Baluga“ jetzt beim aktuellen „Krone“-Gastspiel in Kiel als mächtiger König der Löwen auf dem höchsten Podest in der Manege wieder in seine Geburtsstadt zurückkehrt, verdankt er seinem Ziehvater Martin Lacey.
An Schlaf war nach der Löwen-„Adoption“ nicht zu denken
„Es war eine harte Zeit in den ersten Monaten“, erinnert sich der Tierlehrer, der mit seiner mehrfach international ausgezeichneten Raubtiernummer zweimal täglich auftritt – immer mit „Baluga“ als Chef im Ring. An Schlaf war nach der Löwen-„Adoption“ nicht zu denken. Alle drei bis vier Stunden musste der Brite seinem Schützling die Milchflasche reichen, bis er kräftig genug war.
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Aber auch danach dauerte es noch mehr als zwei Jahre, bis „Baluga“ allmählich wieder vom Löwenrudel akzeptiert wurde, von ihm im Laufe der Zeit aufgrund seiner Kraft und Autorität sogar als Chef akzeptiert wurde. „Ich bin jedenfalls nicht der Rudelchef“, stellt Lacey klar. Würde er sich dazu aufschwingen, müsste der Tierlehrer das mit seinem Leben bezahlen. „Denn ich wäre gezwungen, meine Führungsposition ständig zu verteidigen, was natürlich reiner Selbstmord wäre.“
Zirkus Krone: Bester Freund von "Baluga"
Also begnügt sich der 42-Jährige mit der Rolle des besten Freundes vom Chef – und kommt seinem Ziehkind „Baluga“ so nahe, dass Zirkusbesuchern der Atem stockt. Er darf den 350 Kilo-Löwenmann nicht nur küssen, kraulen oder umarmen. „Baluga“ gestattet es sogar, dass sich sein Trainer der Länge nach auf seinen Körper legt wie aufs frisch gemachte Bett.
Nur eines darf Lacey auf keinen Fall: aus Nachlässigkeit Fehler machen. Zum Beispiel stolpern, dadurch seine Tiere erschrecken oder mit neuem Waschmittel in seinen Kleidern den feinen Geruchssinn der Löwen irritieren. Dann ist ihr Raubtierinstinkt stärker als jede Bindung. Viermal sei ihm so eine Nachlässigkeit in 20 Jahren unterlaufen, außer ein paar Narben aber nichts zurückgeblieben.
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Dann wird’s unerwartet ernst beim Besuch der Reporter im Circus Krone. „Kommen Sie rein“, sagt Martin Lacey, bittet den Fotografen in die vom Stahlnetz umschlossene Manege, freut sich grinsend über das verdutzte Fotografengesicht, gibt noch ein paar wenig ermutigende Anweisungen: „Nicht zappeln, keine unnatürlichen Bewegungen. Dann ist alles kein Problem.“
Löwenpascha verspeist bis zu zwölf Kilogramm Fleischbrocken
Dann trabt „Baluga“ tatsächlich in die Manege, interessiert sich aber nicht weiter für den Fremdling mit der komischen schwarzen Kamera-Kiste vor dem Gesicht. Umso mehr für die Fleischbrocken, die ihm Lacey nach diversen Schmuseeinheiten zum Lohn verabreicht und von denen der Löwenpascha bis zu zwölf Kilogramm täglich verspeist.
Natürlich hat der Tierlehrer vor seiner Einladung vorher „Balugas“ Laune gecheckt, den Fotografen als „ruhigen und unaufdringlichen Typ“ eingeschätzt. Der Adrenalinausstoß des Fotografen schießt trotzdem in schwindelerregende Höhen. Lacey gratuliert ihm und lacht wie ein Lausejunge nach gelungenem Streich: „Sie sind der erste Fotograf, der das überlebt hat.“
„Unsere Löwen und Tiger sind keine Wildtiere“
Am Zirkus mit exotischen Tieren scheiden sich die Geister. Trotz Protesten von Tierrechtlern vor dem Zelt (am Sonntag, 17.30 Uhr) zeigt Circus Krone eine Raubtierdressur. Der „Krone“-Tierschutzbeauftrage Frank Keller erklärt, warum. Herr Keller, Tierrechtler behaupten: Löwen oder Tiger haben Stress beim Transport und zu wenig Auslauf in Gehegen. Ist da was dran? Frank Keller: Hätten sie Stress, würden wir das nicht machen. Von Wissenschaftlern begleitete Stresstests auf längeren Transportfahrten ergaben eindeutig: Cortisolwerte der Tiere, die Stress belegen, waren vollkommen unauffällig. Der Einzige, der Stress hatte, war der Fahrer des Transports: Tierlehrer Martin Lacey. Aber Gehege sind keine Reviere für Wildtiere. Richtig ist: Unsere Löwen und Tiger sind keine Wildtiere, sondern über mehr als 20 Generationen im Zirkus geboren, aufgewachsen und im Schnitt bis zu zehn Jahre älter geworden als in freier Wildbahn. Dort brauchen sie auch großen Auslauf, um zu jagen oder zu fliehen – wenn sie nicht gerade 18 von 24 Stunden schlafen. Bei uns haben die Tiere so viel Bewegung wie Sportler. Wenn das so ist, warum reißen die Proteste nicht ab? Weil insbesondere Tierrechtler ein ideologisches Ziel haben: langfristige Trennung von Mensch und Tier. Das betrifft nicht nur Tierhaltung in Zirkussen, auch die in Zoos, Reitställen bis zu privater Tierhaltung. Es mag schwarze Schafe in der Branche geben, wir zählen nicht dazu.
"Circus Krone" gastiert noch bis zum 19. August auf dem Wilhelmplatz.
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KN