Nach Erdbeben: Große Welle der Hilfsbereitschaft baut sich in Kiel auf
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Die neunjährigen Zwillinge Tugra Kemal und Mehmet Akif bringen Kleider und Schuhe zur Moschee in Gaarden. Zum Lachen ist den Kindern nicht zumute, sie haben nahe Angehörige im Erdbebengebiet.
© Quelle: Martin Geist
Gaarden. Das schwere Erdbeben in der Türkei und Syrien mit Tausenden Toten sorgt auch in Kiel für Erschütterung. Wie starke menschliche Bezüge es zwischen Kiel und der Katastrophenregion gibt, rechnet Kerem Bayrak am Beispiel des Inter Türkspor Kiel vor. „Von unseren 500 Mitgliedern haben sehr, sehr viele, bestimmt fast jedes zweite, Verwandte oder Freunde in dieser Gegend“, schätzt der Kassenwart des Sportvereins.
Entsprechend groß war zunächst die Sorge um die Betroffenen, zumal Telefon und Internet längst nicht überall funktionierten. Nach und nach kam aber auch das Bedürfnis auf, Hilfe zu leisten. „Wir müssen uns erst noch sortieren“, gibt Bayrak zu. Die eigenen Möglichkeiten ausloten und zugleich Kontakt mit anderen Organisationen aufnehmen, damit nicht alle dasselbe tun, das stand auf der Tagesordnung einer für Montagabend anberaumten Vorstandssitzung des in Gaarden ansässigen Vereins.
Angst um die vom Erdbeben betroffenen Angehörigen
Manche werden derweil einfach von sich aus aktiv. Tugra und Mehmet, neunjährige Zwillinge aus Kiel, tragen am Nachmittag eine Tüte zur Großen Moschee (Ulu Camii) in der Elisabethstraße. Es spricht sich langsam herum, dass dort Kleidung und Schuhe für die Erdbebenopfer gesammelt werden. Und obwohl die Annahme der Spenden noch gar nicht offiziell angelaufen ist, wollen die neunjährigen Zwillinge ihren Beitrag leisten.
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Die Große Moschee gegenüber der Werft in Gaarden ist ein Zentrum der Hilfsaktionen in Kiel.
© Quelle: Martin Geist
Ernst wirken die sonst immer so fröhlichen Jungs, und das ist kein Wunder. Auch sie haben nahe Angehörige, die vom Erdbeben erschüttert wurden, aber offenbar soweit wohlauf sind.
Doch was sagt das schon. Mukrima Yassin, Kulturmittlerin aus Ellerbek, sorgt sich um ihre 70 und 80 Jahre alten Eltern, die im Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei im Keller ihres Hauses ausharren. Ein Nachbeben ist angekündigt, da scheint es immer noch sicherer, frierend im Keller auszuharren, als sich ins Freie zu wagen.
Tatsächlich ist es aktuell bitterkalt in der Region. „Seit zwei Tagen liegt Schnee“, erzählt Mukrima Yassin und beschreibt ihre Sorge besonders um den Vater, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist: „Ich bin fix und fertig.“
Kieler Kommunalpolitik formiert sich zur Hilfe für vom Erdbeben Betroffene
Kaum anders ist das in der Familie von Nesimi Temel, dessen Schwiegermutter in der schwer getroffenen Stadt Adana zu Hause ist. „Zum Glück geht es ihr gut, aber die Schäden sind natürlich riesig“, sagt der Gaardener SPD-Ratsherr. Das erste Bemühen ist jetzt, die Angehörigen in die Westtürkei zu bringen, wo die Erde zwar ebenfalls bebt, aber nicht ganz so heftig.
Ebenfalls schnell angelaufen ist in der Kommunalpolitik der Einsatz zur Unterstützung der Opfer. „Erdbeben Türkei“ heißt die Whatsapp-Gruppe, die sich am Montag formiert hat und zu der auch die frühere Landtagsabgeordnete Özlem Ünsal gehört. „Es gibt eine hohe Spendenbereitschaft, das ist wirklich bemerkenswert“, sagt sie und betont, dass das nicht nur für die türkischstämmigen Kielerinnen und Kieler gilt.
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Türkische Gemeinde will Opfer von Erdbeben „so schnell und wirksam wie möglich unterstützen“
Dennoch fühlt sich besonders verbunden, wer entsprechende biografische Wurzeln hat. „Wir wollen und müssen einen Weg finden, um die Menschen so schnell und wirksam wie möglich zu unterstützen“, meint Cebel Küçükkaraca, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Schleswig-Holstein. Ebenfalls noch für Montagabend hat der Verein eine Vorstandssitzung anberaumt, um zu beraten, wie das am besten gelingen kann.
Einig sind sich dabei Küçükkaraca und alle anderen zur Hilfe Entschlossenen, dass purer Aktionismus wenig bringt. „Das muss gut und weiträumig koordiniert werden“, bringt es Özlem Ünsal auf den Punkt.