Solidaritätsdemo in Kiel: Über 1000 Menschen unterstützen Protest im Iran
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Rund 1000 Menschen zeigten in Kiel Solidarität mit den Demonstranten im Iran.
© Quelle: Sven Janssen
Kiel. „Jin, Jiyan, Azadî“ – Frau, Leben, Freiheit – schallt es am Sonnabend durch die Kieler Innenstadt. Die Rufe sind Solidaritätsbekundungen und eine Aufforderung an die Politik, nicht wegzuschauen. Rund 1000 Menschen sind dem Aufruf des Bündnis’ „United for Iran“ gefolgt, um die feministische Revolution in Iran zu unterstützen, gegen das Mullah-Regime zu protestieren und Druck auf westliche Politiker auszuüben.
Rund vier Monate ist es her, dass Jina Mahsa Amini zum tragischen Gesicht der Revolution wurde. Es ist der 16. September 2022, als die 22-jährige Kurdin in Teheran von der sogenannten Sittenpolizei verhaftet und zu Tode geprügelt wird, weil sie ihr Kopftuch nicht wie vorgeschrieben trägt. Seitdem gehen im Iran mutige Menschen trotz Verbots und mit dem Wissen, dass ihnen die Todesstrafe droht, für mehr Rechte und Freiheiten und gegen das Mullah-Regime auf die Straße. Auch in Kiel gibt es immer wieder Solidaritäts-Kundgebungen.
Demonstranten wollen Zeichen setzen
Nachdem die Proteste zuletzt etwas weniger geworden waren, haben sich nun wieder zahlreiche Menschen versammelt. Sie ziehen vom Bahnhof über die Andreas-Gayk-Straße und Holstenfleet zur Bergstraße, weiter zum Lessingplatz und zu einer Abschlusskundgebung auf den Exerzierplatz. Es ist die erste Demonstration, die das im November gegründete Bündnis „United for Iran“, ein Zusammenschluss mehrerer Organisationen und Vereine wie die „Seebrücke“ oder Amnesty International, organisiert hat.
„Es ist wichtig, dass wir immer wieder auf die Situation in Iran aufmerksam machen, den Protestierenden vor Ort unsere Unterstützung zeigen und bei der Politik Druck machen, dass auch Wahlberechtigte aus Deutschland die Taten des Mullah-Regimes verurteilen und ein Ende der Handelsbeziehungen fordern“, sagen die Bündnis-Sprecherinnen Natalie Demmer und Helen Ruck.
Proteste in Iran: Internet an vielen Orten eingeschränkt
Vor allem die Solidarität mit den Protestierenden in Iran stehe im Vordergrund. „Es gibt ihnen einen Schub, wenn sie wissen, dass auch in anderen Ländern demonstriert wird“, sagen Demmer und Ruck. Zwar sei es schwierig, mit den Menschen im Iran in Kontakt zu treten, da das Regime versucht, das Internet abzuschalten und soziale Medien verbietet, doch es gibt immer noch Wege, um die Botschaften und Bilder aus Deutschland zu übermitteln.
Das bestätigt Arash Guitoo. Der gebürtige Iraner ist seit 16 Jahren in Deutschland. Der Islamwissenschaftler an der Christian-Albrechts-Universität hat viele Verwandte und Bekannte in seinem Geburtsland, viele von ihnen beteiligen sich an den Protesten. „Einige sind auch verhaftet worden“, sagt Guitoo. „Überall gibt es Überwachungen. Es ist wie bei Big Brother, es entsteht ein islamisches China.“ Der Kontakt in die Heimat läuft vor allem über das Telefon. „Das Internet funktioniert nur sporadisch.“ Dennoch erreichen die Demonstranten immer wieder Videos oder Fotos von Protestaktionen aus Deutschland.
Doch es reiche nicht aus, nur Solidarität mit Iranerinnen und Iranern zu zeigen, sagt Guitoo. Auch die Politik in Deutschland wird zum Handeln aufgefordert. „Die Hinrichtungsmaschinerie des Regimes ist im vollen Gange, um die Demonstrierenden einzuschüchtern. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich entschieden für die Stärkung der Demokratiebewegung im Iran einzusetzen und nicht weiter mit einem Regime zu verhandeln, das offensichtlich nicht davor zurückschreckt, seine eigenen Bürgerinnen und Bürger zu ermorden und dessen Drohnen mittlerweile auch auf der ukrainischer Zivilbevölkerung landen.“
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Auch Homayoon Zandi hält Kontakt in die Heimat. Zwei seiner Schwestern leben im Iran – und beteiligen sich an den Protestaktionen, indem sie von den Balkonen Parolen gegen die Regierung rufen. „Natürlich haben sie auch Angst vor der Art und Weise, wie das Regime mit den Demonstrierenden umgeht, sie ins Gefängnis steckt oder hinrichtet.“ Doch der Mut und der Drang nach mehr Freiheit und Rechten sind stärker als die Furcht vor Strafen.