Kiel 2037 - mit Karstadt und „oben ohne“?
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© Quelle: RND/KN
Liebe Leserinnen und Leser,
diese Zeilen schreibe ich gerade nicht im Büro, sondern in meinem Wohnzimmer. Ich arbeite im Homeoffice: Beide Kinder, zwei und vier Jahre, sind krank. Ich beobachte die beiden, wie sie spielen, malen, und ja, auch mal einen Film schauen. Ich schaue ihnen zu und frage mich, wie Kiel aussehen wird, wenn die „Große“ volljährig ist, im Jahr 2037. Das, worüber wir uns heute freuen, ist dann womöglich längst Geschichte. Das, woran wir uns stören, längst Normalität.
Ob die beiden noch zum Einkaufen das Haus verlassen? Oder ob sie es als Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte begreifen, dass ein Warenhaus einmal eine echt hippe Sache war („hipp“ ist dann wahrscheinlich so uncool wie heute „knorke“), und mit einem Gefühl von Mitleid für die Lebenszeit ihrer Vorfahren ihr Amazon-Konto öffnen? Wir wissen es nicht. Was wir wissen: Dass die Freude über den Verbleib von Karstadt in Kiel aus heutiger Sicht mehr als berechtigt ist, wie mein Kollegen Ulrich Metschies berichtet. Nicht nur im Sinne der Beschäftigten, sondern auch für die Entwicklung der Kieler Innenstadt und somit für all die in dieser Region lebenden Menschen, die bei ihrer Kaufentscheidung nicht nur auf Rezensionen und Preisvergleiche setzen, sondern auf Beratung und Anschauung von Produkten.
Dennoch: Das Geschäftsmodell des einst großen Warenhauses hat sich schon jetzt überlebt. Das zeigen die vielen Schließungen (52 der verbliebenen 129 Karstadt- und Kaufhof-Standorte), aber auch die Ankündigung, dass die Filiale in Kiel ihre beiden unteren Stockwerke abgibt. Damit meine Kinder den Namen Karstadt eines Tages nicht nur aus Dokus und Retro-Sendungen kennen, braucht es jetzt gute Ideen, um das Unternehmen auf tragfähige Beine zu stellen.
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Trotz Krise: Die Karstadt-Filiale in Kiel bleibt. Das Erdgeschoss und weitere Flächen werden aber abgegeben.
© Quelle: Ulf Dahl
Die 68er werden über diese Diskussion nur müde lächeln: Schon vor einem halben Jahr hat die Kieler Ratsversammlung entschieden, dass Frauen in den Schwimmbädern der Stadt künftig oberkörperfrei baden dürfen. Erst jetzt ist die neue Badeordnung allerdings fertig und rechtlich geprüft. Am Donnerstag wird die Ratsversammlung über die Texte abstimmen, ab April könnte dann auch für Frauen „oben ohne“ möglich sein. Wir werden darüber berichten, wie die neue, alte Freiheit angenommen wird. In einer Sache bin ich mir schon jetzt sehr sicher: Über die dazu geführten Debatten von heute wird die nächste Generation Badegäste vermutlich nur schmunzeln, aus welchem Grund auch immer.
Im Jahr 2037 gibt es in Kiel, wenn alles gut geht, eine Stadtbahn. Ginge es nach der „Letzten Generation“, würde Deutschland zu dem Zeitpunkt schon seit sieben Jahren keine fossilen Rohstoffe mehr nutzen. Für dieses Ziel kleben sich die Aktivistinnen und Aktivisten neuerdings auch in Kiel auf die Straße - zuletzt am vergangenen Montag am Knooper Weg. Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) möchte mit der Gruppe ins Gespräch kommen - und muss sich von der Kieler CDU-Fraktion den Vorwurf gefallen lassen, sich mit Erpressern an einen Tisch zu setzen. Ob die „Letzte Generation“ das Zeug zu Vorbildern für die nächste Generation hat oder ob das Stören des öffentlichen Lebens eher dem Anliegen Klimaschutz geschadet hat, werden mir irgendwann mal meine Kinder sagen.
Eines, das zweifellos auch 2037 noch Gültigkeit hat, tätowiere ich den beiden schon jetzt hinter die Ohren: Wer sein Karma-Konto für Lebzeiten ins Minus katapultieren will, der tut das, was in der vergangenen Woche zwei 16-Jährige in der Kieler Innenstadt getan haben. Sie überfielen einen Obdachlosen. Sie versuchten, einem Menschen etwas zu stehlen, der selbst nichts hat. Außer eben diesen Rucksack und ein paar Almosen. Zum Glück hat die Polizei sie geschnappt. Hier die ganze Geschichte!
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Die Kieler Kunsthalle wird am 25. September 2023 für umfassende Sanierungsarbeiten schließen. Erst fünf Jahre später soll die Kunst hier wieder eingezogen sein. Dazu gewinnt der denkmalgeschützte Museumsbau an Attraktivität. Einzelheiten dazu lesen Sie hier.
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Eigentlich hatte Nico Mordhorst das Restaurant Bootshaus an der Kiellinie nur in Schwung bringen sollen. Doch nun hat der Koch dessen Pächter Ahmad-Reza Zirakbash ausgelöst und sich in den ehemaligen Schönen Aussichten selbstständig gemacht. Sein Traum: das volle Potenzial des Traditionslokals zu entfalten.
Zitat der Woche
„Siri erleichtert mir sehr das Altwerden.“
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