Von Kiel nach Kuba und zurück
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Winken zum Abschied: Die Crew des Studentenseglers „Peter von Danzig“ startete bei bestem Wetter auf eine Reise von fast 13 000 Seemeilen.
© Quelle: Frank Peter
Kiel. Gut 17 Meter lang, fast fünf Meter breit, 25 Meter Masthöhe: Der „Peter von Danzig“ ist wahrlich keine Nussschale, sondern eine veritable Hochseejacht – die entgegen seemännischer Tradition übrigens ein männliches Schiff ist. Unter Deck bietet das Boot seiner Crew zehn Kojen und einen gemütlichen Salon zum Klönen, Lesen und Spielen. Und die Navigation hält alle Raffinessen zeitgemäßer Seefahrt vor. Dennoch ist es eine Vorstellung, an die sich ein Segelneuling erst gewöhnen muss: auf diesen 17 Metern den Atlantik zu überqueren – über zwei oder drei Wochen also buchstäblich kein Land zu sehen, sondern nur Wasser und Himmel.
Entsprechend fühlt sich Hanna Rückert, die aus Baden-Württemberg zum Studium nach Kiel gekommen ist und die zum Orga-Team gehört. Seit einem Jahr erst segelt sie, ihre Erfahrung mit Langfahrten: praktisch null: „Klar bin ich aufgeregt, aber ich freue mich riesig auf diese Tour.“
Insgesamt ist die Tour fast 13 000 Seemeilen lang
"Diese Tour" – das ist eine Seereise in 18 Etappen von insgesamt fast 13 000 Seemeilen, die am Sonnabend bei traumhaften Leinen-los-Wetter an der Kiellinie begann und annähernd ein Jahr dauern wird: einmal Karibik und zurück. Insgesamt 80 aktive und ehemalige Mitglieder des Akademischen Segler-Vereins (ASV) machen mit, bis zu zwölf Köpfe pro Etappe ist die Crew stark.
Unter dem Motto „Peter Libre“ segeln die Studentinnen und Studenten plus Ehemalige mit dem Flaggschiff des ASV zunächst die europäische Atlantikküste hinunter, machen dann einen kurzen Abstecher ins Mittelmeer ehe es als Teil der „Racing Devision“ der renommierten „Atlantic Rally for Cruisers“ im Regattafeld über den Atlantik geht. In der Karibik sollen dann verschiedenste Länder und Inseln erkundet werden, bevor das Schiff nach einer Umrundung Kubas seine Rückreise über die Bermudas und Azoren gen Kiel antritt.
„Einen anderen Blick auf das Meer und andere Länder bekommen“
Was macht man auf so einem Trip? Ist das Urlaub? Selbsterfahrung? Welterkundung? Oder ein bisschen auch Flucht vor dem mit Negativnachrichten gefluteten Alltag? „Vor allem geht es darum, einen anderen Blick auf das Meer und andere Länder zu bekommen, die Elemente zu erleben, mit dem Nötigsten auszukommen und im Team Herausforderungen zu meistern“, sagt Owe Jessen, einer der beiden Vorsitzenden des ASV. Manche Crewmitglieder sind zwei, drei Wochen an Bord, andere segeln Monate mit. Praktische Segelerfahrung sammeln, auch unter widrigen Bedingungen, das ist natürlich ein Ziel dieser Reise.
Geleitet wird sie von drei erfahreren Seglern – dem Skipper und zwei Wachführern. Crewmitglied kann jeder und jede werden, sofern erste Segelerfahrungen vorhanden sind. Auch Gäste können sich anmelden – wenn sie sich für den Verein interessieren und eine Mitgliedschaft ernsthaft ins Auge fassen.
Die jedoch hat schon ein wenig den Charakter einer Ehe, denn wie bei allen studentischen Vereinigungen – und als solche wurde der ASV 1910 gegründet – gilt hier das „Lebensbundprinzip“. Soll heißen: Ein Austritt ist zwar grundsätzlich möglich, wird aber nicht so gerne gesehen. Der ASV ist zwar keine Verbindung, doch lange nach der Neugründung 1948 gab es auch hier viele alte Zöpfe, die inzwischen abgeschnitten wurden – was allerdings etwas dauerte: Erst seit 1971 dürfen auch Frauen Mitglied werden. Aktuell hat der Verein rund 350 Mitglieder, die meisten davon Ex-Studenten („alte Damen“, „alte Herren“). Immerhin: Von den fast 50 aktiven Studentinnen und Studenten („Activitas“) ist die Mehrzahl weiblich.
Kosten für die Crewmitglieder sind gestaffelt
Einmal Karibik und zurück – das klingt teuer. Tatsächlich müssen die Crewmitglieder schon Geld mitbringen. Rund 60 000 Euro betragen insgesamt die Kosten für das Schiff, hinzu kommen Verpflegung, Hafengebühren und natürlich Flugkosten, um während der Reise dazuzustoßen oder nach einer Etappe wieder nach Hause zu kommen.
„Die Kosten für die Crewmitglieder sind gestaffelt, liegen aber nicht höher als ein mittleres Urlaubsbudget“, sagt Jessen. Rund 600 bis 800 Euro für eine Etappe seien schon eine realistische Größenordnung. Dass es nicht teurer ist, liegt aber auch an vielen Spenden und dem Einsatz zahreicher Helferinnen und Helfer, die quasi bis zur letzten Minute am „Peter“ arbeiteten, die Technik checkten und Ausrüstung organisierten.
„Leinen los!“ Es ist 12.13 Uhr als Skipper Karsten Steinbach das Kommando gibt. Bei Sonnenwetter und lauschigen zwei, drei Windstärken legt der „Peter“ mit Motorhilfe ab, und stellt sich in den Wind. Wenige Minuten später sind Großsegel und Vorsegel gesetzt, das Schiff nimmt Fahrt auf Richtung Kanal, und das große Winken beginnt. Bisher hat der „Peter“ noch allen Stürmen getrotzt.
KN