Tovar: Jeder Cent der Spenden wird bei den Menschen in der Türkei ankommen
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Kiels Stadtpräsident Hans-Werner Tovar verbürgt sich persönlich dafür, dass die Spendensumme bei den Opfern des Erdbebenunglücks in der türkischen Partnerstadt Hatay ankommt.
© Quelle: Ulf Dahl
Herr Tovar, was war Ihr erster Gedanke, als Sie von den verheerenden Erdbeben in Kiels türkischer Partnerstadt Hatay hörten?
Hilflosigkeit. Und zugleich der dringende Wunsch, irgendetwas zu tun, um den Opfern dieser Katastrophe zu helfen. Wir haben an dem Tag bis spätabends diskutiert, was wir machen könnten, uns dann aber entschlossen, erst mal auf Nachricht von unseren Partnern vor Ort zu warten.
Spontan organisierte Hilfslieferungen zu organisieren, wie es jetzt viele Privatleute tun, war für Sie keine Option?
Ich habe größten Respekt vor den Menschen, die Sachspenden einsammeln und mit einem Lkw direkt ins Katastrophengebiet bringen wollen. Ich fürchte nur, dass das eine sehr komplizierte Art des Helfens ist, die vielen Hindernissen begegnen wird – seien es Grenzformalitäten, schwere Erreichbarkeit der zerstörten Zonen oder die Frage, wie vor Ort die Spenden sinnvoll verteilt werden sollten.
Aber wie kann man denn stattdessen von hier aus helfen?
Unsere Ansprechpartner in Hatay, mit denen wir bisher Kontakt hatten, sagen, dass im Moment nichts zählt, außer die Verschütteten zu bergen. Es wird aber bald der schreckliche Moment kommen, in dem klar ist: Überlebende gibt es nicht mehr. Von da an werden Leichen geborgen, damit die Hinterbliebenen um ihre Toten trauern können. Frühestens ab diesem Zeitpunkt können die Verantwortlichen vor Ort überhaupt darüber nachdenken, ob spontan Hilfe aus dem Ausland gebraucht wird und welche das sein könnte.
Wer sind denn Ihre Ansprechpartner?
Vor allem der Vize-Bürgermeister. Er fungiert zurzeit als Brückenkopf zu uns und hält uns mithilfe unserer Dolmetscherin so gut es geht auf dem Laufenden. Aber auch er lebt jetzt inmitten von Tod und Zerstörung, hat mit seiner Familie eiskalte Nächte im Auto verbracht aus Angst vor Nachbeben – Antworten auf die Frage, wie Hilfe aus Kiel aussehen müsste, sind da zurzeit nicht möglich.
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Kiels Stadtpräsident Hans-Werner Tovar war im Oktober 2016 zur Einweihung einer aus Kiel finanzierten Schule in der türkischen Partnerstadt Hatay.
© Quelle: LH Kiel
Wir, die Kieler Nachrichten, sammeln jetzt über unseren Verein „KN hilft“ Spenden, die wir dann Ihnen zu treuen Händen übergeben werden. Was genau soll mit dem Geld passieren?
Zunächst mal möchten wir allen Spenderinnen und Spendern von Herzen für ihre spontane Großzügigkeit danken. Und auch Ihnen, den Kieler Nachrichten, denn für uns als Stadtverwaltung wäre es nicht ohne Weiteres möglich, Spenden zu sammeln. Ich verbürge mich persönlich dafür, dass jeder Cent dieses Geldes den Menschen in Hatay zugutekommt.
Die Spenden ermöglichen zweierlei: Sobald von unseren Partnern vor Ort die Bitte um konkrete Hilfe kommt, beispielsweise weil Dieselgeneratoren zur Stromversorgung fehlen oder dergleichen, können wir mit einem Teil der Spendensumme aktiv werden. Wir werden dann versuchen, die benötigten Güter möglichst innerhalb der Türkei beschaffen zu lassen und sie nur zu finanzieren – das erspart die aufwendige Logistik einer Lieferung aus Deutschland. Sollte das nicht gehen, würden wir die Lieferung aus Deutschland organisieren.
Das zweite ist die Unterstützung des Wiederaufbaus, dessen Ausmaß gigantisch sein wird. Darum werden wir, wie seinerzeit mit der durch Kieler Spenden finanzierten Schule in Hatay, konkrete Projekte auswählen und genau dafür das gespendete Geld einsetzen. Dass das vertrauensvoll funktioniert und nichts in dunkle Kanäle abgezweigt wird, haben wir bereits erlebt, und wir verlassen uns daher auch weiterhin auf unsere erprobten Kontakte in der Stadt.
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Aber selbst wenn wir alle fleißig weiter spenden, ist das doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein ...
... das stimmt, darum haben wir auch schon die Idee formuliert, in unserem städtischen Haushalt einen festen Betrag zur Unterstützung der Menschen in Hatay einzustellen. Daran wird bereits gearbeitet. Zudem planen wir Gespräche mit Amtskollegen in Aalen, ebenfalls Partnerstadt von Hatay, um zu sehen, was wir vielleicht gemeinsam organisieren könnten. Auch das ist im Vergleich zum Gesamtbedarf fast nichts, aber wenn sich viele derartige Initiativen bilden, kann es insgesamt dann doch spürbar helfen.
KN