Flüchtlinge in Bosau

Angst vor Abschiebung nach Griechenland

Foto: Der Kreis Ostholstein schiebt eine jemenitische Familie nach Griechenland ab. Die Nachbarn in Bosau möchten das verhindern (hinten von links): Karin Schröder, Frank Braun, Anika Ingenkamp, Robinson Winkler, Claudius Winkler und Alica Nowak. Die betroffene Familie möchte aus Furcht vor jemenitischen Extremisten  nicht mit einem Foto in die Öffentlichkeit. Deshalb sind sie nur von hinten zu sehen.

Der Kreis Ostholstein schiebt eine jemenitische Familie nach Griechenland ab. Die Nachbarn in Bosau möchten das verhindern (hinten von links): Karin Schröder, Frank Braun, Anika Ingenkamp, Robinson Winkler, Claudius Winkler und Alica Nowak. Die betroffene Familie möchte aus Furcht vor jemenitischen Extremisten  nicht mit einem Foto in die Öffentlichkeit. Deshalb sind sie nur von hinten zu sehen.

Bosau. Der 48-Jährige möchte seinen Namen nicht in der Zeitung lesen. Er war Regierungsangestellter in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa. Als die Rebellen die Stadt einnehmen und beginnen, Menschen zu töten, ergreift er im Jahr 2016 die Flucht. Nach einigen Monaten kommen er, seine 44-jährige Frau und die vier Kinder im Alter zwischen 18 und 24 nach Griechenland. Die Behörden dort bringen sie in Athen in einem Camp unter, erzählt er. So weit ist noch alles gut.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Keine Unterstützung vom Staat

Nach einiger Zeit aber erhalten sie den Status als anerkannte Flüchtlinge. Die Folge: Die Unterstützung des Staates entfällt. Sie leben auf der Straße. Keine Arbeit. Keine Aussicht auf Besserung. „Hölle“ nennt der Vater diese Phase in Griechenland. Sie entschließen sich weiter zu ziehen. Nach mehreren Zwischenstationen leben sie seit Oktober 2017 in Bosau im Kreis Ostholstein.

Der jüngste Sohn geht zur Berufsschule und peilt den Realschulabschluss an. Er spielt als Stürmer Fußball bei Eutin 08. Die älteste Tochter studierte zuletzt im Jemen Business Management. Ihr größter Wunsch: die Ausbildung in Lübeck oder Kiel fortsetzen. Alle besuchen Integrations- und Sprachkurse und fühlen sich wohl in Bosau.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Ausländerbehörde wendet Dublin-Abkommen an

Damit könnte bald Schluss sein. Sie sollen nach Griechenland zurück. Nach dem Dublin-Abkommen darf die Bundesrepublik „rückführen“. Das bedeutet, dass jener Staat für Migranten zuständig ist, in dem diese zuerst den Boden der EU betreten haben. Angesichts der dadurch entstehenden Belastungen in Ländern wie Griechenland oder Spanien stufte selbst Kanzlerin Angela Merkel das Abkommen schon im August 2018 als „nicht funktionsfähig“ ein. Die Ausländerbehörde des Kreises Ostholstein und das Landesamt handeln gleichwohl nach diesem Gesetz.

"Da werden Leben zerstört"

Dagegen machen nun Nachbarschaft und Freunde mobil: „Sie haben sich so wunderbar eingelebt. Es sind nette Nachbarn“, sagt Karin Schröder, die nebenan wohnt. Die Kinder seien sehr freundlich. Anika Ingenkamp kann die Entscheidung der Behörden nicht verstehen. „Die Familie hat in Griechenland im Elend gelebt. Und in dieses Elend sollen sie zurückkehren?“ Claudius Winkler blickt auf die Tage nach der Rückführung: „Die Familie wird uns sehr fehlen.“ Sein Bruder Robinson spricht von einer „ethischen Verpflichtung“, in diesem Fall zu helfen. Frank Braun ist empört: „Ich finde das entsetzlich. Da werden Leben zerstört.“

Flüchtlingsvater dankt Deutschland

Der Flüchtlingsvater bedankt sich ausdrücklich bei Deutschland, dass er und seine Familie aufgenommen wurden. Die Aussicht, wieder nach Griechenland zu gehen, mache ihm aber große Angst. Er schlafe kaum noch vor Sorge. Dort sieht er keine Zukunft für sich und seine Familie. Seine Frau sei durch den Bürgerkrieg im Jemen und die Flucht traumatisiert und in Deutschland in ärztlicher Behandlung. Sein Sohn habe eine Verletzung am Knie, die er sich bei einem Sturz noch im Jemen zugezogen habe. Er fürchte, so seine Erfahrung, dass sie in Griechenland nicht richtig versorgt würden.

KN

Mehr aus Ostholstein

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken