Tafel Eckernförde: Was man als Ausgabehelferin erlebt
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Eckernförder Tafel: KN-Redakteurin Cornelia Müller überreicht einer Kundin den Beutel mit dem gewünschten Brot. In manchem Fall ist die Sprachbarriere hoch. Die Verständigung klappt dann flott „mit Händen und Füßen".
© Quelle: Uwe Paesler
Eckernförde. Einen Tag bei der Tafel in Eckernförde helfen: Ich will diese Arbeit aus der Sicht Ehrenamtlicher, die mit dafür sorgen, das arme Menschen genug zu essen haben, kennenlernen. „Kein Problem“, sagt Petra Winter auf meine Anfrage. Sie ist Leiterin der Eckernförder Tafel, zu der auch die Ausgabestelle Gettorf gehört. „Ich teile Sie einer Mitarbeiterin zu.“
Zupacken, Freude geben und haben: So werde ich im Nachhinein das Motto des Tages formulieren – voller Achtung für die 55 Frauen und Männer, die das im Familienzentrum Borby in Eckernförde und in Gettorf jede Woche umsetzen.
Lebensmittel: Tafel in Eckernförde und Gettorf versorgt 1500 Menschen
Die Lebensmittelspenden kommen von Supermärkten in Eckernförde, Gettorf und Umgebung, von Bäckereien, einem Bauernhof. Hinter 450 Berechtigten mit Ausweis vom Sozialamt stehen "mindestens 1500 Menschen", klärt Petra Winter auf. Nur ein Teil hole wöchentlich ab. Doch alle kämen regelmäßig und zahlten dafür den Obolus von zwei Euro.
Am Ausgabetag stärkt sich das 17-köpfige Team, das heute in Eckernförde am Start ist, zuerst mit Kaffee, Tee, belegten Broten. „Sie arbeiten mit Yvonne“, erklärt mir die Leiterin. Ein Kollege reicht mir eine blaue Weste mit Logo, die Arbeitskleidung. „Willkommen“, begrüßt mich Yvonne freundlich. „Wir duzen uns hier.“ Nun bin ich im Team.
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Petra Winter ist die Leiterin der Eckernförder Tafel.
© Quelle: Uwe Paesler
Offensichtlich freuen sich alle auf ihre Aufgabe, die sie von 9 bis 16 Uhr auf Trab halten wird. Vor dem Eingang warten schon Menschen, bepackt mit Taschen und Beuteln. Sie haben sich am Vortag telefonisch angemeldet und eine Abholzeit bekommen. Für sie reicht es nur dank der Tafel zum Leben.
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Einzelhandel in Eckernförde und Gettorf spendet vom Überfluss der Lebensmittel
Im Ausgaberaum stehen hinter der langen Tischreihe stapelweise blaue Kisten mit sortierten Spenden. Sie sind gefüllt mit frische Ware – Überfluss aus Läden, die ihn zum Glück nicht in den Müll geben. Vor den Tischen gibt es Plastikscheiben, Corona ist noch aktiv. Die Kundschaft trägt Maske, dem Team steht es frei.
Die Stationen sind nach Ware eingeteilt: Obst, Gemüse, Eier, Milchprodukte, Brot. An der Ausgabe sind wir acht Frauen. In der Küche waschen einige von uns Packungen ab, die nicht sauber aussehen, aber unversehrt sind. Gerhard und Peter klappern mit dem Lieferwagen indes die Supermärkte ab. Im Tafel-Keller nimmt Josef Ware an, sortiert sie mit Kollegen, wäscht leere Kisten. Andere bringen Nachschub nach oben.
Spenden Sie für die Tafeln im Land
Die Tafeln im Land stoßen an ihre Grenzen. Immer mehr Menschen sind auf die Ausgabe von Lebensmitteln angewiesen. Der Verein „KN hilft“ startet deshalb in diesem Jahr eine große Spendenaktion. Sämtliche Einnahmen der Aktion „Gutes tun im Advent“ wird den Tafeln zur Verfügung gestellt. Ab sofort ist das Spendenkonto bei der Förde Sparkasse freigeschaltet. Möchten Sie nicht, dass Sie als Spender in der Zeitung erwähnt werden, schreiben Sie bitte hinter Verwendungszweck „kein Name“. Möchten Sie eine Spendenbescheinigung, vermerken Sie „Spendenbescheinigung“ und Ihre Adresse. Spendenkonto KN hilft: Förde Sparkasse IBAN DE05 2105 0170 1400 2620 00
„Wir geben Brot aus, bitte in die mitgebrachten Beutel“, weist mich Yvonne ein. „Dazu packst Sauerkraut, Süßigkeiten, Kartoffelpüree, Dosensuppe. Das gibt es heute obendrauf. Die Menge geht nach Haushaltsgröße. Die erkennst du am farbigen Punkt auf dem Ausweis, den die Berechtigten tragen.“
Top Organisation macht Helfen bei der Tafel Eckernförde leicht
Die erste Kundin ist da: roter Punkt, eine Person. Dass ich neu bin, merkt sie gleich. Ihre Augen ermuntern mich. Sie schiebt mir einen Baumwollbeutel durch den Schlitz unter der Plastikscheibe zu. „Welches Brot möchten Sie?“, frage ich höflich. Sie deutet nach oben aufs Regal. „Toast?“ Richtig. Und noch zwei Brötchen darf ich ihr geben.
Alles kommt in eine leere Kiste, die ich durch den Schlitz schiebe. Die Kundin packt ein, dankt, rückt zu den Eiern vor. „Guck’ am besten vorher, welche Mengen du gleich brauchst“, gibt mir Mitarbeiterin Monika einen Tipp. „Die Punkte erkennt man von Weitem.“ Yvonne freut sich, dass ich nun Vorlauf habe. Das schafft ihr die kleine Pause, um Tee zu holen. „ Man vergisst hier, ausreichend zu trinken“, mahnt sie.
Ich habe nun auch Augen und Ohren dafür, wer vor mir steht. Viele können nur wenig oder gar kein Deutsch. Etliche der vielen Flüchtlinge sind aus der Ukraine. Manche Kundin dankt überschwänglich, andere sind schweigsam. Ein junger Mann lacht, als ich kleine Kinderkekse dazu lege. Yvonne hat mir zugeflüstert, dass er sein Kind allein erzieht.
Gegen die Armut: Auch Ehemalige halten zur Tafel Eckernförde
Andere versuchen zu handeln, obwohl das tabu ist. Es soll für alle reichen, auch für zehnköpfige Familien. Dass etliche betagte Kundinnen dabei sind, macht mich demütig. Wie viele von ihnen haben ein langes Berufsleben hinter sich – und die Rente reicht nicht zum Leben. Begegnungen sind ist etwas anderes als Statistiken. Schon grüßt der Nächste. Kein Brot, aber bitte die Extras. „Danke und alles Gute für dich“, sagt er, winkt. Ich lächle.
Um zwölf Uhr ist Pause. Meine Laune ist gut: Es klappt mit dem Austeilen, die Kundschaft ist liebenswert, das Team eine Wucht. Humor ist vor und hinter den Kulissen angesagt. Kein Wunder, dass viele Ehrenamtliche Jahre mitmachen. Wie Hans-Jürgen, ein Ehemaliger. „Ich habe Suppe für eure Pause gekocht“, verkündet er, als er überraschend auftaucht. „Ihr müsst doch fit bleiben.“ Da macht der Tafeltag der Helfer gleich noch mehr Freude.
KN