Schulen aus Bad Segeberg mobilisieren gegen den Krieg
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Mehr als genug Schülerinnen und Schüler waren gekommen, um am Ende auf dem Marktplatz gemeinsam das Peace-Zeichen zu formen.
© Quelle: Mattes Rittscher
Bad Segeberg. Es gab schon deutlich unbeschwertere Zeiten, um erwachsen zu werden. Nach zwei Jahren Corona-Pandemie mit etlichen individuellen Einschränkungen und Distanzlernen sehen sich die Kinder und Jugendlichen plötzlich mit einer neuen, völlig anderen Bedrohung konfrontiert: Krieg – und dessen verheerenden Folgen.
In den weiterführenden Schulen der Kreisstadt hatten sich zuletzt die Stimmen gemehrt, man müsse doch etwas tun. Irgendetwas. Gemeinsam. Am Freitag war es soweit: Mit einem Sternmarsch unter dem Motto „Wir für den Frieden“ haben über Tausend Schülerinnen und Schüler ihren Protest gegen das Morden, ihre Solidarität mit den Opfern und zum Teil auch ihre ganz persönlichen Ängste öffentlich ausgedrückt. Die Gemeinschaftsschüler und Gymnasiasten starteten jeweils an ihren Standorten und trafen sich dann zu einer Kundgebung auf dem gerade erst neu gestalteten Marktplatz.
Schule am Burgfeld hatte weitesten Weg
Den mit Abstand kürzesten Weg hatten die Klassen aus der benachbarten Dahlmannschule, den weitesten die aus der Schule am Burgfeld. Gemeinsam mit Rektor Rüdiger Nelson und dem Kollegium kamen rund 750 Personen in einer langen Kolonne über die Burgfeldstraße, den ZOB und den Jungfernstieg. Aus der Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe war der letzte Anstoß zu der Aktion gekommen, an der sich auch das Städtische Gymnasium beteiligte. Der STG-Tross näherte sich dem Treffpunkt durch die Fußgängerzone.
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© Quelle: Thorsten Beck
Claire Richter, Mitglied der Schülervertretung der Schule am Burgfeld, hat das Ganze mit ins Leben gerufen und gemeinsam mit anderen auch die Vertretungen der übrigen Segeberger Schulen kontaktiert. Die waren sofort Feuer und Flamme. Ziel sei es, gemeinsam ein Zeichen für den Frieden zu setzen und auf die generelle Problematik der Flucht durch Krieg aufmerksam zu machen: „Hier geht es nicht nur um die Ukraine; wir möchten allen Flüchtlingen zeigen, dass wir sie mit voller Solidarität unterstützen“, sagte sie.
Schulleiter unterstützte Aktion sofort
Auch Schulleiter Nelson unterstützte die Initiative sofort: „Es geht darum, gegen den Krieg zu demonstrieren und für eine friedliche Welt einzutreten.“ Es sei beeindruckend, wie schnell die jungen Leute die Organisation erledigt und das zentrale Thema der heutigen Zeit in die öffentliche Wahrnehmung gerückt hätten: „Schüler und Schülerinnen für Frieden!“
Alle Mitglieder der teilnehmenden Schulen könnten stolz darauf sein, gemeinsam ein wichtiges Statement gesetzt und gezeigt zu haben, in welcher Welt sie leben wollen: nämlich einer friedlichen. Unterstrichen wurde das am Freitag durch ein großes Peace-Zeichen, das die Anwesenden gemeinsam unter den Klängen des John-Lennon-Klassikers "Give Peace a Chance" bildeten. Weil deutlich mehr Menschen gekommen waren, als auf den vorgezeichneten Linien Platz fanden, formierte sich der Rest mit etlichen Transparenten und Plakaten darum herum. Oberstufenschüler Mattes Rittscher von der Dahlmannschule hielt das Bild per Drohnen-Kamera aus der Luft fest.
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Um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, hatten die Verantwortlichen sogar extra einen eigenen Ordnungsdienst auf die Beine gestellt. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der nach wie vor hohen Corona-Inzidenzen galt Maskenpflicht.
Ordnungsamt machte Aktion möglich
Diese Umsicht war natürlich ganz im Sinne des Bad Segeberger Ordnungsamtsleiters Hartmut Gieske, der das Geschehen vom Rande des Marktplatzes aus mit Interesse beobachtete. „Die Anmeldung ist bei uns erst am Mittwochmorgen eingegangen“, erzählte er. Das sei angesichts der notwendigen Vorbereitungen „ziemlich sportlich“ gewesen. Doch letztlich habe ja alles geklappt; vor allem auch die wichtige Begleitung der Märsche durch die Polizei.
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© Quelle: Thorsten Beck
Gieskes Chef, Bad Segebergs Bürgermeister Toni Köppen, hatte sicht ungeachtet zahlreicher Termine in Sachen Flüchtlingsunterbringung ebenfalls die Zeit genommen und schaute sich das Spektakel aus der Nähe an. „Das Engagement der Schülerinnen und Schüler macht Mut für die Zukunft.“ Die Aktion stehe in gewisser Weise sinnbildlich für die Anteilnahme und Hilfsbereitschaft, die in der Stadt derzeit überall zu spüren sei.
Schule am Seminarweg nicht dabei
Ein kleiner Wermutstropfen war die Abwesenheit der Gemeinschaftsschule am Seminarweg bei der gemeinsamen Kundgebung. Die hatte es vorgezogen, vor dem Eintreffen der anderen auf dem Marktplatz kurz nach 11 Uhr bereits eine eigene kleine Veranstaltung abzuhalten. Alle Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte stimmten dort das hebräische Friedenslied „Hevenu Shalom Alechem“ an, zu deutsch: „Wir wollen Frieden für alle.“
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© Quelle: Thorsten Beck
Rektor Dr. Thilo Philipp hatte im Vorfeld darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um eine Aktion der Schülervertretung handelt, wie bei den anderen Schulen, sondern um eine offizielle Schulveranstaltung. Da die Seminarweg-Schule keine Oberstufe habe, seien die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Schülerschaft jünger als die an den Gymnasien oder der Schule am Burgfeld. Außerdem, so Philipp, dürften Lehrkräfte generell nicht demonstrieren.
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Für die Pädagoginnen und Pädagogen der anderen Lehranstalten stellte das offenkundig keinen wirklichen Hinderungsgrund dar. Disziplinarrechtliche Schritte des Bildungsministeriums dürften angesichts des Hintergrundes der Veranstaltung wohl auch eher nicht zu erwarten sein.
Wie auch immer: Die Botschaft war unter dem Strich in beiden Fällen dieselbe – und deutlich.