Endlich wieder Cowboys und Indianer

„1883″ und „The English“: Lang lebe der Western

Gleich zwei opulente Serien belegen: Cowboys und Indianer sind mediale Überlebenskünstler.

Gleich zwei opulente Serien belegen: Cowboys und Indianer sind mediale Überlebenskünstler.

Es gibt kein Film- und Fernsehgenre, das öfter totgesagt und wiederbelebt wurde als der Western. Zu schwarz-weißer bis technicolorbunter Zeit die Essenz einsamer Überlebenskämpfe in feindseliger Umgebung, kamen Cowboys und Indianer Ende der Fünfziger außer Mode, wurden Mitte der Sechziger von Sergio Leone reanimiert und fielen Ende der Siebziger ins Koma, aus dem sie 1990 Kevin Costners „Der mit dem Wolf tanzt“ holte.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Es war das Anschwellen weiterer Wellen, auf denen vor Jarmusch („Dead Man“) oder Tarantino („Django Unchained“) ein Fernsehformat nach Westen ritt, mit dem sich 2003 auch am Bildschirm alles änderte. 100 Jahre nach „Der große Eisenbahnraub“ stellte das real existierende „Deadwood“ die US-Zivilisation von 1877 dar, wie sie mit jedem Kilometer landeinwärts wirklich wurde: gesetzlos, dreckig, darwinistisch, also tödlich wie jenes Fort Worth, wo gerade die neuste Westernwoge brandet.

Mit Frau (Faith Hill) und Kind (Isabel May) führt James Dutton (Tim MacGraw) deutsche Immigranten aus der texanischen Wüste ins fruchtbare Montana, und wem der Name bekannt vorkommt: Es ist ein Urahn jenes Patriarchen, den Kevin Costner im Neowestern „Yellowstone“ einige Generationen später zum Welterfolg machte. Zum Start von Paramount+ erzählt „1883″ nun die Vorgeschichte der Großgrunddynastie. Showrunner Taylor Sheridan wählt eine Bild- und Tonsprache, die sich nicht meilenweit, sondern kontinentbreit vom früheren Genre entfernt.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Wildnis und Waffen

Schon zu Beginn zoomt Regisseur Ben Richardson nicht auf frisch rasierte Cowboys in gebügelter Weste; minutenlang filmt er die junge Elsa Dutton im Staub der „Great Plains“. Solche Bezeichnungen, sagt sie im Staub der endlosen Steppe, hätten sich „Professoren umgeben von Ideen der Ordnung“ ausgedacht, „aber um sie zu verstehen, muss man sie durchqueren, in ihren Dreck bluten“. Und das machen nahezu alle Charaktere fast pausenlos. Auf dem Treck gen Norden – angeführt von der toughen wie traurigen Figur Shea Brennan (Sam Elliott) – herrscht bestenfalls Faust-, meist aber Standrecht, das Beteiligte wie Unbeteiligte noch schneller unter die Erde bringt als Hunger, Kojoten, Unfälle und Schlangen.

Der Tod, lautet die Botschaft des neuesten Westernrevivals, ist das Einzige, worauf sich europäische Siedler und ihre Begleiter auf dem Weg durchs gelobte Land verlassen dürfen.

Wer sich nicht bewaffnet, zweite Message, hat schon verloren – was beiläufig einiges über die schießwütigen USA der Trump-Zeit sagt. Das in dieser Drastik zu zeigen animiert Superstars wie Tom Hanks (2020 mit dem Netflix-Film „News of the World“ in derselben Zeit tätig) zur winzigen Nebenrolle.

Meisterwerk bei Magenta: „The English“

Zwei Wochen früher (und vier vorm Start der Paramount-Version von „Billy the Kid“) ist bei Magenta ein wahres Meisterwerk angelaufen. „The English“ schildert das Los der englischen Aristokratin Cornelia Locke (Emily Blunt), die dem angeblichen Mörder ihres Sohnes nach Amerika folgt. Finanziell sorglos, aber ohne Prärieerfahrung, begleitet sie der indigene Armeescout Eli (Chaske Spencer) ins Ungewisse und erlebt dort dieselben Gewaltexzesse wie ein Portal weiter Familie Dutton.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Wildnis, Rache, Lagerfeuer: Die Konstellation erinnert verteufelt an John Fords Kavallerieexpeditionen im Monument Valley – würde Showrunner Hugo Bick nicht aus jeder Szene ein sprechendes Gemälde machen, das Kameramann Arnau Valls Colomer in die originellsten Töne, Bilder, Perspektiven taucht und nebenbei das Leben der Ureinwohner authentischer erzählt als alle alten Western zusammen.

Und das wie bei „1883″ in einer Langsamkeit, die mit dem zurückhaltenden Soundtrack um Deutungshoheit ringt. Gewinner ist das Publikum. Und ihr beharrlichstes Genre.

„1883″ mit Sam Elliott und Tim MacGraw. Bereits streambar auf Paramount+.

Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken