Landkrimi „Flammenmädchen“: Ein Dorf in Angst
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Sophie Fenks (Annika Wonner) steht im „Landkrimi“-Fall „Flammenmädchen“ nachdenklich an einem Feuer.
© Quelle: Petro Domenigg/ZDF/dpa
Ähnlich wie die Sonntagskrimis im Ersten sind die österreichischen „Landkrimis“ eine Art Wundertüte. Die Teams und somit auch die Schauplätze wechseln ebenso regelmäßig wie die jeweilige Handschrift. Auch die Qualität ist mal so, mal so, was erklären dürfte, warum das ZDF die Importe lieber an lauen Frühlingsabenden ausstrahlt, wenn der Tag länger und das potenzielle Publikum zahlenmäßig kleiner wird.
„Flammenmädchen“ ist bereits der dritte Film aus dem Salzburger Land, aber die bisherigen Auftritte des Duos Manuel Rubey und Stefanie Reinsperger waren eher durchwachsen: Das Spektakulärste an „Drachenjungfrau“ (ZDF, 2018) waren die imposanten Aufnahmen der Krimmler Wasserfälle, und „Das dunkle Paradies“ (ZDF, 2020) verlor sich viel zu sehr im Privatleben der Polizistin, die es nicht schaffte, ihrer Familie beizubringen, dass sie lesbisch ist.
Krimiwürdiges Spannungsniveau in „Flammenmädchen“
Mit ihrem dritten Anlauf, „Flammenmädchen“, hat Regisseurin Catalina Molina nun ein krimiwürdiges Spannungsniveau gefunden, zumal diesmal auch die Kombination von Ermittlungsebene und Privatleben gut gelingt. Titelfigur ist ein etwa 15 Jahre altes Mädchen, das von seinem Vater ständig als „Trampel“ bezeichnet wird. Außenseiterin Sophie (Annika Wonner) hat einen eigenwilligen Weg gefunden, die Welt für ihren Schmerz büßen zu lassen: Seit Monaten wird das Dorf von einem Feuerteufel heimgesucht. Bislang ist dabei niemand zu Schaden gekommen, aber nun ist in einem seit Jahren leer stehenden Haus ein junger Mann verbrannt – deshalb wird die Serie von Brandstiftungen ein Fall für Martin Merana vom Salzburger LKA. Die Kollegin Heilmayr hat mittlerweile die Nachfolge ihres Vaters angetreten und leitet den örtlichen Polizeiposten.
Weil Drehbuchautorin Sarah Wassermair, die auch „Das dunkle Paradies“ geschrieben hat, bereits zu Beginn preisgibt, wer das Feuer gelegt hat, hält sich die Krimispannung zumindest in dieser Frage in Grenzen: Sophie hatte offenkundig keine Ahnung, dass sich jemand in dem Haus aufgehalten hat. Rätselhaft ist der Fall trotzdem: Bei der Obduktion der Leiche stellt sich heraus, dass der junge Mann mit K.-o.-Tropfen betäubt worden ist. Jetzt wird die Geschichte interessant: Je tiefer Merana und Heilmayr graben, desto mehr Unrat kommt zum Vorschein.
Opfer ist Sohn des Feuerwehrchefs
Die interessanteste Figur neben dem Titelmädchen ist der örtliche Feuerwehrchef, der von einer Defensive in die nächste gerät: Anfangs muss Andreas Moser (Simon Schwarz) seine Truppe vehement gegen die Unterstellung verteidigen, einer seiner Kollegen sei der Brandstifter, dann stellt sich heraus, dass das Opfer sein Sohn ist; und in dessen Vergangenheit stößt das ermittelnde Duo auf allerlei Ungereimtheiten. Simon Schwarz war auch der Hauptdarsteller von Molinas bislang bestem Film: „Das Glück ist ein Vogerl“ (2020) – einer wundervoll gespielten schmerzlich-schönen Tragikomödie über einen Musiklehrer, der nach einem Verkehrsunfall von einen ganz speziellen unsichtbaren Freund heimgesucht wird. In „Flammenmädchen“ ist seine Rolle weniger heiter.
Amüsant ist der Film stellenweise trotzdem: Im Rahmen der Ermittlungen trifft Merana auf eine Frau, in die er als Teenager ziemlich verliebt war. Marlies (Christina Trefny) hätte zwar ein Motiv, aber ihr Alibi ist hieb- und stichfest, weshalb einer Affäre nichts mehr im Wege steht. Eingefädelt wird sie durch Meranas Oma, die das Paar sehr zur Freude von Heilmayr ungeniert miteinander verkuppelt. Sehenswert ist „Flammenmädchen“ nicht zuletzt wegen der gut eingefangenen Atmosphäre und der sichtbar sorgfältigen Bildgestaltung (Klemens Hufnagl).
„Flammenmädchen“ läuft an diesem Montag (23. Mai) ab 20.15 Uhr im ZDF.
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