Letzter Rostocker „Polizeiruf 110“ mit Charly Hübner: Kommissar mit einem Hang zur Gosse
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Wie geht es mit Buckow (Charly Hübner) zu Ende?
© Quelle: NDR/Christine Schroeder
Rostock. Einen Mann wie Kommissar Bukow rauszuführen aus dem „Polizeiruf 110″, ohne dass der Krimi auseinanderfällt, ist eine komplizierte Sache, wenn der Mann die Aufgaben des Maschinisten übernommen hat. Den Dienst als Kommissar trat Buckow vor zwölf Jahren an, er hat in Rostock viele Pfähle eingeschlagen, viele Duftmarken gesetzt – nicht immer roch das gut, denn Charly Hübner spielt den Kommissar mit einem Hang zur Gosse. Es war nie klar, ob Bukow in der Interpretation von Hübner eher zur hellen oder dunklen Seite neigt.
Wer in mittlerweile 24 Folgen die Figur so prächtig in der Schwebe hält, ohne dass sie stürzt, und wer ihr eine Form von Doppelleben gibt, ohne dass das Publikum verwirrt davonläuft, ist kein Kommissar mehr, sondern irgendwann ein Künstler, der herauswächst aus dem Sonntagabend. Hübner wollte nicht mehr kurz nach acht in ungesaugten Wohnungen nach den Indizien wühlen.
Charly Hübner hört freiwillig als Alexander Bukow auf
Charly Hübner hat freiwillig mit diesem Alexander Bukow aufgehört, das macht es leichter, ihn zu verabschieden. Leichter für ihn, nicht für uns. Er wolle „die Rolle nicht spielen, bis Bukow nur noch asozial über der Büchse Bier sitzt“, hat Hübner mal gesagt. Er war tatsächlich auf dem Weg in dieses Lotterleben, auch wenn vor ein paar Folgen eine neue Liebe in sein Leben trat, die ihn belebt und die er eigentlich seit Dienstantritt gekannt hat: Die Kollegin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) wurde die Vertraute, die Geliebte. Die Nähe zwischen beiden sprengt das Maß der hanseatischen Zurückgenommenheit, die im „Polizeiruf 110″ aus Rostock stets als Arbeitsbasis galt.
In Buckows letzter Folge „Keiner von uns“ (9. Januar, 20.15 Uhr, ARD; Regie: Eoin Moore, der gemeinsam mit Anika Wangard das Drehbuch schrieb) gilt es nun, Bukows Abgang zu motivieren. Der NDR als verantwortlicher Sender hat in seiner Pressevorschau gar die letzte Viertelstunde rausgeschnitten, um zu verhindern, dass im Vorhinein das Ende schon verraten wird. Überlebt er? Überlebt er nicht?
Bukow ist beruflich hoffnungslos erledigt
Beruflich jedenfalls ist Bukow hoffnungslos erledigt. Diese letzte Folge bricht wie eine Welle über diesem Kommissar zusammen, jeder Fehltritt der vergangenen Jahre wird ihm heimgezahlt. Das Drehbuch hält sich an die Grundsätze des Jüngsten Gerichts: Veit, Bukows Vater, wurde erschossen, Veit war Kopf der Rostocker Unterwelt, Mädels, Drogen, Sünden aller Art. Plötzlich taucht Zoran Subocek (Aleksandar Jovanovic) auf, freigelassen nach elf Jahren Haft, Bukows alter Gegenspieler. Ein smarter, stets beherrschter Gangster ohne Überzeugungen. Das glatte Gegenteil von Bukow, der die Ärmel hochkrempelt und schnauft, bevor er spricht.
Subocek in seinem Opernmantel gibt sich aus als Marionettenspieler – er hat was in der Hand gegen König und Bukow. Das anrührende Liebespaar hatte Beweise gefälscht, um eine verjährte Straftat zu sühnen, Subocek hat Wind davon bekommen, in Haft erhielt er die Indizien. Wenn auffliegt, was Bukow und König da verschoben haben, kommt König gut zehn Jahre hinter Gitter, Bukow knapp die Hälfte.
Bukow und König werden von Killer erpresst
Sollen sich die zwei erpressen lassen von dem Killer Subocek, sich ihm fügen, ihm dienen als Lakaien in Uniform, damit er schweigt? Die Unterwerfung ist nicht Teil von Bukows Naturell, doch vorerst spielt er mit. Eine Schere tut sich auf: Beruflich steckt Bukow im freien Fall, privat aber erwächst hier eine Form von Glück mit Katrin König, die für schwerfällige Männer seines Schlages eigentlich nicht vorgesehen ist.
Ja, es gibt auch einen aktuellen Fall zu lösen, denn der Clubbetreiber Tito (Alexandru Cirneala) wird ermordet. Ging es um die Gage des Sängers Jo Mennecke, in einer Nebenrolle vom Ärzte-Musiker Bela B. Felsenheimer durchweg hölzern ausgestaltet? Erzählerisch ist diese „Polizeiruf“-Folge nicht die stärkste aus der Hübner-Ära – wahrscheinlich aber die erschütterndste.