„Stranger Things“ rettet Netflix – aber nicht für lange
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Die Schauspielerin Millie Bobby Brown kommt bei der Premiere der vierten Staffel der Teenie-Horrorserie „Stranger Things“ in die Netflix Studios Brooklyn.
© Quelle: Evan Agostini/Invision/AP/dpa
„Stranger Things“ hat mitgeholfen, Netflix’ befürchteten Fanschwund von den prognostizierten zwei Millionen auf tatsächliche nur eine Million zu bremsen. Gab ja auch wirklich viel zu sehen in der neuen, vierten Staffel des Horror-Franchise. Durchs Tor zur abscheulichen Parallelwelt trachtete ein mörderischer humanoider Lehmbatzen den jugendlichen Helden aus Hawkins, Indiana, nach dem Leben. Es gab Gulagszenen samt einer actionreichen Befreiungsaktion, und auch im sibirischen Winter wartete ein nur schwer besiegbares Monster auf Winona Ryder, David Balfour und Tom Wlaschiha.
Dass die Darsteller der Teenies Mike, Will, Eleven und des lispelnden Dustins inzwischen ein wenig zu reif aussahen für ihr vorgebliches Alter – geschenkt. „ST4″ war spannender und düsterer als die Vorgängerstaffeln, und man erinnerte sich wieder daran, dass es damals die erste Staffel dieser Serie gewesen war, die einen dazu motiviert hatte, auch Netflixianer zu werden.
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Und so wurde die vierte Staffel die publikumsträchtigste einer englischsprachigen Serie, die der Video-on-Demand-Laden aus dem kalifornischen Los Gatos bislang bereitgestellt hatte. 1,3 Milliarden Zuschauerstunden wurden aus den neun ein- bis zweistündigen neuen Episoden von „Stranger Things“ generiert (mehr hatte nur die koreanische Sci-Fi-Serie „Squid Game“). Ein Erfolg also, dieses zweite Netflix-Quartal – trotz des Minuszeichens davor. Die Netflix-Aktie, die im laufenden Jahr aber zwei Drittel ihres Wertes verloren hatte, legte darob heute (20. Juli) vorbörslich um mehr als 6 Prozent auf 214 Dollar zu.
Netflix’ Rückzug aus Russland kostete 700.000 Abos
Für die Zuschauereinbuße von einer Million wird Verschiedenes verantwortlich gemacht: In Zeiten der Inflation stoßen Haushalte generell „Luxus“ ab, der nicht zwingend benötigt wird. Die für den Netflix-Boom ab 2020 verantwortlichen Corona-Beschränkungen sind passé, die Menschen suchen sich Unterhaltung auch wieder außerhalb ihres Zuhauses. Der sanktionsbedingte Rückzug aus Russland nach Beginn des Ukraine-Überfalls kostete ungefähr 700.000 Abonnenten.
Zudem schläft die (oft billiger zu habende) Streamingkonkurrenz, nicht und die Zahl der Anbieter wächst. Disney+ ist bekannt dafür, ein reichhaltiges Familienprogramm anzubieten, und Apple TV+ gilt als das Haus, das – freilich in überschaubarer Zahl – verlässlich hohe Serien- und Filmqualität offeriert. Natürlich haben diese Anbieter deutlich weniger Kundschaft als der Weltmarktführer Netflix mit seinen 221 Millionen Abonnenten. Aber das überaus voluminöse Angebot aus Los Gatos enthält eben neben Highlights längst auch viel Trash, Kitsch und Kokolores.
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Man ist bei Netflix inzwischen Glaubens, dass die jeweils neueste Staffel von populären Serien wie „Stranger Things“ oder „Ozark“, wenn sie mit einigen Wochen zeitlichem Abstand zweigeteilt wird, lukrativer wird, weil sie dadurch länger Gesprächsthema ist. Bei Sky Q/Wow, Disney+ und Apple TV+ wird – zum Ärger der Freunde des Serienbingers – sogar nur eine Episode pro Woche gereicht. Anhaltende Unterschiede zum linearen Fernsehen: Man kann diese Folge weiterhin ansehen, wann immer man möchte und man hat – außer bei Wow – keine vorgeschaltete Werbung. Mit Microsoft will Netflix künftig ein werbefinanziertes, kostengünstigeres Abomodell anbieten. Und man strebt einen starken Auftritt im Videospielsektor an.
Netflix will das Passwort-Sharing mit einer Gebühr belegen
Was man dagegen zu beenden trachtet, ist das Passwort-Sharing – dass sich Nutzerinnen und Nutzer aus mehreren Haushalten ein Abo teilen (von 100 Millionen Haushalten ist diesbezüglich die Rede). Testweise wird derzeit in einigen Ländern erprobt, Kundinnen und Kunden eine Extragebühr zu berechnen, um weitere Haushalte anzuschließen – im Basis-Abonnement einen zusätzlichen Haushalt, im Standard-Abonnement bis zu zwei und im Premium-Abonnement bis zu drei zusätzliche Haushalte. Eine einheitliche Lösung solle bis 2023 gefunden werden.
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US‑Medienexperten sehen indes als Hauptproblem, dass Franchises von der Beliebtheit von „Stranger Things“ in ausreichender Zahl bereitgestellt werden müssten. Der Ruf des Ansehnlichen sei es, der – am besten in Verbindung mit einer begehrten zusätzlichen Produktpalette – für ein Video-on-Demand-Unternehmen letztlich zähle. Und da kommt nun schon in den kommenden Wochen ein bisschen was auf den Netflix-Nutzer zu.
Der 200‑Millionen-Dollar-Agentenfilm „The Gray Man“ des „Avengers“-Regieduos Joe und Anthony Russo etwa, in dem sich ab kommenden Freitag (22. Juli) Ryan Gosling als Held und Chris „Captain America“ Evans als Bösewicht bekämpfen, hätte mit neun weiteren Romanvorlagen das Potenzial zu einer Filmserie à la „Mission: Impossible“.
Vielversprechend für ein Netflix-Franchise: Die Fantasyserie „The Sandman“
Und zwei Wochen später startet bei Netflix die erste Staffel der Comicverfilmung „The Sandman“. Das Projekt einer Leinwand- oder Bildschirmadaption der der mit vielen Preisen ausgezeichneten monumentalen Graphic Novel von Neil Gaiman („American Gods“) geht bis auf das Jahr 1991 zurück. Nach 31 Jahren des Hufescharrens ist der 5. August für „Sandman“-Fans im Rang eines Feiertags. Dann geht der Protagonist Dream alias Morpheus einem englischen Okkultisten ins Netz, der ihn 100 Jahre lang gefangen hält, wonach der „Ewige“ sein zu Ruinen zerfallenes Reich der Träume wieder aufbauen muss.
Der Trailer der Fantasyserie verspricht großartige Bilder, sehr markante Figuren, eine exquisite Besetzung (in Nebenrollen Stephen Fry, David Thewlis, Gwendoline Christie) und eine irrwitzige Story. Der bleiche, hagere Tom Sturridge sieht in der Titelrolle aus, als sei er direkt den Comic-Panels von Gaiman und seinem Zeichnergespann entsprungen.
Die fehlende Million soll im kommenden Quartal wettgemacht werden. Man will also bei Netflix wieder ganz auf den Hügel rauf, wie Kate Bush das in ihrem Song „Running Up That Hill“ singt, der durch den Einsatz in „Stranger Things“ fast 37 Jahre nach Veröffentlichung in den USA erstmals in die Top 5 der Billboard-Singlecharts aufstieg. Auch Kleinigkeiten, wie dass man von diesem Lied als „dem Netflix-Song“ spricht, helfen dabei mit.
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