Neuer „Tatort“ aus Münster: der Professor als Influencer
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Boerne (Jan Josef Liefers) und Thiel (Axel Prahl) im „Tatort: MagicMom“.
© Quelle: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas
Jetzt hat auch der Münsteraner „Tatort“ das Internet entdeckt. Und dort eine ganz besondere Spezies: die Influencer. Menschen also, die ihr Geld mit Videos verdienen, die sie ins Netz stellen und in denen sie geschickt für Produkte werben. Für Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers), deren Köpfe noch fest im 20. Jahrhundert verankert sind, ist das alles Neuland. Doch in der Folge „MagicMom“ lernen sie schnell, damit umzugehen.
In ein paar kurzen Videoclips inszeniert sich Boerne sogar selbst als Influencer, der zum Beispiel über den Unterschied zwischen Tod durch Strangulation und Asphyxie doziert. Klingt schrecklich, ist aber von Regisseurin Michaela Kezele sehr originell inszeniert.
Vor allem aber ist der 43. Fall der beiden „Tatort“-Quotenkönige ungewöhnlich witzig. Ja, die beiden laufen nach einer langen Durststrecke, in der vieles viel zu bemüht lustig wirkte, endlich wieder zur Höchstform auf. Die Dialoge sind durchweg amüsant. Kein Kalauer ist ihnen zu schade. Und mancher Witz ist wunderbar politisch unkorrekt, ohne Gefahr zu laufen, auf Stammtischniveau abzugleiten. Ein Verdienst wohl vor allem der Drehbuchautorin Regine Bielefeldt, die hier zum ersten Mal für den Münsteraner „Tatort“ arbeitete und mehr auf Komödie als auf Krimi setzte.
Es wird im Münster-„Tatort“ natürlich auch gemordet
Aber natürlich wird bei allem Spaß auch gemordet. Bei einem Stadtfest erweist sich Boerne als Meister im Dosenwerfen. Ein Erfolg, den er nicht genießen kann, denn er wird zusammen mit Thiel zu einem Tatort gerufen. Eine junge Frau und Mutter zweier Kinder wurde erhängt aufgefunden. Alles sieht nach Selbstmord aus. Doch die beiden Ermittler haben Zweifel. Zu Recht, wie sich bei der Obduktion herausstellt. Und noch etwas finden die beiden heraus. Denn Boernes neue Hospitantin kannte die Tote. Sie war eine Internetberühmtheit, die unter dem Namen MagicMom ihren 600.000 Followern Produkte vorstellte, mit denen Mütter ihren Alltag besser bewältigen können. Ein lukratives Geschäftsmodell.
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Dass man sich mit so viel Erfolg nicht nur Freunde macht, ist klar. So ist die Nachbarin (Monika Oschek) der Ermordeten nicht gut auf sie zu sprechen, weil sie ihr Familienleben und vor allem ihre beiden Kinder online vermarktet hat. Und neben zahlreichen Fans gibt es auch etliche Hater, die sie im Netz wüst beschimpft und sogar mit dem Tod bedroht haben. Eine konkrete Spur haben die Ermittler allerdings nicht. Auch die genaue Todesursache ist nach wie vor unklar. Selbst ein Video, das kurz vor ihrem Tod aufgenommen wurde, hilft zunächst nicht weiter. Und was ist mit dem Ehemann (Golo Euer), der sich offenbar von ihr getrennt hat?
Gut gelaunte Darstellern, flotte Inszenierung
Fragen über Fragen, mit denen sich Thiel und Boerne herumschlagen müssen und auf die beide keine Antwort haben. Die liefert schließlich Boernes Assistentin Silke Haller (Christine Urspruch) alias Alberich. Aber das ist eigentlich die schönste Nebensache der Welt in dieser tollen Krimikomödie. Ein Film, der vor allem auch von seinen Nebendarstellern lebt. Neben der gewohnt souveränen Haller ist das diesmal Thiels Assistent Schrader (Björn Meyer). Der ist bekanntlich homosexuell, er selbst sagt lieber „queer“, und wird Opfer einiger unkorrekter Seitenhiebe. Als er beispielsweise anfängt zu gendern, spricht ihn sein Chef plötzlich als „Schrader*in“ an.
Solche Scherze können natürlich auch ziemlich schiefgehen, werden hier aber von den gut aufgelegten und gut gelaunten Darstellern gekonnt in die flott inszenierte Handlung integriert. Und wohl nur hartgesottene Miesepeter*innen werden sich das Lachen über die Münsteraner Scherzparade verkneifen können. Schließlich wartet ganz am Ende noch eine Belohnung auf die „Opfer“ Haller und Schrader. Sie werden ganz offiziell zu neuen Sensibilitätsbeauftragten ernannt. Ein Amt, das hoffentlich Schule macht.
„Tatort: MagicMom“, ARD, Sonntag, 20.15 Uhr, mit Axel Prahl und Jan Josef Liefers