Neuer „Tatort“ aus Wien: um Job und Leben gebracht
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Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seine Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) in einer Szene aus dem „Tatort: Was ist das für eine Welt“.
© Quelle: ARD Degeto/ORF/Prisma Film/Petro
So ist und bleibt es: Auch der 30. Fall des Wiener Ermittlerduos Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) beginnt „Tatort“-typisch mit einem Mord. Opfer ist Marlon Unger (Felix Oitzinger), der nach einer Radtour abends vor seiner Wohnung überfallen und erstochen wird. Bei den anschließenden Ermittlungen der beiden Kommissare, die erstmals von der jungen Meret Schande (Christine Scherrer) unterstützt werden, wandelt sich das zunächst positive Bild des ermordeten IT-Spezialisten schnell ins Gegenteil.
Die IT-Firma, für die er maßgeblich tätig war, hat sich auf Rationalisierung spezialisiert und entlässt Mitarbeiter, um den Gewinn zu maximieren. Dies hat zur Folge, dass viele Mitarbeiter ihren Job verlieren oder unter schlechten Arbeitsbedingungen leiden müssen. Der Geschäftsführer der Firma ist selbstherrlich, skrupellos und ein bisschen verrückt. Gespielt wird diese schräge Figur von dem in Österreich sehr bekannten Comedian Dirk Stermann.
Zahlreiche Verdächtige und überraschende Wendungen
Doch die Folge „Was ist das für eine Welt“ (Drehbuch: Thomas Weingartner, Stefan Hafner, Regie: Evi Romen) ist alles andere als lustig. Ganz im Gegenteil: Die sonst so beliebten ironischen Dialoge zwischen Fellner und Eisner sind rar gesät. Einer der wenigen heiteren Höhepunkte ist dabei Eisners völlig missglückter Annäherungsversuch abends auf einer Parkbank, den Fellner einfach ignoriert oder völlig missversteht. Auf Ermittlersex müssen wir bei den beiden wohl noch warten. Zum Glück.
Der Kreis der Verdächtigen ist jedenfalls ziemlich groß. Befragt werden Anna (Marlene Hauser), die Freundin des Toten, seine demenzkranke, aber sehr aggressive Mutter (Katja Lechthaler), sein karrieresüchtiger Kollege Arnold Cistota (Valentin Postlmayr). Und dann ist da noch der Vater (Rainer Egger) seiner Freundin, der wegen Marlon seinen Job als Dreher verloren hat. Doch trotz zahlreicher Befragungen wird der Fall immer undurchsichtiger. Dann geschieht ein weiterer Mord. Und die Kommissare sind so klug als wie zuvor. Oder wie Bibi sagt: „Dann fangen wir wieder von vorn an.“
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Zahlreiche Verdächtige, falsche Fährten und überraschende Wendungen – das ist der Stoff für einen gelungenen, weil spannenden Whodunit. Und all das bietet dieser Wiener „Tatort“. Dazu kommt eine gehörige Portion Sozialkritik, die sich auch in den Figuren widerspiegelt: Da ist Marlon, der engagierte sympathische Softwareentwickler, der aber mit seiner Arbeit Menschen den Job kostet. Da ist Arnold, der Marlon angelernt hat, nun aber karrieretechnisch von ihm überholt wurde. Ein eiskalter Typ, der rücksichtslos vorgeht und sich immer im Recht fühlt. Aber da ist auch Anna, die feste Beziehungen ablehnt, weil sie nicht in ihr Leben passen. Oder die demente Mutter, die unberechenbar ist. Und da ist die junge Ermittlerin Meret, die unter der als antiquiert empfundenen Arbeitsweise ihrer Kollegen leidet und die dann im Einsatz in höchste Lebensgefahr gerät.
Ein packender Krimi, der gesellschaftliche Probleme aufgreift
Alle Schauspieler liefern eine überzeugende Leistung ab und schaffen es, die Spannung bis zur Enthüllung der Wahrheit aufrechtzuerhalten. Die Kameraführung und die Musik der Indie-Rock-Band Kreisky unterstützen die Handlung perfekt und fügen sich harmonisch in die Atmosphäre des Films ein. Es gibt also kaum etwas zu meckern. Obwohl ein paar Regiemätzchen das Krimivergnügen ein wenig trüben. Dafür aber gibt es die im positiven Sinne nette Idee, die Selbsteinschätzung eines IT-Spezialisten als Werbevideo zu inszenieren. Und auch der Ausflug in die wilde Performancekunstszene Wiens lohnt sich.
Alles in allem ist der „Tatort: Was ist das für eine Welt“ also ein packender Krimi, der aktuelle gesellschaftliche Probleme aufgreift und dabei eine spannende Handlung mit starken Schauspielern bietet. Ein Film, der zum Nachdenken anregt und zeigt, wie wichtig es ist, für unsere Werte und die Rechte der Arbeitnehmer einzustehen. Und wenn alles schiefzugehen droht, dann gibt‘s ja noch starke Frauen wie die junge Meret. Nicht immer, aber hoffentlich immer öfter.
„Tatort: Was ist das für eine Welt“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD, mit Adele Neuhauser und Harald Krassnitzer