„The Silent Sea“ bei Netflix – Koreaner auf tödlicher Mondmission
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Der Mond ist bleich und voller Schrecken: Dr. Jian Song (Bae Donna) befindet sich in der Serie „The Silent Sea“ auf einer lebensgefährlichen Mission auf dem Erdtrabanten.
© Quelle: Netflix
Früher retteten ja notorisch Amerikaner die Welt, wenn in Filmen oder Serien Außergewöhnliches anstand. Sie schlugen Außerirdische zurück, lenkten Asteroiden an der Erde vorbei und so weiter. Immer tapfer, immer siegreich. Deutschen, Franzosen oder anderen EU-Bürgern hätte man Derartiges nie zugetraut, die retteten allenfalls marode Buchhandlungen, Ponyhöfe oder ihre Ehe. Seit Donald Trump nun allerdings ein echter lächerlicher US-Präsident war und lächerliche Teile seiner Gefolgschaft das Kapitol stürmten, hat der Glaube an das amerikanische Alleskönnertum gelitten (siehe jüngst Andy McKays Kometensatire „Don‘t Look up!“ – auch bei Netflix). Dass ein knappes Dutzend südkoreanischer Astronautinnen und Astronauten jetzt zum Mond zieht, um die Welt vorm Klimakill zu retten, geht deshalb voll in Ordnung.
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Die Serie „The Silent Sea“ spielt in einer nahen Zukunft. Der Planet ist klimatisch kaum noch zu retten, viele einst fruchtbare Landstriche sind Wüsten und Steppen, das Kostbarste auf Erden ist – streng rationiert – Wasser, das indes fast so schnell wegtrocknet wie in Val Guests „Der Tag, an dem die Erde Feuer fing“ (1961).
Eine Hoffnung besteht noch. Auf einer nach einem „Vorfall“ aufgegebenen Mondbasis gibt es eine mysteriöse „Probe“, die möglichst schnell geborgen werden müsse und deren Auswertung das Biopendel möglicherweise zurückschlagen ließe. Nachfragen, was genau man da aus der radioaktiv verseuchten Bashea-Station holen soll, bleiben von den Verantwortlichen unbeantwortet. „Äußerste Vorsicht“ sei aber durchaus geboten.
Die Helden – eine Stimme der Vernunft und ein Befehlshaber
Heldin der Serie ist die Astrobiologin Song (Bae Donna), deren Schwester bei dem Monddesaster vor fünf Jahren ums Leben kam. Songs jedem Lächeln abholde, melancholische Mimik täuscht – die Wissenschaftlerin pocht auf dem lebensfeindlichen Trabanten auf die Vernunft als obersten Leitstern. Damit steht sie im Gegensatz zu Captain Han (Gong Yoo), einem Mann, für den Befehl und Gehorsam wie Mama und Papa sind. „Das ist eine Mission wie viele. Wir tun einfach nur, was man uns sagt“, ist Hans Devise.
Die restlichen Mitwirkenden sind weitgehend Scherzer und Sterber, eindimensionale Figuren, die dafür sorgen sollen, dass die Handlung vom Fleck kommt. Die geht schon mit einem Raumschiffbruch los. Wohl kann man die „Probe“ ausfindig machen, allein sie nach Hause zu fliegen ist fürderhin unmöglich.
Auch hier stand Ridley Scotts Sci-Fi-Klassiker „Alien“ Pate
Noch bevor der erste Tag vorüber ist, haben sich drei der Raumfahrer schon zu dem toten Stationspersonal gesellt, das mit seltsamen Symptomen („wie bei Wasserleichen“) aufgefunden wird. Und dann lebt offenbar noch irgendetwas an Bord – was schier nicht sein kann nach all der Zeit, oder? Erklärungen von den Erdlingen? Mit denen besteht erst mal keine Funkverbindung.
Von Anfang an ist da in der Serie von Eun-kyo Park (Buch) und Choi Hang-Yong (Regie) die Klaustrophobie der Korridore und Schächte auszumachen, die uns seit Ridley Scotts „Alien“ (1979) Albträume beschert hat – einem Film, der auch sonst für „The Silent Sea“ Pate stand. Hinter jedem Schott kann eine Überraschung lauern, wann kommt wohl der Überlebende (oder Eindringling) zum Vorschein, und was wird sein Begehr sein? Überhaupt: Ist etwa der Tod der Besatzung – wie damals auf Scotts Nostromo – einkalkuliert? „Die oberen“ sind moralisch verkommen, das ist Korea-Credo, das erzählten uns 2021 schon die Serien „Squid Game“ und „Hellbound“.
Der Spannung kommen die ständigen Rückblenden in die Quere, mit denen die Figuren mit mehr Substanz bestückt werden sollen. Die Tricktechnik ist so lala. Manche Bilder – etwa, wenn die Rakete der koreanischen Raumreisenden wie ein glühender Tannenzapfen in den Erdorbit gelangt, sind gelungen, andere, wenn die Raumfähre über die Mondkrater gleitet, gab es schon zu Kubricks „2001″-Zeiten überzeugender. Und die Redundanz der Dialoge – endlos wird beispielsweise die Größe der Mondbasis hervorgehoben – ist wohl der Verwegenheit geschuldet, einen gut halbstündigen Kurzfilm zu acht Episoden von insgesamt sechs Stunden aufzublasen.
„Durchhalten, bis ein Rettungsschiff eintrifft“ – die Parole, die Han für seine Crew ausgibt, macht der Zuschauer streckenweise zu seiner eigenen.
„The Silent Sea“, acht Episoden, von Eun-kyo Park, Regie: Choi Hang-Yong, mit Bae Donna, Gong Yoo (streambar bei Netflix)