Fernsehkritik

TV-Thriller „Sarah Kohr: Geister der Vergangenheit“: Anatomie einer Rache

Anton Mehringer (Herbert Knaup) und Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff) stellen sich den „Geistern der Vergangenheit“.

Anton Mehringer (Herbert Knaup) und Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff) stellen sich den „Geistern der Vergangenheit“.

Jeder Krimi ist auch ein Drama, das oft tief ins Dasein der Betroffenen eintaucht. Ausgerechnet die ermittelnden Hauptfiguren sind jedoch in der Regel Menschen ohne Vorgeschichte. Vielleicht haben Filme, in denen sie plötzlich selbst im Mittelpunkt stehen, deshalb einen speziellen Reiz: weil sich nun offenbart, dass sie durchaus verletzlich sind. Schon in der letzten „Sarah Kohr“-Episode „Stiller Tod“ hat Timo Berndt eine alte Schuld offenbart, die die Heldin (Lisa Maria Potthoff) einst als Teenager auf sich geladen hat.

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Nun erzählt der Autor, der seit dem zweiten Film alle Drehbücher für die Reihe schreibt, wie es damals weitergegangen ist: Nach dem tragischen Tod ihres kleinen Bruders ist Sarah ausgerissen, hat sich in einen einige Jahre älteren jungen Mann verliebt und ist so in einen Sumpf aus Drogensucht und Kriminalität geraten. Das ist lange her und längst vergeben, zumindest aus Sicht der Ordnungsbehörden. Schließlich hat sie irgendwann die Kurve gekriegt und ist Polizistin geworden. Vergessen ist diese Zeit jedoch nicht, und jetzt kehren sie zurück, die „Geister der Vergangenheit“, wie die siebte Episode heißt.

Ein Geist, der Sarah heimsucht

Genau genommen ist es vor allem ein Geist, der Sarah heimsucht, aber er hat es gar nicht auf sie abgesehen, sondern auf den Hamburger Staatsanwalt Mehringer (Herbert Knaup), denn der hat dafür gesorgt, dass Lorenz Degen (Anatole Taubman) für immer im Gefängnis verschwindet. Sarah war seine Kronzeugin – im Gegenzug wurde ihre Akte gelöscht, sodass sie ein neues Leben beginnen konnte. Die Sache hatte nur einen Haken: Die Anklage basierte auf einem Betrug.

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Nun ist Degen die Flucht aus dem Gefängnis gelungen, und er macht umgehend klar, dass er Rache will; aber das ist nur die eine Hälfte der Handlung. Die andere ist ein Coup, der ihn reich machen soll, und auch dieser Teil der Geschichte hat in Sarahs Jugend begonnen.

Raffiniertes Drehbuch

Je länger der Film dauert, desto mehr offenbart sich, wie raffiniert Berndt sein Drehbuch konzipiert hat. Die Umsetzung durch Bruno Grass, der auch schon die nicht minder sehenswerte Episode „Schutzbefohlen“ (2021) inszeniert hat, entspricht dieser Qualität voll und ganz, und das nicht nur wegen der gut choreografierten Kampfszenen und einer Actioneinlage, als die Polizistin einen Fluchtwagen mit einem über den Asphalt schlitternden Motorrad stoppt.

Bildgestaltung und Musik bewegen sich ohnehin auf hohem Thrillerniveau. Aber auch Grass‘ Arbeit mit dem Ensemble ist exzellent, wobei es die beste Entscheidung war, die Schurkenrolle Anatole Taubman anzuvertrauen. Mit seinem sanften Blick und der markanten Stimme ist der Schweizer eine ganz vorzügliche Besetzung für diesen Mann, der sich nach einem friedlichen Lebensabend sehnt, aber nach wie vor skrupellos über Leichen geht, um seine Ziele zu erreichen. Das Leben ist halt nur ein Geschäft.

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Verbrecher sucht mit zwei seiner Schergen Kohr auf

Als erste Tat nach dem Ausbruch sucht der Verbrecher mit zwei seiner Schergen Kohr auf, weshalb der Film mit einer zünftigen Prügelei beginnt, bei der Potthoff wieder ihre außerordentlichen Kampfkünste unter Beweis stellen kann. Die Szene hat jedoch nicht nur sportiven Charakter. Degen schaut sich die Auseinandersetzung aus sicherer Distanz an. Wollte er Kohr töten, könnte er sie jetzt mit Leichtigkeit erledigen. Aber er weiß, dass die junge Sarah einst nur Mehringers Werkzeug war, seine Vergeltung gilt dem Staatsanwalt, weshalb er als Nächstes vor den Augen des hilflosen Vaters dessen Sohn entführt.

Natürlich ist „Geister der Vergangenheit“ in erster Linie ein Thriller, schließlich steht das Leben des kleinen Hendrik auf dem Spiel. Seine besondere Faszination verdankt der Film aber auch einer inneren Zeitreise der Heldin. Wie Berndt seinem Drehbuch mithilfe dieses Bruchstücks, aus dem sich eine eigene Geschichte entwickelt, eine weitere Ebene hinzufügt, ist große Erzählkunst. Die emotionalste Szene hat sich Berndt allerdings für den Epilog aufgehoben.

„Sarah Kohr: Geister der Vergangenheit“ läuft am Montag, 14. März, ab 20.15 Uhr im ZDF.

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