Ulrich Matthes, wie ist es, Hitler zu spielen?

Ulrich Matthes als Hitler (Mitte) im Film „München“.

Ulrich Matthes als Hitler (Mitte) im Film „München“.

Ulrich Matthes (62) ist als Charakterschauspieler sowohl aus Kino- und Fernsehproduktionen als auch aus dem Theater bekannt. In „Der Untergang“ (2004) spielte er Joseph Goebbels, der in der Nazizeit der Propagandaminister war, und wurde damit auch einem breiteren Publikum bekannt. Zuletzt war er 2020 unter anderem im TV-Film „Gott – Von Ferdinand von Schirach“ zu sehen. Matthes ist außerdem seit 2019 Präsident der Deutschen Filmakademie.

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Nun spielt er im Film „München – Im Angesicht des Krieges“ (ab 21. Januar bei Netflix streambar) in einer Nebenrolle Adolf Hitler. In dem Film, der auf dem Bestseller von Robert Harris basiert, steht Europa im Herbst 1938 kurz vor dem Krieg. Hitler plant den Einmarsch in die Tschechoslowakei – die britische Regierung um Neville Chamberlain (Jeremy Irons) sucht währenddessen nach einer friedlichen Lösung. Vor diesem Hintergrund reisen der britische Beamte Hugh Legat (George MacKay) und der deutsche Diplomat Paul von Hartmann (Jannis Niewöhner), Freunde aus Studienzeiten, nach München, um an einer Notfallkonferenz teilzunehmen, und werden in eine politische Intrige verstrickt.

Herr Matthes, wie ist es, Hitler zu spielen?

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Ich hatte mir vorgenommen, nachdem ich Goebbels in „Der Untergang“ gespielt habe, keine Nazis mehr zu spielen. Wenn ich mehr Bedenkzeit gehabt hätte, hätte ich vermutlich auch die Hitler-Rolle abgesagt. Ich war nicht besetzt für die Rolle, sondern Martin Wuttke, der aus persönlichen Gründen ausgeschieden ist. Dass Christian Schwochow, dem ich sehr vertraue, der Regisseur ist, war dann ein wesentlicher Grund dafür, dass ich zugesagt habe. Es hat mich auch erleichtert, dass Hitler im Film nur eine Nebenrolle ist.

Warum wollten Sie eigentlich nie wieder einen Nazi spielen?

Ich habe als Schauspieler den Wunsch, die Figuren vor einem zu schnellen, vorurteilsbehafteten Zugriff des Publikums zu schützen. Ich will meine Figuren, so kompliziert und böse sie sind, so widersprüchlich wie möglich darstellen, auch um sie selbst mit all ihren Facetten ins Herz schließen zu können. Das verbietet sich aber bei historischen Figuren wie Goebbels. Das geht bei Goebbels nicht, das geht bei Hitler nicht. Goebbels hängt mir auch in gewisser Weise nach. Den Film hat irgendwie jeder gesehen. Ich habe so viel anderes gespielt, aber immer wieder werde ich auf den „Untergang“ angesprochen.

Können solche fiktionalen Geschichten mit historischem Hintergrund auch zum Verständnis von Geschichte beitragen?

Natürlich. Das Tolle an dem Drehbuch ist, dass die Geschichte über diese beiden jungen Männer erzählt wird. Der eine ist Engländer, der andere ist Deutscher. Beide bemühen sich mit unterschiedlichen Biografien darum, den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zu verhindern. Christian Schwochow ist ein Regisseur, der sich extrem dafür interessiert, junge Menschen zu erreichen. Der Film ist in der Machart unverstaubt, sehr heutig und spannend erzählt. Dieses Appeasement-Abkommen, um das es geht, ist ein Kapitel der Geschichte, das viele Leute nicht kennen.

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Ein Thema des Films ist auch die Freundschaft dieser zwei Männer, die zum Teil sehr unterschiedliche politische Ansichten haben. Wie sehen Sie das: Sind Freundschaften über politische Grenzen hinweg möglich?

Es ist ein weltweites Problem, dass die Lagerbildung immer größer wird. In den USA sprechen Republikaner und Demokraten kaum noch miteinander. Diese Verhältnisse haben wir hier zum Glück noch nicht. Ich habe eine klare politische Haltung, gerade angesichts des Rechtspopulismus in Europa. Trotzdem will ich die Hoffnung nicht aufgeben, dass man auch über politische Meinungen hinweg sprechen kann, wenn man Demokrat und gesprächsbereit ist. Das sind einige aber nicht mehr, vor allem wenn sie sich in den sozialen Netzwerken mit Hass und Widerstand gegen die parlamentarische Demokratie stellen, wie das von der AfD befeuert wird. Ich glaube sehr daran, dass man über Parteigrenzen hinweg im Gespräch bleiben sollte, mit der AfD ist es aber unmöglich, und auch mit Teilen der „Querdenker“-Szene.

Sie haben Rechtspopulisten und die „Querdenker“ angesprochen. Wie viel Angst machen Ihnen diese Entwicklungen?

Der harte Kern der „Querdenker“-Szene scheint sich immer mehr zu ideologisieren. Wenn ich an die Angriffe auf Politikerinnen und Politiker, den Mord an Walter Lübcke, die Fackelaufmärsche vor den Privathäusern von Politikern und die Mordaufrufe gegen Einzelne denke, glaube ich, dass man diesen Leuten mit Argumenten nicht mehr beikommen kann. Um die muss sich die Innenministerin kümmern. Die drohen ins kriminelle Milieu überzuwechseln. Diejenigen, die aber noch gesprächsfähig sind, muss man unbedingt versuchen zu erreichen. Ich bin ein großer Anhänger dieser parlamentarischen Demokratie. Streit ist immer gut – wenn man danach noch ein Bier miteinander trinken kann.

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