„ZERV – Zeit der Abrechnung“: ARD-Krimiserie als Wende-Geschichtsstunde

Um einen Mordfall zu lösen, müssen ZERV-Kommissar Peter Simon (Fabian Hinrichs, rechts) und Ost-Kollegin Karo Schubert (Nadja Uhl) trotz ihrer zahlreichen Differenzen notgedrungen zusammen ermitteln.

Um einen Mordfall zu lösen, müssen ZERV-Kommissar Peter Simon (Fabian Hinrichs, rechts) und Ost-Kollegin Karo Schubert (Nadja Uhl) trotz ihrer zahlreichen Differenzen notgedrungen zusammen ermitteln.

Oben im Baum hängt der Tote mit einer Schlinge um den Hals, irgendwo auf einem Datschengrundstück am östlichen Stadtrand Berlins. Unten streiten sich die Kommissare: „Mein Fall“, knurrt Peter Simon (Fabian Hinrichs) knapp, der neue, schneidige Ermittler aus dem Westen. „Mein Fall“, kontert Karo Schubert (Nadja Uhl), Ermittlerin aus der DDR-Volkspolizei, die sich im gerade wiedervereinigten Deutschland einen Posten als Kriminalhauptkommissarin erkämpft hat. „Ist das hier wie im Amifilm, wenn das FBI anrückt?“, fragt sie den West-Kollegen schnippisch. Der weiß erst einmal nichts zu antworten.

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Wir schreiben das Jahr 1991, Deutschland ist offiziell eins, im Alltag aber noch lange entzweit, und die größte Sonderkommission in der Geschichte des Landes soll die Regierungs- und Vereinigungskriminalität der DDR untersuchen.

Peter Simon stolpert durch Osten mit Ehrgeiz und Ungeduld

Peter Simon stolpert durch diesen Osten mit Ehrgeiz, Ungeduld und einem riesigen, klobigen Mobiltelefonkasten. „Kein Empfang. Walachei“, murmelt er oft, wenn er das Gerät bedienen will. „Scheiß Osten!“, kommt ihm fast stündlich über die Lippen. Die Trümmer der untergegangenen DDR sind für ihn eine andauernde Zumutung, die Menschen ohnehin.

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„Ihr bekommt jetzt neue Kollegen, westdeutsche Profis“, hat Karo Schuberts Chef bei der Dienstbesprechung gesagt, der auch gleich erklärt, dass es jetzt „Team“ und nicht mehr „Kollektiv“ zu heißen hat. „Das ist ja gut für uns ostdeutsche Amateure“, murmelt Schubert halblaut. Ihre Kollegin und beste Freundin, die Kriminaltechnikerin Uta Lampert (Fritzi Haberlandt), kann nur mühsam ein Lachen unterdrücken.

„Haben sich entschieden, auf Konfrontation zu gehen“

„Sicherlich haben die beiden auch Ängste, aber die zeigen sie nicht“, sagt Haberlandt im RND-Interview. „Sie haben sich entschieden, auf Konfrontation zu gehen. So waren viele Frauen im Osten.“

Und sie kommen damit durch. Die Ost-Ermittlerinnen und die West-Spezialisten müssen notgedrungen ein Team (oder Kollektiv) bilden, um im Fall des Toten am Baum weiterzukommen. Matthias Trockland hieß der Mann, er war für die Verschrottung von Waffen der aufgelösten Nationalen Volksarmee der DDR (NVA) zuständig. Doch diese Waffen, von Jettriebwerken bis zu Kalaschnikows, wanderten nicht in den Schrott, sondern auf den Schwarzmarkt.

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Soljanka für alle

Die Spinne im Netz bei diesen Geschäften ist Hajo Gärster (Thorsten Merten), der bereits für den legendären Stasi-Schieber Schalck-Golodkowski mit Waffen handelte und nun nahtlos weitermacht. In einem maroden Fabrikgelände sitzt seine neue Firma, offiziell ein Reinigungsbetrieb, nebenbei auch Wärmestube für arbeitslos gewordene Kader. Hier gibt es Soljanka für alle und Geldbündel in die Hand.

Die sechsteilige Serie „ZERV – Zeit der Abrechnung“ (Regie: Dustin Loose) erzählt die Geschichte einer kaum bekannten Spezialeinheit. Die ZERV (Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität) ermittelte von 1991 bis 2000 in mehr als 20.000 Fällen – von Unterschlagung von Staatsvermögen über Waffenhandel bis zu den Morden an der Mauer, Entführungen und Schauprozessen.

Waffenhandelfall gibt den Erzählstrang vor

Der Waffenhandelfall gibt zwar den Erzählstrang vor, immer wieder nimmt die Serie aber auch Abzweigungen in Geschichten von Republikflucht, Jugendwerkhöfen und Zwangsadoptionen.

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Eine 30-minütige Dokumentation flankiert den Sechsteiler. Ein Ermittler räumt dort unumwunden ein, dass viele Verfahren eingestellt wurden, nachdem sich westliche staatliche Stellen einschalteten – die heiklen, lukrativen Geschäfte über die Mauer hinweg sollten nicht in beiden Landesteilen gleichermaßen aufgeklärt werden.

Auch die fiktiven Ost-West-Ermittler scheitern fast

Am Ende scheitern auch die fiktiven Ost-West-Ermittler Uhl und Hinrichs bei der Aufklärung des Waffendeals fast an der großen Politik. „ZERV – Zeit der Abrechnung“ ist eine spannende Geschichtsstunde, temporeich und streckenweise wirklich witzig gedreht mit den klassischen Mitteln des Krimis und einem hochkarätigen Ensemble.

Die sechs Folgen „ZERV“ sind ab 15. Februar, 20.15 Uhr, in der ARD Mediathek abrufbar – am 22., 23. und 24. Februar laufen sie als Doppelfolgen jeweils ab 20.15 Uhr im Ersten.

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