Spielen und spielen lassen: James Bond wird zur Realityshow
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Hocherfreut über den Bösewichtpart: Brian Cox spielt den „Controller“ genannten Superschurken und Moderator der von Amazon Prime Video angekündigten Realityshow „007 – Road to A Million“.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Wire
Der Schauspieler Brian Cox ist unzweifelhaft der Richtige für die Rolle des nächsten Bond-Superschurken. Er hat zwar auch hochverdiente Leute verkörpert wie den britischen Kriegspremier Winston Churchill (in „Churchill“, 2017) oder bärbeißige Mannsbilder, die dann ihr Herz wiederfinden (in „Das etruskische Lächeln“, 2018). Aber eben vorwiegend fiese Kerle wie beispielsweise den kannibalischen Psychiater Hannibal Lecter (in „Roter Drache“, 1986) oder – mit dem Emmy gekürt – den NS-Reichsmarschall Hermann Göring (in „Nürnberg – Im Namen der Menschlichkeit“, 2000).
Perfekter Bond-Schurke - aber wo bitte ist James Bond?
Vor allem aber ist der vierschrötige Schotte mit den markanten Pockennarben dem heutigen Publikum als knallharter Medienmogul Logan Roy in dem gerade eben grandios geendeten vierstaffeligen Intrigantenstadl „Succession“ (bei Wow und Sky) bekannt. Einer Serie, für die er 2020 den Golden Globe erhielt, und die an Shakespeares Tragödie „King Lear“ erinnert. Die „Neue Zürcher Zeitung“ heiligte sie geradezu als Rettung des Formats Serie: „Wurde das goldene Zeitalter des Fernsehens etwas voreilig für zu Ende erklärt, oder bricht mit ‚Succession‘ gerade ein neues an?“ hieß es in der Schweizer Tageszeitung.
Brian Cox also. Und wer sagt diesmal „Mein Name ist Bond. James Bond!“? Nun, niemand. Es gibt keinen Bond in diesem etwas anderen „007″-Abenteuer. Unter dem genannten Titel firmiert eine 007-Realityshow beim Streamingdienst Amazon Prime Video.
„Inspiriert vom Bond-Universum“ hieß es dazu in einer Pressemitteilung, „treten Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Zweierteams in einem Wettbewerb an“. Sie müssen Aufgaben lösen, die mit den Geschichten um den Roman- und Filmhelden zu tun haben. Gefordert sind Intelligenz, Ausdauer und Heldenhaftigkeit, die zu verrichtenden Jobs verlangen geistige und physische Präsenz. Die zunehmend schwierigen Herausforderungen finden an Originalschauplätzen von Bond-Filmen statt.
Die Challenge führt die Teams an Handlungsorte von James-Bond-Filmen
Eine Reise rund um die Welt also. Es geht in die dem in den schottischen Lowlands geborenen Cox vertrauten Highlands des britischen Nordens (bekannt aus „Skyfall“, 2012), in die Karibik („Leben und sterben lassen“, 1973) oder nach Venedig, das in gleich drei Bond-Filmen mitspielte – in Terence Youngs „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), Lewis Gilberts „Moonraker“ (1979) und Martin Campbells „Casino Royale“ (2006).
Wer Bond-Filme kennt, und weiß, was ihr Protagonist schon alles aushalten und abliefern musste, dürfte eine Zeitlang zögern: Werden Kandidaten etwa mit Motorbooten über Straßen springen müssen wie in „Leben oder sterben lassen“, mit einer klapprigen Citroen-Ente die Weinberge hinabpreschen wie „In tödlicher Mission“ (1981) oder würde ihnen gar die Stuhlfolter eines springenden Seils drohen wie in „Casino Royale“ (2006)? Lohn für Blut, Schweiß, Spaß und Tränen: Der Controller hat an das Siegerteam eine Million britischer Pfund (1.128.000 Euro) zu vergeben.
Cox: „Ich habe meine Rolle als Peiniger und Bösewicht genossen“
Cox ist angetan von seinem Charakter, der von Prime Video als „verbrecherisch und kultiviert“ bezeichnet wird (also einer vom Schlage Ernst Stavro Blofelds). „Ich habe meine Rolle als Bösewicht und Peiniger genossen“, wird der 76-Jährige zitiert, „mit der Lizenz, die hoffnungsvollen Kandidatinnen und Kandidaten in die Mangel zu nehmen.“ Wer Cox in „Succession“ gesehen hat, ist gespannt wie die Controller-Mangel aussieht. „Er lauert in den Schatten“, heißt es in der Pressemitteilung von Amazon Prime.
Der Controller ist überdies für Aufgaben- und Fragestellungen zuständig. Die Dreharbeiten der ersten Staffel sind schon im Kasten. Als Startdatum wird auf der Website 007.com vage „später in diesem Jahr“ genannt.
Auch bei „Star Wars“ gibt es eine Challengeshow für Fans des Skywalker-Kosmos
„007 – Road to A Million“ ist nicht die erste Streaming-Gameshow um ein großes Franchise. Bei Disney gibt es seit 2020 den „Star Wars: Jedi-Temple Challenge“. Jugendliche Fans der Welt von Luke Skywalker und Darth Vader treten darin seit 2020 in verschiedenen Wettstreiten gegeneinander an, um sich in den klassischen Tugenden des Jedi-Ordens zu beweisen: Mut, Stärke Wissen.
Geleitet wird das Ganze von Ahmed Best, dem Darsteller/Sprecher des geschwätzigen entenschnabeligen Gungans Jar Jar Binks aus der zweiten „Star Wars“-Filmtrilogie (1999-2005). Sam Witwer, der den rotschwarzen Sithlord Darth Maul in den „Star Wars“-Animationsserien „The Clone Wars“ und „Rebels“ sprach“, steht in der Show für die Dunkle Seite der Macht. Zu sehen ist das Ganze nicht etwa bei Disney+, wo sonst alles aus dem „Star Wars“-Kosmos sein Zuhause hat, sondern – bis jetzt – bei Youtube.
Die 007-Realityshow und ein neuer Roman halten Bond im Gespräch
Bei Amazon wird die 007-Reality-Show laufen, weil der Konzern vor nicht allzu langer Zeit den Bondfilm-Stammsitz MGM (Metro Goldwyn Mayer) gekauft hat. Das ungewöhnliche Format ist eine probate Möglichkeit, den Geheimagenten, der seit kurzem nicht mehr im Dienst Ihrer sondern Seiner Majestät steht, im Gespräch zu halten.
Das erscheint geboten, wo doch im jüngsten Bond-Film „Keine Zeit zu sterben (2021) die Daniel-Craig-Inkarnation von 007 den Weg alles Irdischen ging und der nächste Bond-Darsteller und der nächste Bond-Film noch in einiger zeitlicher Ferne liegen dürften.
Ein weiterer Bond-im-Gespräch-Halter erscheint bereits am kommenden Dienstag, 2. Mai, in deutscher Sprache - der zum 007-Kanon zählende neue Roman „Double or Nothing“ der englischen Autorin Kim Sherwood, die ihr Buch auf der heute startenden Leipziger Buchmesse vorstellen wird. Zum ersten Mal hat eine Frau ein Buch über den Macho 007 geschrieben.
007-Fehlanzeige: Auch im Roman „Doppelt oder nichts“ fehlt der berühmte Doppelnull-Agent
Und wie in der anstehenden Reality-Show gibt es auch hier keinen Bond, an dem sich Bösewichte abarbeiten können. 007 kommt auf den 496 Seiten nur in Außenansichten, in Erinnerungen seiner Kolleginnen und Kollegen vor. Der Doppelnull-Meisteragent selbst ist in „Doppelt oder nichts“ seit 17 Monaten verschwunden. Agentin 003 und ihre männlichen Kollegen 004 und 009 suchen ihn rund um die Welt mit abnehmender Hoffnung, ihn noch lebend zu finden.
Es findet sich im Buch eine Schurkenorganisation, die auch im englischen Original unter dem deutschen Namen „Rattenfänger“ firmiert. Der Kampf um die Rettung des Planeten vor einem Killerklima steht im Mittelpunkt der Handlung. Der diesbezüglich engagierte, indes höchst zwielichtige Tech-Milliardär Bertram Paradise wäre im Falle einer Verfilmung eine prima Rolle für – Brian Cox.
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Denn einen bösartigen Medienimperator gab es schon in der Filmreihe: Jonathan Pryce, Serienfans bekannt als rigoroser Sektenführer „Hoher Spatz“ aus „Game of Thrones“, spielte ihn 1997 in „007 – Der Morgen stirbt nie“. Die Figur des durchgeknallten Elliot Carver beruhte, so heißt es, auf dem Eigentümer von Fox News und der Times: Rupert Murdoch. Der war im Übrigen auch Vorbild für Cox‘ Logan Roy.